Kapitel 4 - Fangirls
Antonio rettete mich.
Ich hatte gerade Luft geholt, um Niall eine Geschichte von einer glücklichen und vollkommenen Familie erzählen, die jeden Sonntag zusammen Braten aß und bis in die Nacht quatschte, als Antonio mit einem Tablett, auf dem sich zwei Colagläser befanden, durch die Schwingtür gerauscht kam und lächelnd auf unseren Tisch zusteuerte. Das nannte man wohl Glück. Denn wenn ich eines noch weniger mochte als Geheimnisse, dann waren es Lügen.
"Eure Pizzen sind fertig in quindici Minuti", kündigte er an und stellte die Gläser auf unserem Tisch ab. Da ich in der Schule Latein gehabt hatte und Latein bekanntlich die Mutter des Italienischen war, meinte ich zu verstehen, dass die Pizzen in fünfzehn Minuten fertig sein würden. Ich war mir aber auch nicht ganz sicher. Ich hatte nie aufgepasst in Latein und das unliebsame Fach so schnell wie möglich abgewählt.
Als Antonio Anstalten machte, sich umzudrehen und wieder zurück zur Küche zu gehen, hätte ich beinahe laut "NEIN!" geschrien. Er konnte doch noch nicht gehen! Ich hatte doch noch gar keine Ahnung, was ich auf Nialls frage antworten sollte, ich brauchte mehr Zeit!
"Niall hat mir die Geschichte von deinem Restaurant erzählt.", meinte ich schnell. Der Satz hatte die erwünschte Wirkung. Antonio stoppte und sah mich strahlend an.
„Glaub aber nicht alles, Signore Niall übertreibt gern mal ein bisschen.“, meinte er zwinkernd, was ihn einen entrüsteten Blick von Niall kostete. „Überhaupt nicht!“, verteidigte er sich schmollend, wie ein kleines Kind. Dieser trotzige Blick sah bei ihm dermaßen niedlich aus, dass ich ihn am liebsten ganz fest geknuddelt hätte. Ich ließ es aber lieber bleiben und durchsuchte meinen Kopf fieberhaft nach weiteren Gesprächsthemen.
Ich musste wohl etwas abwesend gewirkt haben, denn schon bald wedelte eine Hand vor meinem Gesicht herum. Ich erschrak leicht und blinzelte ein paar Mal. Verdammt, Antonio war weg! Einerseits freute ich mich über die Zeit die ich alleine mit Niall hatte (ich konnte es einfach nicht leugnen, der Junge war genau mein Typ), andererseits würde ich ihm jetzt auch seine Frage beantworten müssen, würde er sie noch einmal stellen. Ich betete, dass er es nicht tat.
„Du wolltest mit etwas über deine Familie erzählen.“ Und wie immer waren meine Gebete nicht erhört worden. Ich seufzte und sah nach oben, wo mir zwei erwartungsvolle, blaue Augen begegneten.
Sollte ich einfach die Wahrheit sagen? Aber wie klingt das denn bitte? Ich bin mit sechzehn von Zuhause ausgerissen, weil mein Stiefvater ein mieses Arschloch war und hab meine sogenannte Familie seitdem nicht mehr gesehen. Nein, das ging einfach nicht. Ich erzählte es so gut wie nie jemandem und ganz bestimmt keiner Person die ich erst seit ungefähr zwanzig Stunden kannte. Aber... er war nicht wie jede andere Person. Ich hatte das Gefühl, ihn schon ewig zu kennen und das passierte bei mir echt selten. Ein einfaches „darüber will ich nicht reden“ würde er nicht akzeptieren, so viel war klar. Also entschied ich mich für die halbe Wahrheit.
„Ich habe nicht mehr besonders viel Kontakt mit ihnen, seit ich nach London gezogen bin.“, sagte ich vorsichtig und zupfte dabei an einem losen Faden herum, der aus der Tischdecke hing. Er schien es mir abzukaufen. Allerdings gehörte er, wie sich herausstellte, zur gleichen Gruppe Menschen wie ich. Die, die immer nachbohren müssen. „Und wieso nicht?“, fragte er mit prüfendem Blick.
Es war so schwer, ihm nicht einfach die Wahrheit zu sagen. Die meisten Leute verstanden nicht, warum ich nicht darüber reden wollte und wenn ich ehrlich war tat ich es selbst manchmal nicht. Wahrscheinlich war es einfacher für mich, die Tatsachen zu ignorieren und zu vergessen, als mich mit ihnen auseinander zu setzen. Niall schien zu bemerken, dass sich in meinem Inneren gerade zwei Parteien stritten, also sagte er mir – sehr zu meiner Überraschung – dass ich noch nicht darüber reden müsse. Wahrscheinlich erinnerte er sich daran, dass ich vorhin auch nachgegeben hatte. Über alle Maßen dankbar sah ich ihn an.
Er lächelte. „Aber wirst du es mir irgendwann erzählen?“, fragte er mit bittendem Blick. Ich nickte und er ließ sich zufrieden gegen seine Stuhllehne sinken. Wir plauderten noch etwas über unwichtige Dinge, bis Antonio mit dem Essen kam, es abstellte und mit einem kurzen „ich will euch nicht stören“ wieder verschwand.
Niall hatte keinesfalls übertrieben, meine Pizza war ausgezeichnet. Dieses Mal war ich sogar gleichzeitig mit Niall fertig, aber das lag daran, dass ich kaum redete und er mir die ganze Zeit von seinen Freunden erzählte. Er hatte vier beste Freunde, Zayn, Louis, Liam und Harry. Die Namen kamen mir bekannt vor, aber wieder wusste ich nicht woher. Wahrscheinlich waren es einfach gängige Namen. „Irgendwann werd ich sie dir vorstellen.“, meinte Niall kauend. „Sie würden sich mögen.“ Ich lächelte. Dieser Satz hatte mein Herz schon ein bisschen zum flattern gebracht. Er wollte mich seinen Freunden vorstellen... „Das wär toll. Ich wette, ich werde sie auch mögen.“, erwiderte ich, etwas rot im Gesicht.
Als wir fertig waren, unterhielten wir uns noch eine Weile mit Antonio, der lachend abwinkte, als Niall ihm ein paar Geldscheine für das Essen reichte. „Das geht aufs Haus.“, meinte er zwinkernd.
Wir traten hinaus auf die ruhige Straße. Der Himmel war schon um einiges dunkler, als er vorhin gewesen war und eine kühle Brise fuhr mir durchs Haar. Als Niall bemerkte, dass ich fror, legte er seinen Arm um mich und zog mich näher zu sich. Sehr zu meiner Überraschung reagierte mein Körper darauf ungefähr so wie der einer Vierzehnjährigen. Mein Herz begann wie wild zu klopfen und ich spürte, wie literweise Blut in mein Gesicht schoss. Ich betete, dass Niall es nicht bemerkte. Aber um nichts in der Welt hätte ich mich jetzt von ihm entfernt.
Er war so gemütlich, als ob er genau für mich gemacht wäre! Sein Körper spendete genau die richtige Menge an Wärme und ich fühlte mich sicher und geborgen, ein Gefühl, das ich schon sehr lange nicht mehr gehabt hatte und von dem ich auch nie geglaubt hatte, es je wieder zu fühlen. Es schien einfach alles so richtig. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht in ihn verliebt war, aber er war einer der ersten Menschen, bei denen ich mich wirklich wohl fühlte. Und unattraktiv fand ich ihn definitiv nicht. Die Art, wie er immer wieder, aber nicht zu oft durch sein dichtes, blondes Haar fuhr und mich dabei anschaute. Normalerweise hasste ich es, wenn Jungs stänndig an ihren Haaren herumfummelten, aber bei ihm konnte ich nicht genug davon kriegen. Und seine Augen... Ich hatte noch nie so ein strahlendes Blau gesehen. Ich hätte ewig so weitermachen und unendlich viele Dinge, die ich an ihm mochte finden können, aber ein schriller, ziemlich begeisterter Schrei riss mich aus meinen Gedanken.
„Oh mein Gott!!! Bist du Niall Horan?!“ Vor uns stand ein rothaariges, etwa zwölfjähriges, zahnspangentragendes Mädchen in einem übergroßen Sweatshirt mit der Aufschrift „1D“. Sie schien kurz vor einer Panikattacke zu sein und ihre großen, braunen Augen glitzerten vor Tränen. „Bist du es wirklich?“, fragte sie, dieses Mal leiser. Niall nickte zögerlich und dem Mädchen entfuhr ein ungläubiger Quietscher.
„Darf ich ein Foto von dir machen?“, fragte sie zaghaft und wurde noch röter, wenn das überhaupt ging. „Natürlich. Wie heißt du?“, erkundigte sich Niall lächelnd. „Gabby.“, erwiderte sie, ziemlich nah daran, in Ohnmacht zu fallen. Niall hatte da ja ein echtes Fangirl! Gabby brauchte drei Anläufe, um ihre Kamera anzuschalten, so sehr zitterten ihre Hände. Als sie es schließlich geschafft und ein Foto gemacht hatte, fiel ihr Blick auf mich. Sie begutachtete mich von oben bis unten, bis sie mich schließlich in einem reichlich kühlen Ton nach meinem Namen fragte.
„Das ist Lucy.“, kam Niall mir mit einem Zwinkern in meine Richtung zuvor. Gabby wirbelte herum und strahlte ihn wortlos an. Die Hände in den Hosentaschen vergraben erwiderte er ihr Lächeln. „Hat mich wirklich gefreut, dich zu treffen, Gabby, aber wir müssen jetzt weiter...“ Er umarmte sie zum Abschied und wir setzten unseren Weg fort, eine absolut überwältigte Gabby zurücklassend, der mitlerweile vermutlich die Tränen übers Gesicht liefen.
„Also hast du doch ein paar Fans!“ meinte ich lachend und stupste Niall in die Seite.
Er prustete los. „Kann sein.“, meinte er glucksend. „Vielleicht war ich aber auch nicht ganz ehrlich zu dir...“
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Hey :)
Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat :( In den Ferien werde ich mehr Zeit zu schreiben haben und deshalb auch etwas schneller updaten!
Ich hoffe, das Kapiel gefällt euch, Kommentare und Votes sind immer gern gesehen :)
Hab euch lieb!
Lu xx
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Wake You Up
FanfictionWenn man nach einer durchfeierten Nacht neben einer wildfremden Person aufwacht und sich an absolut nichts erinnern kann, gibt es Lucy Grantham zufolge zwei Möglichkeiten: 1.) Man packt so schnell wie möglich seine Sachen zusammen und verschwindet l...