Kapitel 9

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Das Mädchen geht in ein Zimmer. Ich folge ihr leise.

Sie öffnet den Schrank und holt etwas heraus. Es sind Männerklamotten.

"Hier... die haben... einmal.... William gehört...", sagt es unter Tränen.

Ich nehme dankend die Klamotten an.

"Wie ist dein Name?", frage ich sie, wärend ich mich umziehe.

"Elizabeth.", antwortet sie.

Sie nickt mir zu. "Was wirst du jetzt tun?"

Ich zucke mit den Schultern. Ich bin mir unsicher ob ich ihr von meinem Plan erzählen soll.
Also sage ich ihr nur soviel:"Ich weiß es noch nicht. Was wirst du tun?"

"Ich werde höchstwarscheinlich einen Mann heiraten. Mein Vater will es so. Obwohl... was soll ich denn bloß ohne William machen?!", fragte sie verzweifelt.

"Du hast ihn wirklich geliebt...", stelle ich fest und blicke ihr tief in die Augen.

Sie nickt und schluchzt erneut.
"Ja...", sagt sie nur, bevor ein weiterer Schwall Tränen ihr Gesicht hinunterlaufen.

"Wenn dein Vater die Leichen entdeckt, erzähl ihm bitte nichts von mir. Ich möchte in keine Schwierigkeiten kommen."

Sie wischt sich mit dem Handrücken über ihre Wange.
Dann nickt sie.

"Ich werde meinem Vater nichts von dir erzählen."

"Ich danke dir, Elizabeth. Für alles."

Ich gehe auf sie zu und umarme sie.
Sie erwiedert die Umarmung.

Dann löse ich mich von ihr und sage:"Geh weg von hier. Es wird nicht besser werden."

Elizabeth schaut mich kurz an. Dann
sagt sie:"Ich werde hier bleiben. Ich kann meinen Vater nicht verlassen."

"Das ist deine Entscheidung. Ich wünsche dir viel Glück für die Zukunft."

Sie nickt dankbar. Ich gehe aus dem Zimmer heraus und gehe die Treppen hinunter. Unten liegen immernoch die Leichen von William, Alfred und dessen Freund.

Ich gehe auf William zu. Er liegt auf dem Rücken und hat die Augen weit aufgerissen. Ich knie mich hinunter und schließe sanft ihm die Augen.

Es tut mir leid, William. Ich liebe dich, Bruder. Ich hoffe das weißt du. Versprich mir eins, ja? Richte Vater da oben einen Gruß aus!

Ich nehme meinen Dolch und gehe aus dem Hof hinaus. Ich schleiche mich in einen Stall und lasse mich auf dem trockenen Stroh nieder. Der Bauer würde es nicht merken, er ist alt und blind.

Das Stroh ist warm und kitzelt mich an meinen Füßen. Nachdem ich mich ein wenig ausgeruht habe, stehe ich auf und nehme einen Eimer voller Wasser.

Ich schaue in das Wasser. Dort sehe ich ein kraftloses, weinerlich wirkenes Mädchen mit leerem Blick und großen Augenringen vom vielen Weinen. Ich schüttle den Kopf und reiße mich von dem Anblick los.

Was ich vorhab, lässt mich zusammenzucken. Doch ich kann nicht anders! Gerade nachdem Alfred William umgebracht hat, will ich nur noch eins: weg von hier! Aber dafür muss ich mein Aussehen ein wenig verändern. Und Jack wird mir wenn auch unfreiwillig eine große Hilfe sein...

Ich setze mich auf den Boden und beginne, meine roten langen Haare abzuschneiden!

Meine Tränen tropfen in den Eimer voller Wasser. Ich mag meine Haare, alle sagen, ich habe sie von Vater. Doch ein Mädchen an Bord eines Handelsschiffes?! Undenkbar! Also muss ich mich schweren Herzens von meinen Haaren trennen, damit ich wenigstens aussehe wie ein Junge.

Als ich fertig bin, schaue ich abermals in das Wasser. Dort sehe ich ein völlig veränderter Mensch! Ich sehe nicht mehr aus wie Elsa, das Adelsmädchen.

Zufrieden nicke ich und kicke die Haarreste in das Stroh, damit niemand etwas merkt.

Ab morgen wird ein neues Leben für mich beginnen!

Mein Herz raßt, wenn ich daran denke. Ich lehne mich zurück auf das Stroh und schließe die Augen. Binnen weniger Minuten bin ich eingeschlafen...

Die PiratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt