Neues Leben 3

1K 99 36
                                    

Mit großzügigem Abstand saßen wir nebeneinander auf dem Sofa und aßen stumm unsere Pizzen, während im Fernsehen die Wiederholung eines Krimis von gestern Abend lief.

Ponca lag in ihrem Korb und schnarchte leise, was mir jedes Mal aufs neue ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Sie bedeutete mir jetzt schon die Welt.

Die Stille zwischen Timo und mir war angenehm. Wir hatten nicht viel geredet seit er gekommen war, aber es lag auch keine unangenehme Stille zwischen uns als würden wir etwas sagen müssen. Wir genossen einfach die Anwesenheit des anderen.

Und wie ich seine Anwesenheit genoss.

Ich hatte das Gefühl als würden sich meine Tanks langsam wieder füllen, allein, weil er einen Meter neben mir saß. Dass wir nur in einem Raum waren, reichte vollkommen aus, dass ich mich gleich wieder viel besser fühlte, obwohl zwischen uns noch sie viel unangebrochenes war, dass ich mich eigentlich kaum wohlfühlen durfte.

Ich wusste, dass wir heute noch miteinander sprechen mussten, dass wir die Vergangenheit aufrollen mussten. Dennoch hatte ich große Angst davor.
Angst ihn ganz zu verlieren. Angst danach alleine da zu stehen.

Manchmal war es besser nicht alle Antworten zu haben und gerade spekulierte ich wirklich mit dem Gedanken das Geschehene einfach tot zu schweigen. Auch wenn ich wusste, dass davon kaum etwas besser werden konnte.

Timo neben mir wirkte jedoch auch nicht so, als würde er für das Gespräch brennen. Doch je näher die Spuren zum Täter führten und damit zum Ende des Films, desto näher kamen wir auch unserem Gespräch.
Dem waren wir uns beide bewusst.

Im selben Moment als der Abspann startete und der Countdown zur Werbepause lief, betätigte Timo den Ausschaltknopf und setzte sich dabei räuspernd auf.

Damit würden wir nun also in unser Gespräch starten.

"Ich hätte nicht gedacht, dass dir solche Möbel gefallen.", murmelte Timo plötzlich und sah sich erneut in meiner Wohnung um. Dass er mit so etwas anfangen würde, hätte ich nicht gedacht.

Tatsächlich ähnelte meine Wohnung kaum unserem Haus. Die Inneneinrichtung war etwas komplett anderes und lediglich ein zwei abstrakte Gemälde aus unserem Haus hatten den Weg an die Wände gefunden. Die meisten meiner Möbel hatte ich tatsächlich verkauft und diese neuen damit angeschafft.

"Doch, tatsächlich viel besser.", antwortete ich ehrlich und ließ ebenfalls meinen Blick über mein Loft wandern. Hier fühlte ich mich viel wohler.

"Warum hast du nie etwas gesagt? Wir hätten neue Möbel kaufen können.", fragte Timo ehrlich neugierig nach, was mich überrascht aufsehen ließ.

"Ich dachte, dir gefallen die Möbel.", antwortete ich zögerlich und zog die Augenbrauen etwas zusammen.

"Unsere? Nein, nicht wirklich. Ich dachte immer, sie gefallen dir, deswegen habe ich nie etwas gesagt."

Sprachlos starrte ich mein Gegenüber an. Hatten wir?
Hatten wir wirklich über Jahre hinweg mit Möbeln gelebt, die uns nicht gefielen, nur weil wir dachten, dass der jeweils andere sie mochte?

"Haben wir mit hässlichen Möbeln gelebt, weil wir beide dachten, dass es dem anderen so gefällt?", fragte Timo vorsichtig und sprach damit genau meinen Gedanken aus.

Ich nickte langsam. "Scheint so.", murmelte ich perplex und schüttelte irritiert den Kopf.

"Kommunikation war noch nie unser Ding.", schmunzelte ich leicht und lockte auch Timo damit ein kleines Lächeln auf die Lippen.

"Es tut mir leid.", platze es plötzlich aus ihm heraus.

"Es tut mir alles so furchtbar leid.", wiederholte er ohne dabei den Blickkontakt abzubrechen. "Ich war mit Abstand der schlechteste Freund, den man sich je vorstellen kann. Ich habe so ziemlich alles versaut und falsch gemacht, was man falsch machen kann. Ich habe dich behandelt, wie eine Selbstverständlichkeit, als hättest du keinen eigenen Kopf und keinen eigenen Willen. Das weiß ich jetzt und es tut mir so leid." Er lächelte wacklig und senkte dann mit deutlich sichtbar zitternden Lippen den Blick.

32 Gründe warum es aus ist ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt