Der nächste Schlag

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Die Tage vergingen ohne neue allzu große Geschehnisse. Das Trio arbeitete an einem Fall nach dem Anderen. Mal leichtere, Mal welche an denen sie Tagelang zu knabbern hatten. Dabei schaffte es Catelin ziemlich gut Gavin aus dem Weg zu gehen. Seit ihrem gemeinsamen Abendessen hatten sie nicht ein Wort gewechselt. Sie war es einfach leid ihm hinter her zu rennen.
An diesem warmen Mai Abend saß Catelin noch spät an ihrem Schreibtisch. An dem jetzigen Fall stimmte etwas ganz und gar nicht. Das Klingeln ihres Handys unterbrach ihre Grübelei. "Guten Abend Großvater." Da Catelin mit ihrem Großvater hauptsächlich Deutsch Sprach und ihre zwei Androiden Kollegen jedes Wort verstehen konnten wechselte sie lieber den Ort. Sie mochte das Gefühl nicht belauscht zu werden. Diese Gelegenheit nutzte die Polizistin gleich um draußen eine zu rauchen. Zurück an ihrem Schreibtisch wartete eine frische Tasse Tee auf sie. "Miss Martens, machen sie langsam schluss für heute." "Willst du damit sagen das ich zu nichts mehr zu gebrauchen bin Nines?" Eine Sache die Catelin an Nines mochte war das er gnadenlos ehrlich war. Natürlich führte das hin und wieder zu Streit aber meistens war es ganz hilfreich. "Ja das will ich damit sagen. Schlafen sie. Sie müssen ihrem Gehirn genügend Ruhe gönnen." "Sag das Mal lieber dem da." Mit dem Kopf deutete die Polizistin auf Gavin der auf seinem Stuhl eingeschlafen war. Kein seltener und vor allem unschöner Anblick. Bei der Haltung macht er sich in wenigen Jahren den Rücken kaputt. Halbwegs entspannt räumte sie ihren Schreibtisch auf, trank den Tee und fuhr dann auf ihrer geliebten Maschine nach Hause. Die letzten Wochen hatten sie zusehends geschlaucht. Den Heimatbesuch zu Ostern hatte sie aufgrund der vielen Arbeit ausfallen lassen. Fowler meckerte schon das sie bisher noch keinen Urlaub hatte. Völlig platt fiel sie direkt in ihr Bett und schlief.

Frisch und gut erholt stand Catelin am nächsten Morgen wieder an ihrem Schreibtisch. Sogar gute Laune hatte die junge Frau an diesem Morgen. Vor Beginn ihrer Arbeit wollte sie sich als erstes einen Kaffee machen. Dumm nur das sie nicht darauf geachtet hat wo Gavin ist. Geradewegs rannten beide ineinander. Er sah ziemlich müde aus und trug auch noch die selben Klamotten wie gestern. Für eine Sekunde wirkte es so als wolle er ihr etwas sagen, entschied sich dann doch dagegen. Ohne einen Ton drängelte der Polizist sich an ihr vorbei. Sein ganzes Verhalten irritierte Catelin. Dieses ständige hin und her zwischen Nähe und Ablehnung machte sie wahnsinnig. Das Spielchen wiederholte sich die ganze restliche Woche über. Mal rannte er offensichtlich vor Catelin weg und andere Male konnte Gavin ihr nicht nah genug sein. Irgendwann ist aber jeder Geduldsfaden am Ende. "Was ist dein scheiß Problem?!" Schäumend vor Wut packte die Kleinere Polizistin ihren Kollegen am Kragen. Für sie stand fest das sie endlich eine Antwort haben wollte auch wenn sie diese aus ihm heraus prügeln musste. Mit Leichtigkeit löste Gavin ihre Hände von sich. Wer genau hinsah konnte sehen das er stark mit sich haderte. Im nächsten Moment schon warf er alle Bedenken über Bord. Etwas grob zog er Catelin an sich um ihr einen festen Kuss zu geben. Von den Kollegen drum herum war plötzlich kein Ton mehr zu hören. Die wunderbare Stille zwischen den beiden wurde doch glatt durch das vibrieren eines Handys unterbrochen. Nur widerwillig löste sich Gavin von der Frau in seinen Armen. "Ehm..." Hochrot vor Scham fischte Catelin ihr Handy aus ihrer Jackentasche. "M-meine Mum.." Mit eiligen Schritten brauste die junge Frau davon. Schon jetzt bereute Gavin was er da angestellt hatte, auch wenn viele der anwesenden Kollegen begeistert zu sein schienen. "Schau nicht so. Das hast du gut gemacht." Tina war die einzige die sofort hinter der Sache stand. Statt sich zu freuen versteckte Gavin frustriert sein Gesicht hinter seinen Händen.

Innerhalb weniger Minuten kehrte die Geflohene zurück. Fast schon Rennend durchquerte sie das Department. Ohne an die Tür zu klopfen stürmte sie in Fowlers Büro. Dieser begann von der ersten Sekunde an zu Meckern beruhigte sich jedoch schlagartig wieder. Es folgte ein kurzer Wortwechsel den alle Anwesenden besorgt beobachteten. Zum Schluss Nickte Catelin und verließ umso ruhiger das Büro wieder. Die einzigen die jetzt schon wussten das vorgefallen war waren die Androiden. Connor passte die Frau an ihrem Schreibtisch ab um sie wortlos in die Arme zu nehmen, zeitgleich packte Nines ihre Tasche. Bevor sie das Department verließ drückte Catelin Connor noch einen Schlüssel in die Hand. "Fahr vorsichtig." Erst als Connor sicher war das sie das Gebäude verlassen hat klärte er seine Kollegen auf. "Ihr Großvater ist vor fast einer Woche gestorben und sie ist die letzte die es erfahren hat. Die Beerdigung ist übermorgen." Besonders Gavin wusste wie wichtig dieser Mensch für Catelin war. Sie hatte jeden Tag mit ihm telefoniert.

So vergingen 6 Tage ohne das jemand auf der Polizeistation etwas von ihr gehört hatte. Weder Hank noch Gavin oder die beiden Androiden erfuhren etwas. Auf Nachrichten reagierte sie nicht und Anrufe ignorierte sie komplett. Nach 3 Tagen hatte Catelin sogar ihr Handy ausgeschalten. Während eines Mittagessen trudelte bei Gavin eine Nachricht auf dem Handy ein. Die Fremde Nummer stellte sich als Catelins Bruder raus. Der Arzt beschrieb kurz und knapp wie der Zustand seiner Schwester war und das er glaubt, dass nur Gavin ihr jetzt helfen kann. Das war alles schön und gut aber der Polizist glaubte nicht das sie ihn sehen wollte. "Fahr zu ihr." Gnadenlos ehrlich eben gab Nines mit dieser Aussage zu das der Android sich in Gavins Handy gehackt hat um die Nachrichten mit zu lesen. "Euer Verhalten lässt wirklich zu wünschen übrig. Rück ihr den Kopf zurecht und bring sie wieder zurück." Dem konnte Tina nur zu stimmen. Die ganze Situation bereitete Gavin Kopfschmerzen. "Worauf wartest du? Mach das du weg kommst." Jetzt wurde er tatsächlich schon von seinen Kollegen raus geworfen. Nines hatte ihm bereits die Adresse in sein Handy Navi eingespeist. Selbst ohne Pausen würde er fast 10 Stunden fahren. Jetzt war es knapp 14 Uhr, bis er gepackt hat und mit genügend Pausen sollte er gegen 8 Uhr morgens an Catelins Elternhaus ankommen. Eine Mütze Schlaf war nach der Tortur auf jeden Fall fällig.

Das Haus glich einem halben Anwesen. Bevor er ausstieg schrieb er extra Richard das er endlich da war. Vor dem Haus blühte eine Anzahl Blumen die so in Detroit nur selten zu finden war. Die Backsteinfassade des Hauses sah aus als wäre sie erst vor kurzem geputzt wurden, auch die Einahrt hatte eine Behandlung hinter sich. Von da aus wo Gavin geparkt hat konnte er gut einen Blick in den riesigen Garten werfen. Das ihre Familie reich war hatte sie nie verschwiegen, damit geprahlt aber auch nicht. Erst jetzt wurde dem Detektiv deren Ausmaße bewusst. "Du kommst gerade richtig zum Frühstück." "Ich hab unterwegs gegessen. Wo ist sie?" Richard schien sich wirklich zu freuen das er da war. Durch ein kurzes Handzeichen deutete der Arzt das ihm gefolgt werden soll. Durch den Eingangsbereich ging es schnurstracks ins Esszimmer. Dort saß eine ganze Horde an dem großen Esstisch. "Ist Lacie noch in der Küche?" Wie es sich gehörte begrüßte Gavin kurz die große Familie. Anscheinend wussten alle das er kommen würde. Die Frau am Ende des Tisches nickte Richard zu. Eine Bildhübsche Rothaarige wie Gavin fest stellen musste. Der ältere Bruder setzte sich wieder in Bewegung. An einem kleineren Esstisch auf einer Eckbank aus hellem Holz saß das kleine Häufchen Elend und strickte. Gavin war sich sicher diesen Anblick niemals wieder zu vergessen. Auch wenn es nur eine Woche war hatte sie deutlich abgenommen, ihre Haut wirkte grau, die Haare stumpf und ihre Augen kalt und müde. "Lacie, Besuch für dich." Interessiert blickte das Mädchen von ihrem Werk auf. "Gavin.." Auf der Stelle versteckte sie ihr Gesicht mit ihren Händen bevor sie bitterlich anfing zu weinen. "Mir war nicht klar das es so schlimm ist." "So wäre jeder drauf wenn er eine Woche so gut wie nie schläft und kaum was zu sich nimmt. In den ersten Tagen hat sie sich mit Arbeit zu geschüttet. Seit gestern befindet sie sich in einer Art Delirium. Ihr Zimmer ist in der 2. Etage, den Gang entlang, letzte Tür." Mit diesen Worten verabschiedete sich Richard von den beiden. Ganz vorsichtig befreite der Detektiv seine Kollegin von der Wolle bevor er sie auf seine Arme nahm. Gavin hatte mit Gegenwehr gerechnet. Diese blieb jedoch aus. Der Körper auf seinen Armen zitterte ganz stark. Eine Mütze voll Schlaf wird hier schon einiges richten. "Ab ins Bett."

Only one Second - Detroit Become Human FfWo Geschichten leben. Entdecke jetzt