Kapitel 13 - Zaden

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Nervös verlagerte Zaden sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen, während er abermals zum Himmel aufblickte. Der Mond stand schon fast an seiner höchsten Stelle über ihnen.

Er ließ seinen Blick wieder über sein Umgebung gleiten und fuhr sich abwesend mit der einen Hand über den Arm. Die Nacht war sternenklar. Keine Wolken in Sicht. Lediglich der Mond und die endlos vielen Sterne spendeten seinen Augen Licht und erleuchteten die Nacht, während in Dunkelheit und Schatten getauchte Bäume am Rande der Lichtung gegen den Himmel ragten. Sie konnten nur wenige Meter hoch sein, wirkten bei Nacht aber viel großer und bedrohlicher als bei Tag, und umrandeten die Lichtung in einem fast zu perfekten Kreis, als dass die Lichtung in dieser Form und Größe so von der Natur geschaffen worden sein konnte.

Erneut ließ Zaden seinen Blick wieder zum Mond wandern. Nicht mehr lange, dann wäre es endlich so weit.

„Komm hier rüber, Bursche", wies Maewyn ihn an und deutete neben sich.

Sie stand in der Mitte der Lichtung vor einem steinernen Tisch und trug ein schneeweißes lockeres Gewand, das ihr bis zu dem Knöchel reichte. Es war formlos, hatte ausladente Ärmel und war lediglich an der Taille mit einem weinroten Band etwas körperbetonter. Dazu trug sie weder Schuhe noch Socken und war genau wie er selbst barfuß.

Zaden folgte ihrer Anweisung und stellte sich neben sie. Das kühle Gras kitzelte ihn an den Fußsohlen und die schneeweiße Hose, die er trug, baumelte bei jedem Schritt um seine Beine. Sie war genauso locker und formlos wie Maewyns Gewand und wurde lediglich durch einen weinroten Gürtel in Platz gehalten. Ein Oberteil trug er nicht.

Zaden ließ seinen Blick über den Steintisch hinter Maewyn gleiten, auf dem eine weiße Blumenkette, eine Holzschüssel mit Wasser und ein Lappen lagen, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Mond und die Bäume, die sie umrundeten richtete.

Der Wald und die Nacht waren erstaunlich ruhig. Nur gelegentlich hörte man einen Ausruf von einem Nachtvogel oder ein Rascheln in der Ferne. Es war, als würde alles und jeder um sie herum in Anspannung die Luft anhalten.

Ein Windhauch fuhr über die Lichtung, raschelte in den Bäumen rundherum und sorgte dafür, dass sich Zadens Haare auf den Armen aufstellten. Gleichzeitig trieb er ihm aber auch einen nur allzu bekannten Geruch in die Nase.

Lycaon.

Zaden stellte sich aufrechter hin und suchte die Ausläufer des Waldes ab, bis er sie entdeckte. Lycaon trug die gleiche Kleindung wie er selbst. Schneeweiße, lockere Hose, die von einem weinroten Gürtel in Platz gehalten wurde, und kein Oberteil. Er hatte sich bei Ronan untergehackt, der fast die gleiche Kleidung wie Lycaon und er trug, nur mit dem Unterschied, dass er neben der Hose und dem Gürtel noch ein lockeres, ebenso schneeweißes Hemd anhatte.

Ronan führte seinen Gefährten zum Rand der Lichtung, wo sie stoppten und ihre Schuhe auszogen, bevor sie auf Maewyn und ihn zuhielten. Zaden konnte unterdessen seine Augen nicht von seinem wunderbaren Gefährten nehmen. Er hatte ihn den ganzen Tag nicht geschehen, wie das Ritual es wollte, trotzdem hatten sich seine Gedanken nicht einen Moment um etwas anderes gedreht als um ihn. Um Lycaon und wann er ihn endlich wiedersehen könnte – um genau diesen Moment.

Lycaon setzte vorsichtig einen Fuß vor den andern und als er näherkam, konnte Zaden sehen, wie Lycaons nichts sehenden Blick rastlos über die Lichtung glitt. Das goldblonde und seit kurzem auch kurze Haar wirkte im Mondlicht dunkler als sonst und war ihm aus der Stirn gekämmt.

Zaden wollte ihn berühren, ihm mit den Fingern über die sanfte Haut fahren, doch noch durfte er es nicht. Stattdessen hauchte er eine „Hey" als Lycaon vor ihm zum Stehen kam, verstummte unter Maewyns mahnendem Blick aber gleich wieder. Das erleichterte Funkeln in Lycaons Augen war es aber allemal wert gewesen.

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