Kapitel 32 Ausweg

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Kapitel 32   Ausweg

Dan findet keinen Schlaf. Er liegt zu Lee gedreht in seinem Bett und schafft es nicht, seine Augen zu schließen.

Er spürt eine Aufregung ihm selbst das Blinzeln erschweren.

Während Lee tief schläft, kann Dan kein Auge zu machen.

Ihm reicht es, wenn Lee sich für sie beide ausruht.

Er liegt da und beobachtet Lees Gesicht. Ausgiebig.

Er liegt da und sieht Lees Brust sich langsam heben und senken. Bis in die Ewigkeit.

Und als er nach Stunden aus dem Fenster das leichte Grau im schwarzen Himmel sieht, steht er vorsichtig auf.

Er trinkt einen Schluck Wasser in der Küche, nimmt sich die schwarze Wolldecke aus dem Wohnzimmer und geht auf seine Terrasse.

Er steht am Geländer und riecht, wie der Morgen sich ankündigt.

Die Sonne weckt ungesehen die Lebensgeister.

Dan kuschelt sich in seine schwarze Decke und sucht am Horizont nach den ersten Sonnenstrahlen.

„Dan", ertönt Lees wache Stimme.

Dan dreht sich um.

Lee steht vor der Terrassentür.

Dans beige Wolldecke liegt über seinen Schultern.

Lee wachte auf, nachdem er im Traum gelauscht hatte.

Dan saß ihm im großen Raum der Dunkelheit gegenüber.

Beide spürten die warme Erde an ihrer Haut.

Beide spürten die Anziehung der Erde an ihrem Körper.

Sie saßen sich satt gegenüber und lächelten.

Und Lee betrachtete Dan mit neugierigen Augen. Er sah ihn und spürte tiefe Bewunderung. Noch nie empfand er so eine Faszination. Als habe er gefunden, was ihm nicht vorgeschrieben war. Als könne er jetzt endlich stillstehen. Endlich verweilen. Alles Vergangene nachziehen lassen. So saß er dem schweigenden Dan gegenüber und ließ sich von seinem Anblick bestätigen.

Und Lee ließ zu, das alles Vergangene ihn einholt.

Er guckte in Dans Augen, während die Auswirkungen der Zeit in seinem Körper begannen Wellen zu schlagen.

Er spürte die warmen und kalten Luftmassen einander umkreisen. Wirbel bilden. Die Wassermengen seines Körpers in hohe Wellen ziehen.

Er guckte in Dans Augen, als sein innerer Wirbelsturm seinem Leben die Kraft entzog. Alle aufgebauten Zufluchtsorte in Stücke riss. Die Bestandteile seines Lebens in die Luft wirbelte und gegen seinen Körper schleuderte.

Lee guckte in Dans Augen und ließ es zu. Ließ sich von der Naturkatastrophe in Stücke reißen.

Er tauchte tief in das Blut-Meer seines Schmerzes. Atemlos spürte er den eisernen Geschmack seines Blutes.

Nahm es an. War bereit zu enden.

Während er Dan in die Augen sah, war er bereit zu enden. Friedvoll im Blut-Meer seines Lebens zu enden.

Doch Dans Augen begannen zu zittern. Sein ruhiges Gesicht verlor jeden lebensspendenden Tropfen Blut. Jegliche Farbe.

Sein Mund formte lautlose Worte.

Und Lee sah zu, wie Dan von der Angst gepackt und geschüttelt wurde. Er sah seine aufgerissenen, angsterfüllten Augen nach ihm flehen.

Er sah seinen Mund lautlos schreien.

Die Psychologie der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt