Grund 32

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Aus einem Glas Wein war mittlerweile fast eine ganze Flasche geworden, da meine Achterbahn fahrenden Gefühle mir keine Sekunde Ruhe gönnten.
Kaum dachte ich ich hätte mich wieder gefangen, kam das nächste Tief.

Plötzlich machte alles Sinn.
Das Kondom. Dass er so vehement gegen den Sex in der Wanne war. Das Gespräch mit dem Barkeeper damals.

Hatte er wirklich ungeschützten Sex mit einen Fremden?

Mit zitternden Händen wählte ich Romans Nummer und hoffte sehnlichst, dass mein bester Freund wie heute in der Arbeit angekündigt, wirklich früher Schluss gemacht hatte, damit ich ihn nicht bei der Arbeitszeit störte.

»Jo Simon. Was gibts?«, schmunzelte Roman durchs Telefon nachdem er gleich beim zweiten Mal klingeln ans Handy ging.
Seine Stimme zu hören erleichterte mich auf eine seltsame Art und Weise, sodass meine Tränen abermals überquollen.

»Weinst du?«, kam es nach einigen Augenblicken Stille alarmiert von Roman, was mir ein Schluchzen entlockte.

»Schhh. Simon. Shhh. Nicht weinen. Er hat deine Tränen nicht verdient.«, kam es mit sanfter Stimme durchs Telefon.
Roman bezog meine Tränen selbstverständlich automatisch auf Timo. Einen anderen Grund hatte ich nicht und nachdem ich die letzte Nacht ohnehin schon auf seinem Sofa verbracht hatte, war die Gleichung noch viel einfacher.

»Er– er ist m-mir fremd« Ich schluckte. »fremdgegangen.«, flüsterte ich und ein weiterer Schwall Tränen rann über meine Wangen. Es zu hören war eine Sache, aber es selber laut auszusprechen eine ganz andere.

»Was?!«, kam es aufgebracht von Roman, wodurch sich seine Stimme beinahe überschlug. »Der verdammte Bastard!«, brüllte er und ein lautes Grummeln war durchs Telefon zu hören.
»Wo bist du? Ich hole dich ab. Ich lasse dich keine weitere Sekunde bei dem Arschloch!«, knurrte mein bester Freund und hob damit sogar meine Mundwinkel etwas an.

»Ich bin zuhause, aber ich habe meinen Koffer schon gepackt. Kann... kann ich–«

»Natürlich kannst du. Da brauchst du gar nicht fragen.«, kam es sofort von Roman. »Ich mache dir das Gästezimmer bereit. Du kannst so lange bei uns bleiben, wie du möchtest.«

»Danke, Roman.«, lächelte ich ehrlich und atmete erleichtert aus. Womit hatte ich nur so einen besten Freund verdient.

»Nicht dafür, Simon. Ich hole dich ab, ja? Ich bin gerade noch in der Stadt, aber so in dreißig Minuten kann ich da sein.«

»Nein, das passt schon. Ich fahre dann zu dir.«, murmelte ich, weil ich nicht die Kraft hatte in einer normalen Lautstärke zu reden.

»Sicher?«, fragte Roman wohl zur Sicherheit noch einmal nach.

»Ja, sicher.«

»Gut. Wenn was ist, ruf sofort an, ja?« Die Besorgnis war deutlich herauszuhören und es beruhigte mich ungemein zu wissen, dass wenigstens einer sich um mich sorgte.

»Ja. Bis dann, Roman.«

»Bis dann, Simon. Und melde dich, wenn was ist.«

Ich murmelte noch ein »Ja.«, ehe ich auflegte und mein Handy mit zitternden Händen beiseite legte.

Timo müsste jeden Moment von der Arbeit nach Hause kommen und das erste, was er sehen würde, wenn er durch die Hautür trat, war mein gepackter Koffer.

Ich wusste nicht, wie er reagieren würde.
Würde er wenigstens diesmal ehrlich zu mir sein? Oder würde er mich wieder belügen?

Ich hoffte, dass er zumindest diesmal alle Karten offen auf den Tisch legen würde.

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