18. Kapitel: Gequält

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Katara war die Jägerin. Schnell, lautlos und unsichtbar schlich sie ihrem Opfer nach. Bevor es sich umdrehten konnte, blieb von der Schattengestalt im Augenwinkel nichts weiter als der Geruch von Angst. 

Sie war gefährlich. Sie war mächtig. Fast wie ein Leopard, der in dem Wissen seine Beute verfolgte, dass es müde werden würde. Dass der Atem zu schwer wurde und die Unabwendbarkeit der Pfoten hinter dem Tier zu hören waren. Leoparden waren schneller. Es war ein Naturgesetz.

Katara war sich sicher, dass sie irgendetwas fühlen sollte – in diesem Moment, als sie Yon Rha erblickte. Der Mann, der ihre Mutter getötet hatte. Dieser Mörder, der für all ihren Hass und ihre Abscheu gegen die Feuernation stand – Er war alt.

Weiße Haare fielen um das faltige Gesicht. Tiefe Falten gruben sich um seinen Mund, die die Bitterkeit und das Leid in seinem Leben ihm ins Gesicht schrieben, während seine blassen Augen eine erstarrte Traurigkeit spiegelten.

Yon Rha lief über den Markt des kleinen Dorfs. In seinen Armen trug er ein Netz mit seinem Gemüse, das er über die Felder bis kurz vor seiner Haustür brachte. Währenddessen sah er immer öfter über seine Schulter, den Gedanken nicht los werdend, dass er nicht allein war.

Katara spürte Zuko hinter sich, während sie die Zweige ihres Verstecks auseinander drückte.

„Niemand schleicht sich an mich an, ohne verbrannt zu werden", brüllte Yon Rha. Das Gemüse fiel einzeln auf den Boden, während seine Flammen auf dem leeren Feldweg zerstoben.

Nichts regte sich. Der alte Mann bückte sich, um seinen Einkauf einzusammeln, als Regentropfen in einem kalten Schleier anfingen auf ihn herabzufallen.

Der ehemalige Kommandeur der südlichen Räuber drehte sich um und es geschah das, worauf Katara und Zuko gewartet hatten. Eine unscheinbare Schnur schnitt den Weg vor ihm ab, sodass er mit voller Länge nach vorne flog.

„Wir waren nicht dort". Zuko sprang aus der Deckung und ließ einen bissigen Flammenstoß vor den Händen des alten Mannes aufleuchten. „Und ich würde Feuer bändigen nicht wieder versuchen".

„Wer immer du bist, nimm mein Geld". Im Gesicht des alten Mannes stand nackte Furcht, während die Regentropfen wie Tränen an seine Wangen herunter liefen. „Nimm, was du willst. Ich kooperiere". Er hob zum Zeichen die Arme.

„Weißt du". Die junge Wasserbändigerin lief auf ihn zu. „Wer ich bin?"

„Nein", sagte Yon Rha verzweifelt. „Ich bin mir nicht sicher".

„Du erinnerst dich besser, als würde dein Leben davon abhängen", rief Katara, während sie spürte wie das Monster in ihrer Brust langsam die Krallen ihr ins Fleisch drückte. Es wollte raus. Es wollte spielen. 

„Warum schaust du nicht näher hin?" Sie trat einen Schritt vor und funkelte die am Boden liegende Gestalt an.

„Ja, ich erinnere mich jetzt". Seine blassen Augen wurden groß vor Erstaunen. „Du bist das kleine Wasserstammmädchen". Trotz, dass seine Stimme zitterte, sprach Yon Rha weiter. „Diese Frau versprach mir, den Namen des letzten Wasserbändigers des Südpols zu nennen". 

Bei der Erwähnung ihrer Mutter lief ein Schauer über Kataras Rücken hinab. 

„Meine Mission war es alle Wasserbändiger zu töten und sie gab mir die letzte Information. Den letzten Namen – ihren eigenen".

Eine tief verschlossene Gewissheit in ihrem Herzen brach aus Katara heraus. Ihre eigene Mutter...

„Sie hat dich angelogen". Katara trat einen Schritt vor. „Sie hat den letzten Wasserbändiger beschützt".

Ein verloren geglaubter TraumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt