Kapitel 14 Triebe

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Kapitel 14    Triebe

Erst beim Aufstehen merken beide, wie der Alkohol seine Wirkung zeigt.

Lee kichert vor sich hin und hält sich am Tisch fest.

Auch wenn Dan gerade mit seinem eigenen Gleichgewicht zu kämpfen hat, wendet er keinen Moment den Blick von Lee ab.

Lee in Runzeln liegende Nase, die hochgezogenen Augenbrauen, der zusammengepresste Mund und das stille Schaukeln seines Kichern, amüsieren Dan.

Er will ihn kneifen.

Kitzeln.

Auflachen sehen.

Dan muss sich wirklich zurückhalten.

Seiner durch den Alkohol entstandenen Hemmungslosigkeit die Stirn bieten.

Wenn er doch nur den Blick abwenden könnte.

„Ist die Schildkröte wacklig auf den Beinen?", schmunzelt Dan.

Lee guckt ihn empört und bemüht ernst an.

„Ganz und gar nicht. Deine Schleimspur hat mich nur kurz aus der Bahn geworfen", antwortet er, lässt die Tischplatte los, greift nach dem Krug und die Sake-Becher und läuft Richtung Tür.

„Komm, ich zeige dir jetzt die Welt des Mannes in Schwarz", ruft er Dan zu.

Dan eilt zu dem leicht schwankenden Lee und nimmt ihm den nur noch zur Hälfte gefüllten Krug ab.

Lee kichert wieder und läuft weiter.

Dan bleibt an der Tür stehen und beobachtet, wie Lee geschmeidig um die kleinen Tische herum schleicht und sich an dem Rückzugsörtchen neben seinem Bett auf den Boden setzt.

Er guckt Dan an und klopft auf das Kissen, das sich neben ihm auf dem Boden befindet.

Dan zögert kurz und schaut auf die labyrinthartigen Wege, die an den verschiedenen Rückzugsörtchen entlang zu Lee führen.

Mit einem Lächeln läuft er einen dieser Wege entlang und erreicht sein Ziel.

Lee.

Er setzt sich auf das Kissen neben Lee.

„Jetzt hast du aber gar kein Kissen. Warte", sagt er, legt den Krug auf den kleinen Tisch und krabbelt zum nächsten Tisch. Dort greift er nach dem Kissen und kehrt zurück.

„Sehr aufmerksam. Danke. Wäre nicht nötig gewesen", sagt Lee zaghaft, macht es sich auf dem Kissen gemütlich, schenkt ihnen beiden Sake ein und hält Dan seinen Becher entgegen.

„Es ist mir eine große Ehre, mit Dan Rin an diesem Tisch zu sitzen", erhebt Lee seinen Becher.

„Ich freue mich, Lee Yengs Rückzugsort kennen zu lernen", stoßt Dan an.

Der inzwischen ungekühlte Sake fließt warm in ihre Körper.

„Dann möchte ich dir mal alle meine mich begleitenden Denker vorstellen.

An dem Tisch da drüben gebe ich mich den Gedanken von Fromm hin. Er war derjenige, der mein Interesse für die deutsche Literatur weckte. Mit seinem Verständnis von Liebe kämpfe ich seit Jahren. Ein Thema, das mich mein Leben lang schon begleitet", erklärt Lee, während er auf den kleinen Tisch neben seiner Bibliothek zeigt.

Dan folgt Lees Finger mit den Augen und hört aufmerksam zu.

„Dort hat sich Freud verewigt. Der Vater der Psychologie hat mich schon in zahlreichen schweren Momenten aufgemuntert. Sein Verstand und sein Witz lassen nicht eine Zeile langweilig werden. Ich bin ein absoluter Freudianer. Er ist wirklich genial", kichert Lee, während er zu einem anderen Tisch zeigt.

Die Psychologie der LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt