3.Kapitel

10.7K 258 81
                                    

,,Halt still, du Esel!" zische ich Hakan an und tupfe extra das Wattepad fester auf seine Wunde. ,,Ahhh. Abla man." beschwert er sich und drückt seine Augen zusammen. Seine Lippen sind zusammengepresst, um kein Laut von sich zu geben. Wenn er es wagt etwas lauter zu sein und damit schafft die anderen drei aufzuwecken, lasse ich alles liegen und gehe auch schlafen. Meine Augen fallen immer wieder zu, aber ich versuche nicht einzuschlafen. Fertig mit dem säubern, nehm ich ein Pflaster und klebe es auf seine Wunde. Ohne Eile räume ich den ganzen Erste-Hilfe-Kasten auf und gehe auf die Toilette. Den Kasten lege ich einfach wieder auf seinen Standartplatz und stelle mich vor den kleinen Waschbecken. Ich öffne den Wasserhahn und spritz mir das kalte Wasser erst an meinen Nacken und danach mein ganzes Gesicht, inklusiv noch meinen ganzen Hals.

Als wir nach Hause ankamen, war es halb eins. Muso, Halil und Bolat haben sich, wie ich es ihnen Befehlt habe, schlafen gelegt. Ich habe gerade eine halbe Stunde lang die Wunden von Hakan, diesem Spielsuchti, versorgt.

Meine Wut zu ihn kann ich nicht in Worte beschreiben. Aber nicht nur Wut fühle ich im Moment für ihn. Auch Enttäuschung und Frustration. Enttäuschung wegen seinem Handeln. Frustration wegen der großen Summe vom geschuldeten Geld. Woher sollen wir so viel Geld bekommen. In meinem Portmonee ist mit dem Geld, das ich von meinem Chef bekommen habe, vielleicht 600 Euro. Aber dieses Geld muss ich noch auf die Bank überweisen. Unsere Rechnungen häufen sich, ich muss das bezahlen. Frustriert atme ich aus und trockne mich am Handtuch ab. Meine Hände lege ich an den Rand vom Waschbecken und senke meinen Kopf nach unten. Mein Kopf platzt gleich, wegen diesen Gedanken. Ich fühle mich so verzweifelt. So verdammt verzweifelt. Ich brauch einen Ausweg. So oder so muss ich diese Schulden bezahlen. Aber nicht nur ich, auf keinen Fall. Dieser kleiner Hund, wird Tag und Nacht arbeiten. Wenn es sein muss, müssen es auch die anderen. Wir müssen zusammenhalten und Geld sammeln. Sonst weiß ich was passieren wird. Das wird aber nicht passieren, ich werde das nicht zulassen.

,,Abla?" höre ich hinter mir, Hakan vorsichtig und leise sagen. ,,Hm?" antworte ich nur, ohne meinen Kopf zu heben. ,,Es tut mir Leid." Ich drehe meinen Kopf leicht über meine Schulter und sehe ihn, wie er am Türrahmen angelehnt, mich traurig mustert. ,,Deine Entschuldigung bringt uns grad nichts, Hakan." antworte ich traurig, dreh mich um und lehne mich mit dem Rücken, an den Rand vom Waschbecken.
,,Ich weiß." nuschelt er und senkt seinen Blick. Ich guck runter auf seine Finger, nur um zu sehen, dass all seine Fingernägel abgekaut worden sind. Er bereut es, stelle ich fest. Man sagt, dass das Einsehen von seinem Fehler, der Anfang ist, indem man seinen Fehler verbessert. Seufzend gehe ich zu ihm und umarme ihn fest an mich. Schnell und genauso fest erwidert er die Umarmung und drückt sich an mich. Hiermit zeigt er mir, dass er es bereut. Gut so. Muss er auch.

Ich liebe alle meine Geschwister gleicht stark, aber Hakan und ich haben eine andere Art von Bindung. Immer nach den Schlägen meines Vaters, hat er mir die Salbe geholt und hat sie, an meinen Verletztungen draufgeschmirrt, mit seinen kleinen Händen. Er war da glaub ich neun oderso, während ich elf war. ,,Abla?" fragt er mich kurze Zeit später und lässt mich langsam los. Somit kann ich in sein müdiges Gesicht sehen. Mit dem Flecken im Gesicht, sieht er einfach nur schrecklich aus. ,,Wie soll ich das alles in einer Woche bezahlen?" fragt er leise und niedergeschlagen. ,,Wir werden das Geld zusammen sammeln okay? Du, ich und die anderen werden alle zusammen halten." antworte ich neutral. Ich werde meinem Bruder helfen. ,,Geh jetzt pennen." Leicht lächelnd geht er aus dem Raum. Ich mache es ihm nach. Aber ich geh noch kurz nach den anderen dreien gucken.

Mein Blick bleibt an deren Tür hängen. Ganz oben wurde in Großbuchstaben, der Name Mustafa mit rot bemalt. In der Mitte wurde, auch in Großbuchstaben, Halil gemalt, diesmal in blau. Und ganz unten, wurde in grün, Bolat gemalt. Das war ungefähr vor sieben Jahren. Muso hat mich an dem Tag angefleht, ob er das machen darf. Da ich ihm nicht widerstehen konnte, habe ich es erlaubt. Und natürlich wenn es der eine wollte, wollten es auch die anderen. Also haben wir Hakans Holzstifte geklaut und haben es gemacht. Ein Lachen entwich mir, als ich mich an seinen Gesichtsausdruck errinere, als er nach Hause kam und uns erwischte.

TURKISH MAFIAWo Geschichten leben. Entdecke jetzt