Kapitel 17 - Lycaon

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Lycaon drehte sich im Bett um und gähnte. Vogelgezwitscher drang durch ein offenes Fenster in den Raum und er konnte die Morgensonne auf seiner Haut spüren. Gleichzeitig mit dem Vogelgezwitscher und der Sonne, drang aber auch kalte Luft in den Raum und er zog die Decke enger um sich.

„Morgen, Zaden", murmelte er in sein Kissen, doch bekam keine Antwort. Er tastete das Bett nach der schlafenden Figur seines Gefährten ab, doch fand nur gähnende Leere. „Zaden?", fragte er erneut und setzte sich auf, als er wieder keine Antwort erhielt.

Einen Augenblick debattierte er mit sich selbst darüber, ob er sich auf die Suche nach seinem Gefährten machen sollte oder nicht. Zaden würde immerhin bestimmt jede Sekunde zurückkommen. Er wusste, dass Lycaon sich in ihrem Haus noch nicht auskannte und würden ihn dem zufolge auch nicht allzu lange alleine lassen. Trotzdem schlug Lycaon die Decke zurück und die Füße über die Bettkante. Die kalten Holzdielen ließen ihn kurzzeitig zurückzucken, bevor er die Zähne zusammenbiss und sich selbst dafür verfluchte, dass er noch nicht wusste, wo er in diesem Haus Socken finden konnte.

Mit ausgestreckten Armen stand er auf und trat vorsichtig ein paar Schritte nach vorne. Seine Hände fanden eine Wand und er trat noch einen Schritt auf sie zu. Erste Hürde geschafft, dachte er sich. Jetzt musste er nur noch die Tür finden. Nur in welche Richtung war die jetzt noch mal?

Vorsichtig tastete er sich an der Wand entlang und stieß sich mehrmals die Zehen, bevor er endlich die Tür fand. Zumindest musste es schon einmal nicht darum fürchten eine Treppe hoch- oder runterzufallen, hatte das Haus doch glücklicherweise nur eine Etage. Jedenfalls hatte Zaden bisher keinen zweiten Stock erwähnt.

Lycaon schüttelte den Kopf und konzentrierte sich wieder auf seine eigentliche Aufgabe: seinen Gefährten zu finden, ohne dessen Hilfe wohlgemerkt. Sie waren jetzt schon seit fast einer Woche hier, da sollte er doch langsam mal in der Lage sein, sich alleine in seinem eigenen Zuhause zurecht zu finden.

Er folgte dem Lauf der Wand und fand sich bald in einem Raum wieder, den er für ihr Wohnzimmer hielt. Hier war Zaden schon mal nicht. Er drehte sich um und horchte.

Das Klirren von Geschirr und ein leises Fluchen drangen an seine Ohren und ließ Lycaon darauf schließen, dass sich sein flüchtiger Gefährte in der Küche befand. Nur wo war die?

Er wechselte vorsichtig die Wandseite und folgte dem Verlauf des Flures in die andere Richtung. Mit jedem Schritt, den er tat, wurden die Geräusche lauter und mit jedem Schritt war er sich sicherer, dass er auch dem richtigen Weg war. Er ließ zu, dass seine Schritte sicherer wurden und seine Hand nur noch als grobe Wegweisung über die Wand glitt, während sich das Gefühl einer Errungenschaft in ihm ausbreitete.

Er würde Zaden allein finden. Er konnte sich alleine zurechtfinden. Er war nicht vollkommen auf Hilfe ange-

Ein erschrockener Laut kam ihm über die Lippen, als er mit dem Fuß an etwas hängen blieb und nach vorne stolperte. Lycaon versuchte wild mit den Händen rudernd irgendwo halt zu finden, doch seine Finger fanden lediglich ein Stück Stoff, das unter seinem Gewicht nachgab.

Mit einem lauten Rumpeln ging er zu Boden und riss die mutmaßliche Gardine plus Gardinenstange mit sich. Sie landete auf ihm, während er noch versuchte, seinen Sturz mit seinen Händen aufzufangen, was aber nur damit endete, dass er schmerzhaft mit ihnen übers Holz schrammte.

„Verflucht!", stieß er aus und biss die Zähne zusammen, als ein stechender Schmerz von seinen Händen ausgehend durch seinen Körper schoss.

„Lycaon!", erklang die besorgte Stimme seines Gefährten und Lycaon hörte ein Rumpeln.

„Hier", erwiderte er schlicht und stieß die Gardinenstange von sich runter, um sich aufzusetzen. Zaden kam innerhalb einer Sekunde schlitternd neben ihm zum Stehe und half ihm.

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