20.Kapitel

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Sonntag, 01:21Uhr

Seufzend fahre ich mir durch meine kaputten Haare und atme tief aus. Meinen Kopf lehne ich hinter mir an die Wand und gucke raus aus dem Fenster. Viel kann ich nicht sehen, nur paar Männer in schwarzen Anzügen, wie sie außenrum vom Garten verteilt stehen. Die ganze Zeit lassen sie ihre Blick über den ganzen Ort gleiten und alle haben diesen kalten Gesichtsauzüge. Bei manchen aber merkt man, dass es nur eine Maske ist, denn sie haben gleichzeitig diesen netten Gesichtsausdruck. Zum Beispiel dieser Blondschopf, der eher links steht und immer wenn er eine freie Sekunde findet, guckt er kurz auf sein Handy, nur um paar Sekundenlang vor sich hin zu lächeln und es wieder einzupacken. Mir fällt ein, dass ich mein Handy seit Donnerstagabend nicht mehr habe. Wahrscheinlich ist es mir irgendwo hingefallen. Scheisse. Jetzt bin ich auch noch Handylos. Auch wenn ich nicht oft auf mein kleines und vom letzten Jahrhundert gebliebenes Handy schaue, könnte ich jetzt Musik hören und etwas abschalten. Oder auch mal Hassan anrufen, der bestimmt verrückt nach mir sucht. Von dem Brand weiß er bestimmt schon und fragt sich wo wir jetzt sind. Oh man. Ich muss ehrlich mal anrufen.

Im Moment sitze ich auf dem Bett, dass rechts im Raum steht und Hakan auf dem anderen. Bolat,Halil und Muso sind in dem Zimmer, gleich neben an. Vor paar Stunden haben sie noch Abendessen gegessen, während ich nur da saß und nichts essen konnte. Der Tisch war wieder so fabelhaft gedeckt worden mit den ganzen verschiedenen köstlichen Gerichten, die zubereitet worden sind. Einfach nur wow. Trotzdem habe ich nur ein Glas Wasser getrunken, auch als Eda mehrmals mich fragte, ob sie etwas auf meinen Teller machen soll. Doch ich habe sie nur abgewimmelt. Ich bin dankbar, dass meiner Brüder mit vollem Magen in einem sehr bequemen Bett schlafen. Vorhin habe ich nochmals Bolat gefragt, ob er Schmerzen hat oder ob ich für ihn was tun kann, doch er sagte nur das alles gut ist und er nur etwas müde ist. Weshalb er und die anderen zwei sich schon früh schlafen gegangen sind. Verständlich aber. Die letzten Tage konnten sie nicht ausreichend schalfen, was sie jetzt nachholen. Eigntlich müsste ich das auch tun, aber ich kann einfach nicht schlafen.

Ganze Zeit wühlte ich mich im Bett um und gab schließlich auf. Jetzt sitzte ich hier, beobachte die Männer und höre Hakans Atem zu. Es nimmt ihn wirklich mit. Er meinte, dass Emirhan mit ihm kein Wort gesprochen hat. Während er auf eine Entschuldigung gewartet hat, hat Emirhan nichts getan. Hakan ist verletzt. Verletzt von seinem Bruder, denn er über alles liebt. Ich sage nicht 'geliebt hat', denn dass stimmt nicht. Er liebt ihn immernoch wie Tag eins. Darauf würde ich wetten. Ich tue es doch auch.

Im Türkischen gibt es so ein Spruch: Iyi insan lafın üstüne gelirmiş. Was so viel heißt, wenn man über einen guten Menschen spricht und dieser dann plötzlich auftaucht. -Genau wie jetzt. Ich sehe, wie Emirhan mit schnellen Schritten zu dem Blondschopf läuft und seinen Mund bewegt. Dieser lässt kurz seinen Blick über den ganzen Garten wandert und nickt dann leicht bedrückt. Emirhan verschwindet wieder. Sollte ich runter gehen? Emirhan suchen und dann mit ihm reden? Das müssen wir endlich tun, weil die unbeantworteten Fragen in meinem Kopf fressen mich noch auf. Hm. Es kann sein, dass ich dann ihn sehen werde. Seitdem ich sein Büro heute Vormittag verlassen habe, habe ich weder mit ihm geredet noch gesehen. Wahrscheinlich war oder ist er bei diesem Typ, der Fotos von mir gemacht hat. Dieser scheiss Perversling. Er hat den Tod verdient. Das stimmt nicht. Denn er bestimmt nicht, wer denn Tod verdient hat. Nur Allah tut das und niemand sonst. Er ist es, der uns auf die Welt setzt und uns auch wieder zurück zu sich nimmt. Wann das alles passiert weiß nur er. Und nicht...oh man! Ich sollte ihn ehrlich mal nach seinem Namen fragen.

Verwundert drehe ich meinen Kopf zu Tür, als es plötzlich leise klopft. Huch? Wer ist denn das jetzt? Ich lege die dünne Decke bei Seite, stehe auf und ziehe das neue Shirt runter, dass mir Eda als Schlafsachen gegeben hat. Es passt eigentlich, aber es ist für meine Verhältnisse etwas zu kurz. Und die Farbe hellgrün ist jetzt nicht so meins. Kurz werfe ich ein Blick auf Hakan und öffne dann vorsichtig die Tür. Erst sehe ich den schwarzen Anzug und dann das Gesicht von meinem großen Bruder. Ehe ich mich versehen kann werde ich zurück geschoben, die Tür wird abgeschlossen und ich werde in eine sehr kräftige Umarmung gezogen. Sofort erwidere ich sie und inhaliere seinen typischen Duft. Ich hab ihn so vermisst. Eine Hand hat er auf meinen Hinterkopf gelegt und eine auf meinen Rücken gelegt. Ich zische auf, als er zu fest drückt und sich ein schmerzliches Brennen sich auf der Stelle sich breit macht. Augenblicken lässt er mich los und guckt mir besorgt ins Gesicht. ,,Iyi misin?" (Geht es dir gut?) fragt er mich mit seiner Stimme, die ich endlich wieder hören kann. Ich nicke schnell und verdränge den Schmerz. Seine feuchten Augen lassen meine genauso feucht werden. ,,Emirhan..." flüster ich sorgenvoll und nehme meinen Bruder nochmal in meine Arme. Trotz des plötzlichen Schmerz, lasse ich es zu, dass er mich wieder so fest drückt. So vergehen paar Minuten, in denen wir uns umarmen und nichts sagen.

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