Kapitel 18 - Lycaon

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Lycaon stützte sich auf Rye ab und versuchte die vielen Menschen um sich herum zu ignorieren, während er ihr hinterher humpelte. Fremde Menschen stießen gegen ihn, doch es interessierte ihn nicht. Sein Fuß schmerzte, er war hundemüde und das Einzige, was er heute noch wollte, war sich in Zadens Arme zu kuscheln und keinen Schritt mehr zu tun.

Rye führte sie zum wiederholten Male durch eine Tür, doch Lycaon hielt es nicht für notwendig, den Kopf zu heben, bis er die besorgte Stimme seines Gefährten hörte.

„Lycaon!" Ein Stuhl schabte über den Holzboden und keine fünf Sekunden später war Zaden an seiner Seite. Ryes Arm verschwand und wurde von Zadens sowie leichten Seelenfunken ersetze, die kaum merkbar über seine Haut stoben. „Was ist passiert?"

Lycaon schwieg und überließ Rye das Reden, während er sich von Zaden durch den ihm unbekannten Raum führen ließ. Er wusste, dass es eins der vielen kleinen Arbeitszimmern war, die im Rudelhaus allen zur Verfügung standen, aber das war es dann auch schon.

Seine Knie fanden eine Kante und mit Zadens Hilfe ließ er sich auf die gepolsterte Fläche fallen. Er lehnte sich zurück und schloss die Augen, während Zaden seine Fuß vorsichtig hochlegte.

„Was ist passiert, Lycaon?"

Er grummelte und wank mit der Hand abwegig in die Richtung, in der er Rye vermutete. „Frag sie."

„Ähm." Zadens Finger, die gerade dabei waren, sein Hosenbein hochzukrempeln, erstarrten kurz in ihrer Bewegung. „Rye ist nicht mehr da, falls du sie meinst."

Er legte den Kopf stöhnend in den Nacken. „War ja klar, dass die sich aus dem Staub macht."

„Sie gibt sich zwar immer so aufgeschlossen und selbstsicher, aber wenn dann mal etwas geschieht, bei dem sie sich unwohl fühlt, siehst du nur noch ihre Staubwolke. Im Inneren hat doch jeder seine eigenen Schwächen." Seine Finger fuhren leicht über Lycaons Knöchel. „Sagst du mir jetzt, was passiert ist?"

„Ist das nicht offensichtlich."

„Ich würde trotzdem gerne Klarheit erlangen", beharrte Zaden und griff nach seiner Hand.

Er seufzte. „Ryes grandiose Idee, ich sollte es mit dem Jagen versuchen, war leider doch nicht so grandiose."

„Das habe ich mir schon gedacht. Mich interessiert eher, wie das hier entstanden ist", erwiderte er und tippte leicht gegen seinen Knöchel. Trotzdem entwich Lycaon ein schmerzhaftes Zischen und Zaden murmelte schnell eine Entschuldigung.

„Ich bin über eine Wurzel gestolpert und habe mir den Fuß umgeknickt." Er wischte Zadens Hände weg und stützte sich an dessen Schulter ab, während er aufstand. „Können wir nach Hause gehen?"

„Sollten sich nicht lieber mal ein Heiler deinen Fuß anschauen?", fragte Zaden, half ihm aber trotzdem dabei aufzustehen und seinen Fuß nicht zu belasten.

„Nicht nötig", erwiderte Lycaon und legte seinen Kopf auf der Schulter seines Gefährten ab. „Ich habe mir den Fuß nur umgeknickt, nicht gebrochen oder gestaucht. Ein bisschen Arnikasalbe oder -öl darauf und dank unserer tollen Heilkräfte bin ich in ein paar Tagen wieder so gut wie neu. Was ich jetzt aber dringend brauche ist was zu Essen und ein Bett."

„Wenn du meinst", sagte Zaden. „Lass mich nur noch jemandem Bescheid sagen, dass hier noch Sachen rumliegen. Dann können wir gehen."

*****

Lycaon krallte sich immer mehr an dem Baumstamm unter ihm und versuchte dem zu zuhören, was Rye sagte. Sie saß zu seiner Linken, während Xanthar zu seiner Rechten saß. Doch weder das Wissen noch das Wissen, dass Zadens Eltern genau hinter ihm saßen, konnte ihn beruhigen. Da waren einfach so viele Menschen um ihn herum. So viele. Alle dicht an dicht.

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