9. Kapitel: Ratlos

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Eine frische Brise fuhr Zuko durch die Haare. Sie schmeckte nach Nebel, Mineralien, Blättern, die sich in die Schlucht verirrt hatten, und Rauch – beißend, wild und tröstlich. Wie ein Funke Feuer erinnerte es ihn an sein altes Zuhause.

Zuko atmete tief ein, während die Luftwirbel – beladen von Erinnerungen – sanft über sein Gesicht strichen, ihn kitzelten und seinen Körper wie einen Blitzstrahl durchstießen. Zuko atmete aus und öffnete die Augen.

Eine gravierte, quadratische Plattform breitete sich vor ihm aus. Wie ein Blatt im Wind schwebte der dünne Graphit über dem Abgrund, während die eleganten Gebäude des westlichen Lufttempels nebenher Zuko zu verhöhnen schienen, wie nur ein Feuerbändiger Angst vor der Tiefe haben könne. Sie standen hier seit Jahrhunderten, die in den Stein gemeißelt waren. Fest, triumphal, unnachgiebig. 

Aang sah ihn erwartungsvoll an. Es war ihre erste Stunde.

Zuko nickte. „Ich weiß, dass du nervös bist". Sein klopfendes Herz strafte ihn lügen. Er selbst hatte noch nie jemanden unterrichtet. „Aber Feuer bändigen an sich ist nichts, vor dem du dich zu fürchten brauchst".

Der Avatar erwiderte nur wage sein Lächeln. „Okay". Er atmete tief ein. „Nichts, vor dem ich mich zu fürchten brauche".

„Aber wenn du es nicht respektierst, wird es dich zerkauen und ausspucken, wie ein wütendes Komodorhino!" Die anfängliche Zuversicht auf Aangs Gesicht erstarb. „Jetzt, zeig mir, was du kannst". Zuko gestikulierte auffordernd. „Jede Feuermenge, die du aufbringen kannst".

Während Aang einen stabilen Stand suchte, wurde sein Ausdruck entschlossener. Er holte aus, schlug die geballte Faust nach vorne, den Feueratem geschärft – Nichts. Ein klägliches Fähnchen Rauch entwich.

Zuko blinzelte. Warte, das war alles? Der verstoßene Prinz sah förmlich, wie das Gesicht und die Haltung seines Schülers zusammen sackte. 

„Vielleicht brauche ich ein wenig mehr Anleitung. Vielleicht eine Demonstration?" Aang so zu ihm auf.

„Gute Idee". Zuko lächelte und lockerte unwillkürlich seine Muskeln. „Du solltest vielleicht einige Schritte zurück treten".

Aang schritt an die nächste Säule zurück, während Zuko sich in Position begab. Die Arme vor Spannung in die Höhe gestreckt, das Gewicht auf seinen Hinterfuß verlagert, die Sinne geschärft – Zuko schwang Arme und Beine durch die Lüfte, während er die pure Energie durch seinen Körper strömen ließ, wartend dem Gegner seinen Feueratem entgegenzubringen.

Die Flamme stoß kränklich aus seiner Faust. Statt prickelnder Hitze fühlte Zuko nur lächerlich angenehme Wärme auf seiner Haut.

„Was war das?" Wütend starrte er auf seine Hände. „Das war das schlechteste Feuerbändigen, das ich jemals gesehen habe."

„Ich dachte..." Aang kratzte sich am Kopf. „... Es wäre nett".

„Warum passiert das?", schrie Zuko. Seine Hände fingen unwillkürlich an zu zittern.

„Vielleicht ist es die Höhe?" Aang hob die Schultern.

„Ja". Er sah zu Boden. „Könnte sein".



Bis zum Abend verfolgte Zuko die Scham. Wie konnte das passiert sein? Er hatte sein ganzes Leben nichts anderes getan, als Feuer zu bändigen und zu trainieren. Warum ausgerechnet jetzt? Er war schließlich der Sohn des Feuerlords. Er von allen sollte in der Lage sein, diese gefährlich tobenden Flammen seinem Willen zu unterwerfen. Als Lehrer sollte er dazu in der Lage sein. Oder war Zuko zu nicht einmal dem fähig? 

Ein verloren geglaubter TraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt