Die Piraten

Kapitel 24

Ich wanke nach hinter, doch jemand fängt mich auf. Es ist Will.
Will sieht abwechselnd mich und Jack an. Dann nimmt er ein Messer und schneidet Jack die Fesseln durch.

Jack setzt sich hustend auf. Er hat eine Binde über die Augen und reißt sie sich mit beiden Händen runter.

"Was wollt ihr?", schreit er. Er hat uns anscheinend noch nicht wahrgenommen.

"WER SEID IHR?!"

"Pssst!", zischt Will neben mir.

Jetzt dreht sich Jack um und nimmt uns endlich wahr. Er starrt mich ungläubig an.

Seine grünen Augen durchbohren mich fast. Ich bekomme Angst.

Dann sagt er leise:"Bist dus wirklich?"

Ich nicke und falle in seine Arme. Ich lasse meinen Gefühlen freien lauf.

"Elsa...", flüstert er ungläubig.

"Ja... Ich bin es wirklich.", flüstere ich mit brüchiger Stimme zurück.

Als wir uns beide etwas beruhigt haben, lässt er ich los.

"Was... Wie...?", stottere ich.

Ich bekomme einen Kloß im Hals.

"Das Gleiche könnt ich dich fragen!", sagt er lachend.

"Ich dachte du bist tot!", sage ich.

"Nein. Naja, sagen wir fast. Ich hab mit einem dieser Piraten gekämpft. Solche krüppeligen Menschen! Ich habe den Kampf gewonnen, dann hab ich mich auf die Suche nach dir gemacht. Doch du warst nicht mehr da. Einer hat dann ein Feuer gelegt und alles ist abgebrannt. Ich bin über Bord gesprungen und hab mich an einem Holzstück festgehalten. Irgendwann wurde ich hier angespült. Und nun liege ich hier, gefesselt und geknebelt auf einem kalten Höhlenboden!", erzählt er mit einem spitzbübischen Grinsen.

Ich will gerade anfangen zu erzählen, da unterbricht mich Will und sagt:"Ich will euch ja ungern unterbrechen, aber wir sollten hier weg. Sie könnten jederzeit zurückkommen."

Und da hören wir schon Stimmen und Gelächter. Sie sind schon ganz nah.
Wir schauen uns panisch um. Jack zerrt Will und mich in eine dunkle Niesche der Höhle und deutet uns an, still zu sein. Da kommen auch schon der Käpt'n und der rothaarige Mann hinein. Sie entdecken Jacks durchgeschnittenen Fesseln.

"Verdammt!", schreit der Käpt'n. "Ich sagte doch, sie sollten ihn bewachen!!!" Vor lauter Wut läuft er rot an wie eine Tomate. Er läuf auf und ab. Dabei kommt er uns gefährlich nahe.

"Schick ein Suchtrupp los!!!", schreit Morris der Käpt'n herum.

Doch der unbekannte Mann starrt seelenruhig in die Ferne.

"BEN! SCHICK EIN SUCHTRUPP LOS!!!", befiehlt Morris fast schon.

Doch Ben macht keine Anstalten sich auch nur zu bewegen.

"Ist nicht nötig, Morris. Ich weiß, dass sie hier irgentwo sind", sagt er ruhig.

Mir rutscht das Herz in die Hose.
Doch Jack legt den Finger auf die Lippen.

"Spielen wir jetzt Verstecken?", lacht Ben böse.

Wir rühren uns nicht.

"Kommt raus, Kinder! Ich will spielen. Ich liebe Spielchen.", singt er fast mit einer unglaublich eiskalten Stimme.

Ich sehe Jack entgeistert an. Doch dieser zuckt nicht einmal mit der Wimper.

Ben steht jetzt ganz nahe vor uns. Er lugt hinein. Es ist fast zu hören dass wir alle die Luft anhalten.

Der Mann dreht sich auf einmal wieder um. Wir wiegen uns schon in Sicherheit und atmen erleichtert aus. Doch in diesem Moment wirbelt Ben herum, packt Jack am Ärmel und zerrt ihn heraus.
Entsetzt springe ich hinterher.

"Da seid ihr ja!", triumphiert Ben.
Jack wehrt sich gegen den Griff von Ben, doch der gibt nur ein Pfeifen von sich.
Ich will Jack zu Hilfe eilen und renne auf Ben zu. Doch Morris hält bedrohlich eine Pistole in meine Richtung. Er schüttelt langsam den Kopf.

"Was wollt ihr?", fragt Will plötzlich.

Ich zucke zusammen, denn ich habe ihn vollkommen vergessen.

"Hm, heute ist unser Glückstag, Morris, nicht? Wir haben nicht nur eine Hälfte, sondern gleich beide Hälften. Das wird ein Spaß. Dem Meister wird es gefallen.", sagt Ben und zerrt Jack mit sich aus der Höhle.

Morris deutet mir an, ihnen zu folgen. Will läuft hinter mir her.

Wir gehen wieder zum Berggipfel. Während wir laufen, schießen mir unzählige Gedanken durch meinen Kopf. Was ist mit Vater? Was ist mit den anderen Jungen?

Als wir oben ankommen, erwartet uns jemand an der Steintafel. Er hat ein weißes Gewand an und sieht gepflegt aus. Doch es ist kein Fremder, der uns erwartet.

Es ist jemand, den ich nur allzugut kenne...