Kapitel 11 Unbeschwert

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Kapitel 11    Unbeschwert

Dan hält die Luft an bei dem Anblick von Lee.

Als wolle er den berauschenden Hormonen in seinem Körper den Sauerstoff abstellen.

'Beruhige dich. Beruhige dich', wiederholt er innerlich, während er in die halbgeöffneten Augen Lees schaut. Die Lachfalten an seinen Augen ziehen eine Grenze zu seinen lächelnden, roten Wangen.

Und Dan sieht zum ersten Mal die Schönheit eines anderen Menschen.

Er lässt sich von dieser Schönheit einfangen.

Die Schönheit eines anderen Mannes.

Sein Verstand kann es nicht wahrhaben.

„Ich danke dir, dass ich dich begleiten durfte. Und wenn du erlaubst, möchte ich dich bitten, mich nun zu begleiten. Für das Analysegespräch würde ich dich gerne zu meinem Park führen. Zum Plötzensee", unterbricht Lee Dans nach Fassung ringenden Verstand.

„Ich habe heute keine Sitzungen mehr", hört sich Dan sagen.

Lees Augen funkeln auf.

Sein Lächeln breitet sich.

Er sieht einen in Gedanken verlorenen Dan auf dem Sessel sitzen und beschließt, auf ihn zu warten. Dan seine Zeit zu lassen.

Lee zieht sich die Schuhe an, zieht die Jacke über, wickelt seinen dicken Schal um seinen Hals und greift schließlich nach dem Diktiergerät, das Dan zu Beginn der Sitzung angeschaltet und auf den Beistelltisch gelegt hatte.

Er beendet die Aufnahme und steckt das Gerät in die Tasche.

Dan beobachtet Lees Bewegungen, die sich vor ihm in langsamer Geschwindigkeit abspielen.

Er sieht sich nicht in der Lage, sich selbst zu bewegen.

Er sitzt mit verschränkten Beinen auf seinem Sessel und spürt noch immer seine harte Erregung zwischen seinen Beinen ihn um den Verstand bringen.

Er kann es nicht glauben, dass ihm das gerade passiert.

Lee dreht sich schließlich zu Dan um und erbringt die ersehnte Hoffnung:

„Dan, ich gehe schon mal raus. Nimm dir ruhig deine Zeit. Ich warte auf dich auf der Spree-Brücke. Das Wetter ist heute herrlich und der Ausblick von der Brücke hat mich heute schon einmal meine Auszeit genießen lassen. Komm einfach, wenn du dich bereit fühlst."

Und Lee geht aus der Tür und hinterlässt einen überfluteten Dan in seiner Praxis.

Dan verweilt weitere zehn Minuten still auf seinem Sessel.

Seine Stirn liegt in Runzeln, er kaut auf seiner Unterlippe.

Er öffnet seine verschränkten Beine und zupft mit den Händen seine Hose zurecht.

Während er sich seine Jacke holt, die Jalousien runterzieht, das Licht ausmacht, seine Praxis verlässt und abschließt, fühlt er nichts.

Er ist leer.

Sein Gehirn ist in einem meditativen Zustand.

Sein zentrales Nervensystem ist von der plötzlichen Überreizung und der anhaltenden physischen Reaktion überlastet und heruntergefahren.

Er läuft betäubt durch den Campus und erblickt wieder den in Schwarz Gekleideten, still Stehenden auf der Brücke aus der Ferne.

Der schwarze Ruhepool für seine flimmernde Seele.

Und er spürt eine steigende Freude in sich aufkommen, während er auf seinen Kameraden zuläuft.

Er regressiert bei dem immer näher kommenden Anblick von Lee.

Die Psychologie der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt