Kapitel 15 Entscheidung
Während Dan die Kameruner Straße Richtung U-Bahnhof Seestraße entlang läuft, bläst ihm der kalte Wind ins Gesicht.
Er genießt jeden kalten Windzug auf seiner glühenden Haut.
Er wünscht sich, auch sein Verstand würde sich abkühlen lassen.
Ein solcher Tag bedarf genauer Betrachtung.
Sonst würde sich Dan die Augenblicke, Unterhaltungen, Gesten, Metaphern detailliert durch den Kopf gehen lassen.
Sie analysieren. Schlussfolgerungen ziehen.
Er ließ sich heute auf zwei Reisen ein.
Die erste führte ihn in seine Kindheit. Wühlte aufgestaute Gefühle frei. Ließ ihn sich der Trauer hingeben. Sie fühlen und frei lassen.
Die zweite führte ihn in die Heimat. In die vergangenen Prägungen und Einschläge. Und sie nahm sie mit in die Gegenwart und zeigte ihm die Zukunft.
Und beide Reisen trat er nicht alleine an.
Lee.
Lee begleitete ihn.
Lee.
Dans Herz zieht sich zusammen, während der Name des Mannes in Schwarz in seinem Körper hallt.
Seine Kehle schnürt sich zusammen.
Lee begleitete ihn in einer für Dan zugeschnittenen Form.
Alles an ihm passt.
Seine Metaphern lassen Dans Verstand über die wundervollsten Naturphänomene schweben.
Und nicht nur seinen Verstand.
Dan stockt und holt tief Luft.
Lee ließ ihn heute zweimal erigieren.
Zweimal.
Jede Reise mündete in einem hungrigen Verlangen im Schoß.
Dan schüttelt den Kopf.
Da steckt doch ein System dahinter.
Das kann nicht sein.
Es gibt einen Grund dafür.
Ein psychologischer Grund, warum Dans Körper so eine physische Reaktion zeigt.
Dan durchforstet sein Gedächtnis nach möglichen Theorien dazu.
Als sein Verstand keine Wege aufzeigt, horcht Dan in sich rein.
Seine Gefühle könnten ihm den Weg weisen.
Aber Dan fühlt sich nur leer.
Als habe er seine Gefühle auf den beiden Reisen zurückgelassen.
Zurückgelassen.
„Ich habe Lee zurückgelassen", sagt er plötzlich laut, während er seinen Marsch stoppt.
Die hellen Lichter der Müllerstraße flattern so bunt, wie der laute Verkehrslärm auf der zentralen Ader in Berlin Wedding.
Dan steht in der lebendigen Bewegung der Umgebung.
Dan hat Lee zurückgelassen.
Lees Ausdruck im Gesicht an der Tür erscheint vor Dans Augen.
Sein Herz beginnt zu rasen.
Die Panik, die ihn Lee hat verlassen lassen, steigt nun aus seinen Fußspitzen hoch in seinen Körper.
Ein Meer aus Eis flutet seinen Körper.
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Die Psychologie der Liebe
RomanceIst Liebe nur ein psychologisches Konstrukt unserer Wahrnehmung? Welche unbewussten Triebe leiten uns? Eine Geschichte, die uns an den psychischen und physischen Ausmaßen eines Liebespaares teilhaben lässt. Dan (Psychoanlaytiker) forscht mit Lee (Ps...