Kapitel 40 Morgengrauen
Lee steht in seiner Küche und hält die Karte von Frau Dr. Lambe in der Hand. Starr guckt er die Karte an.
Er kann es nicht ändern. Ein stummer Widerstand schwingt in seinem Kopf. Er kann seine Gedanken einfach nicht fokussieren.
Will sie einfach nicht.
Was er will, ist Dan. Nur Dan.
Der einzige Gedanke, den er zulässt.
Das einzige Gefühl, das er bereit ist, wahrzunehmen.
Sein Widerstand bewegt ihn dazu, die Karte in die Besteckschublade zu stecken. Er schiebt sie unter die Essstäbchen, schließt die Schublade und geht in sein Zimmer.
Sein Zimmer.
Er steht auf dem weißen Teppich, der nun viel heller strahlt. Es fehlen die kleinen Rückzugsörtchen mit seinen Büchern.
Seine Augen suchen einen besonderen Tisch.
'Wo ist meine Dan Rin Tischplatte?', denkt er sich und schaut zu seinen Bücherregalen, den ordentlichen Bücherstapeln davor und schließlich zu den an die Wand gelehnten Tischplatten.
Mit einem Lächeln im Gesicht läuft er auf die Bücherstapel zu, trägt zwei zu seinem Bettrand und positioniert sie gekonnt.
Und als er seine Dan Rin Holzplatte endlich in den aneinander gereihten Platten wiederfindet, spürt er sein Herz endlich seinen Körper wärmen.
Lange steht er einfach nur da und betrachtet die Tischplatte in seinen Händen.
Sein Herz wird ihm schwer.
Wie konnte es nur soweit kommen?
Wie konnte er seinen Dan Rin Tisch hergeben?
Nichts kann ihn mehr dazu bewegen. Niemand. Er gibt Dan niemandem.
Er stellt die Holzplatte auf die Bücherstapel, setzt sich davor und streicht über den Schriftzug.
Dan Rin zeigt mir den Weg.
Ein warmes Gefühl der Sicherheit umschließt ihn.
Nichts kann ihn erreichen. Niemand wird ihn sehen. Nur Dan.
Er legt sein Gesicht auf den Schriftzug und verweilt.
Ein Lächeln umsäumt seine Lippen, während er mit Dan in sich schwebt.
Derweil liegt Dan in seinem Bett und grübelt.
Er fragt sich, wie es Lee geht. Macht sich Sorgen, wie er die erste Nacht nach seinem psychotischen Schub erlebt. Ob es naiv von ihm sei, zu hoffen, dass Lee sich wirklich bei Frau Dr. Lambe meldet. Und ob es nicht vielleicht besser wäre, wenn er ihn selbst therapieren würde. Er könnte ihn doch mit seiner Liebe heilen. Er kann das.
Doch Dans scharfer Verstand stellt sich gegen seine liebestrunkenen Gedanken.
Er weiß es genau. Wie wichtig es ist, ihn frei zu lassen.
Er muss frei fallen, um seine Flügel zu öffnen.
Er darf sich nicht nur an Dan festhalten.
Er kann ihn nicht immer auf seinem Rücken tragen.
Das würde ihm nicht ermöglichen, seine Qualen zu verarbeiten.
Dan kann ihn nicht mit seiner Liebe heilen.
Er kann ihn nur lieben.
Er darf nicht bloß die Ablenkung von dem Schmerz sein.
Er will Lees freie Liebe.
DU LIEST GERADE
Die Psychologie der Liebe
RomanceIst Liebe nur ein psychologisches Konstrukt unserer Wahrnehmung? Welche unbewussten Triebe leiten uns? Eine Geschichte, die uns an den psychischen und physischen Ausmaßen eines Liebespaares teilhaben lässt. Dan (Psychoanlaytiker) forscht mit Lee (Ps...