Getrennt 10

894 94 53
                                    

Mein Kopf wummerte unangenehm als ich versuchte mich auf die Seite zu drehen und die Bettdecke wieder etwas höher zog. Ich wollte meine Augen gar nicht erst öffnen, weil ich auch so wusste, dass es meine Kopfschmerzen nur intensivieren würde und das würde ich momentan nicht überleben. Ich fühlte mich wie vom Laster überfahren.
Außerdem wusste ich auch ohne meine Augen öffnen zu müssen, wo ich war.

Timos Arme lagen fest um meinen Körper. Mein Rücken lag an seiner Brust, sodass ich seine gleichmäßigen Atemzüge auf meiner Haut spüren konnte. Mit jeden ausatmen pustete er warme Luft in meinen Nacken, was eine dauerhafte Gänsehaut auslöste.
Ich genoss es sehr wieder in seinen Armen liegen zu können und seine Haut auf meiner zu spüren.

Unsere Beine waren ineinander verwunden und unter der Bettdecke herrschte eine angenehme Wärme.
Eine, die ich alleine in Romans Gästebett immer vermisst hatte.
Timos Körperwärme.

Wir waren unter der Decke splitterfasernackt. Ich spürte Timos Gemächt an meiner Kehrseite, das das Ausmaß meiner Morgenlatte nicht minder beeinflusste.

Wir hatten gestern keinen Sex. Wir waren einfach nur nachhause gekommen, hatten noch eine innige Makeout Session auf dem Sofa bei der schon einige Klamotten geflogen waren, ehe Timo mich ins Schlafzimmer getragen hatte, wo wir innerhalb weniger Minuten im Arm des anderen eingeschlafen waren.

Ich hatte seit langem keine so erholsame Nacht mehr und dennoch fühlte ich mich miserabel.
Mein deutlich spürbarer Kater löschte die Erinnerungen an gestern nicht aus. Ich hatte die Bilder des vergangenen Abends klar vor mir, wobei vor allem weiterhin der durchschnittliche Kerl in meinem Kopf spukte.

Allein die Vorstellung, dass Timo seinen Schwanz in diesen Fremden gesteckt hat, ob nun erfolgreich oder nicht, ließ mir die Galle aufsteigen. Mir wurde augenblicklich schlecht.

Nüchtern konnte ich auch erst wirklich umreißen, welche Dummheit ich gestern begangen hatte.

Ich hatte Timo zugestimmt, dass ich wieder einziehen würde, obwohl ich nicht einmal ansatzweise dazu bereit war.
Ja, es war unglaublich schön mit ihm zu kuscheln. Seine Küsse waren atemberaubend und die Art, wie er mich gestern berührt hatte, so zärtlich und liebevoll, ließ mein Herz auch jetzt noch höher schlagen.

Dennoch war da diese Ungewissheit, die ich einfach nicht abstellen konnte. Die Begegnung mit diesem Fremden, mit dem Timo geschlafen hatte.
Gestern dachte ich noch, sie hätte mir gutgetan. Jetzt wäre es mir lieber, wenn ich diesen Mann niemals zu Gesicht bekommen hätte.

Er war so unfreundlich, so schleimig. Charakterlich hatte er auf den ersten Blick wirklich nicht viel hergemacht und auch äußerlich riss seine Durchschnittlichkeit das Ruder nicht mehr herum.
Warum also hatte Timo gerade mit ihm geschlafen? Was hatte er in ihm gesehen?
Oder hatte er sich einfach nur den erst besten, willigen genommen? Wenn ja, warum? War der Sex mit mir so schlecht? War ich für ihn nicht auszuhalten?

Das Gedankenkarussell in meinem Kopf drehte und drehte sich, spinnte meine Synapsen mit allerlei negativen Gedanken ein, sodass ich bald selbst die Schnauze davon voll hatte.

Es war eine schlechte Idee mit Timo nach Hause zu gehen. Mir hätte bewusst sein müssen, dass ich nüchtern eine ganz andere Sicht auf die Geschehnisse haben würde als betrunken.
Warum musste ich gestern auch so viel trinken?

Ich schluckte schwerfällig und öffnete doch langsam die Augen.
Überrascht stellte ich fest, dass die Vorhänge zugezogen waren, wodurch es glücklicherweise nicht allzu hell war. Die Uhr am Nachttisch zeigte knapp halb zehn an, was die große Lust nach Kaffee in mir schürte und Vorfreude meine eigene Kaffeemaschine wieder benutzen zu können, anstatt der gewöhnungsbedürftigen Filtermaschine bei Roman, brodelte in meinem Bauch.
Ein Gähnen brach aus mir heraus, als ich mich vorsichtig, um Timo nicht zu wecken, aus seinen Armen schlängelte.

32 Gründe warum es aus ist ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt