Kapitel 22

1K 64 1
                                    

Tränen schießen mir in die Augen. Ich kämpfe dagegen an, nicht zu weinen. Sei stark Elsa!, flüstere ich in mich hinein. Unauffälling wische ich mir über die Augen und drehe mich langsam um. Ja, jetzt sehe ich sie vor mir: die Augen meines Vaters! Sie sind es.

Doch als ich ihn direkt ansehe, übermannen mich meine Gefühle und ich fange bitterlich an zu weinen. Er steht langsam auf und kommt auf mich zu.
Erst zögert er, dann umarmt er mich. Doch dies hat die Folge, dass ich noch mehr weine. "PAPA!", schluchze ich hinein.

DIESE EINE UMARMUNG! Diese eine Umarmung habe ich mir mein ganzes Leben lang gewünscht! Noch einmal meinen Vater zu umarmen.

Ich erwiedere die Umarmung und schluchze laut los. Er drückt mich an seine Brust und streicht mir über das Haar. So wie einst früher...

"Sssch. Ist ja gut. Ist okay.", sagt er.

Als ich mich nach etlichen Minuten einigermaßen beruhigt habe, lässt er mich los. Doch ich will ihn nicht loslassen! Nie wieder!

"Elsa.", sagt er und lacht kurz.
Für einen Moment bin ich wieder das kleine unschuldige Mädchen, dass zu ihm hochschaut. Ich bemerke es und lasse ihn los.

Doch mit all der Freude kommen auch die Erlebnisse hoch... plötzlich steigt die Wut in mir hoch. Wut über Verrat und Enttäuschung. 

"Wo warst du?", bringe ich hervor.

Mein Vater blickt mich an. Er sieht die Wut in meinen Augen.

"Nach dem Schiffbruch klammerte ich mich an einem Holzbrett fest und strandete auf dieser Insel. Ich habe etliche Male versucht, von dieser verdammten Insel runterzukommen. Doch die See ist wild. Sie trifft ihre eigene Entscheidung,  wer geht und wer nicht. Auch hat mir Mutter Natur oft einen Strich durch die Rechnung gemacht."

"Mein ganzes Leben lang warst du tot!", schreie ich nun fast heraus. Mein Zorn und die Wut sind fast verschwunden. Was bleibt ist die Enttäuschung.

"Ich weiß, Elsa. Und es tut mir leid!", sagt er leise und nickt mit dem Kopf.

Schon wieder kommen meine Emotionen über mich. Doch dieses mal habe ich sie einigermaßen im Griff.

"Elsa. Geh schlafen. Es war heute ein anstrengender Tag für dich. Geh schlafen.", sagt er sanft.

Ich nicke nur müde. Ich lasse mich ins Bett fallen und bin sofort eingeschlafen.

Am nächsten Morgen bin ich die Letzte, die aufsteht. Schlaftrunken wanke ich zu den anderen. Sie sind alle bestens gelaunt.
Ich setze mich neben Will.

"Na, gut geschlafen?"

Ich nicke leicht. "Und du?"

"Bestens. Hab geschlafen wie ein Baby.", grinst er.

"Wo ist... der Mann?", frage ich unauffällig.

"Er sagte, er geht Frühstück besorgen. Wir sollen hier bleiben- zu gefährlich da draußen."
Ich nicke.

Nachdem mein totgeglaubter Vater mit 10 komischen Vögeln zurückkam, saßen wir alle satt und zufrieden in der Höhle.

"Ich muss etwas schauen. Ich werde heute Abend erst zurück kommen. Ihr bleibt hier!", sagt er streng.

Alle nicken brav. Doch schon am Nachmittag ist mir sterbenslangweilig. Als niemand hinguckt, schlüpfe ich durch den Eingang der Höhle und gehe nach draußen. Da die Höhle fast direkt am Strand liegt, laufe ich am Wasser entlang. Das Wasser ist glasklar und türkis-blau.
Ich gehe weiter zu den Felsen. Dabei achte ich darauf, dass ich die Höhle gut im Blick habe. Ich setze mich an den weißen Strand. Ich bin so in Gedanken versunken, dass ich nicht merke, dass jemand hinter mir ist. Dieser legt mir plötzlich eine Hand auf die Schulter. Erschrocken wirbel ich herum.
Doch es ist nur Will.

"Will! Was machst du hier?!", frage ich entsetzt.

"Naja. Mir war langweilig und dann hab ich dich gesehen, wie du rausgegangen bist.", sagt er mit seinem süffigen Lächeln.

"Du bist mir gefolgt?", frage ich verwirrt.

"Überrascht?", zwinkert er mir zu.

Ich schüttle den Kopf. Was meint er mit dieser Anspielung?

"Das Wasser ist so schön hier. Das ist wie ein kleines Paradies. Es ist ruhig, es gibt keine Kanonenschüsse, keinen Krieg, keine Armut."

Was er sagt, lässt mich nachdenken. Er hat Recht. Ein kleines Paradies....

Der nächste Teil kommt bald, versprochen! :)

Die PiratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt