Kapitel 11 - Easier Than I Thought

2.1K 76 22
                                    

Kapitel 11 - Easier Than I Thought

-Niall-

Als ich bemerkte, dass Tränen ihre Wangen herunterliefen, fragte ich mich sofort, ob ich etwas falsch gemacht hatte. Vielleicht hatte ihr das Lied nicht gefallen, aber das wäre ja kein Grund gewesen, zu weinen. Eigentlich hätte ich ja das Gegenteil erwartet, nämlich dass sie sich zumindest ein bisschen freute – Truly, Madly, Deeply war ja ein tolles Lied und eigentlich ziemlich nah an ihrem Musikgeschmack, soweit ich wusste, aber vielleicht hatte meine absolut stümperhafte Textänderung das auch versaut.

Eigentlich hatte ich das Lied so lassen wollen, wie es war, aber während des Singens waren mir auf einmal andere Zeilen in den Text gekommen, die einfach so perfekt passten. Also hatte ich es anders gesungen und gehofft, dass sie den Wink verstand. Ich war noch lange nicht so weit, tatsächlich auszusprechen, was ich für sie empfand – allein beim Gedanken daran begannen meine Hände zu zittern – aber ich war mir, wie sonst nie, ziemlich sicher, was es war.

Beruhigend strich ich ihr über den Rücken und versuchte, die Tränen auf ihren Wangen zu trocknen, aber da kamen immer wieder neue. Hatte ich nicht vorhin noch gehofft, niemals vor Lucy heulen zu müssen? Ehrlich gesagt war ich jetzt auch kurz davor und sie heulen zu sehen war noch um einiges schlimmer, als es selbst zu tun.

„War es so schlimm?“, krächzte ich mit etwas feuchten Augen.

Mein Gesichtsausdruck wechselte von „verwirrt“ zu „noch viel verwirrter“, als ich bemerkte, dass sie lächelte. „Nein.“ Mit beiden Händen wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. „Es war toll. Mehr als toll. Wunderschön. Ich weiß nicht -“ Sie lachte leise und schüttelte den Kopf. „- ich weiß nicht, woher das gerade kam. Ich schätze, du hast da gerade eine kitschige Ader von mir ausgegraben.“

Erleichtert ließ ich die Luft, von der ich gar nicht bemerkt hatte dass ich die angehalten hatte, aus meinen Lungen entweichen. Bei ihren Worten war mir ein Stein vom Herzen gefallen. Also lag es doch nicht an mir. Sie mochte das Lied. Sehr sogar. Wow, dachte ich. Ich hatte es gerade geschafft, dass ein Mädchen wegen mir aus Rührung weint. Ein kleines bisschen stolz war ich ja schon, allerdings hoffte ich, dass sie es nicht bemerkte. Trotzdem war die Tatsache, dass es gerade Lucy war, ziemlich beeindruckend. Ich hielt sie nämlich nicht für den Typ Mädchen, der bei der kleinsten Gelegenheit sofort losheult, also musste ich schon nicht schlecht gewesen sein. Vielleicht war ich mein Geld ja doch wert.

-Lucy-

Ich sah genau, wie stolz er auf die Wirkung war, die der Song bei mir gehabt hatte. Es störte mich aber nicht. Er sah unglaublich niedlich aus, wie er seine Freude wie ein kleiner Junge zu verbergen versuchte und ich konnte es ihm auch nicht übel nehmen. Mich kriegte man nicht so leicht zum weinen – ehrlich gesagt hatte ich immer noch keine Ahnung, was da in mich gefahren war.

Ich hoffte nur, dass ich nicht zu einem dieser Kitsch-Monster mutierte, die bereits beim ersten Kuss begannen, ihre Hochzeit zu planen und, wenn sie Liebeskummer hatten, in Lichtgeschwindigkeit Pralinenschachteln leerten und ihre Rotzfahnen überall in der Wohnung herumliegen ließen. Aber wahrscheinlich würde ich das nicht. Niall und ich hatten uns schon weit öfter als einmal geküsst und ans Heiraten hatte ich dabei nie gedacht. Außerdem mochte ich keine Pralinen. Wenn Schokolade, dann White Crisp.

Und es war doch nur natürlich, mal das Bedürfnis nach Händchenhalten zu haben. Merkwürdig war eher, dass ich es vorher noch nie gehabt hatte.

Und weinen würde ich ab jetzt auch nicht mehr. Ich wusste ja jetzt, was für eine absolut unwiderstehliche Stimme er beim Singen hatte, also war ich sozusagen vorbereitet.

Allerdings hatte das Lied noch etwas Anderes bei mir ausgelöst, nämlich Vertrauen. Er hatte ausgesehen und geklungen, als würde er den Text ernst nehmen und obwohl ich wusste, dass das zu seinem Job gehörte, glaubte ich ihm. Ich wusste, dass er mich nicht einfach sitzen lassen würde, wenn er keine Lust mehr hatte. Ich wusste, dass er mich für das, was ich erlebt hatte, nicht bemitleiden oder verurteilen würde. Ich wusste, dass ich bereit war, es ihm zu erzählen, weil er es verstehen würde.

Wake You UpWo Geschichten leben. Entdecke jetzt