Kapitel 1

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Danke an Montysa für das schöne Cover❤️
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Die Musik um mich herum ist ohrenbetäubend und der Bass vibriert in meinem Magen. Eigentlich bin ich nicht der Typ für Clubs, aber meine Freundinnen hatten es irgendwie geschafft mich doch zu überreden. Am Anfang war ich sehr skeptisch, doch jetzt, fünf Cocktails später, war es der beste Abend seit langem.
Ich tanze ausgelassen und lasse mich vom Rhythmus treiben. Meine Freunde hab ich in der tanzenden Menge aus den Augen verloren, aber es stört mich nicht. Im Gegenteil, ich genieße es fast, alleine in der Menge zu existieren. Jeder hier scheint in seinem eigenen Film zu sein und manche haben sogar die Augen geschlossen.
Die Nacht schreitet weiter voran und mein Pegel steigt weiter. Schweiß läuft mir den Rücken hinab und die Luft hier drin erscheint mir plötzlich viel zu stickig. Vielleicht war der letzte Shot mit einer Fremden an der Bar doch keine so gut Idee. Mir wird ein bisschen schlecht, also beschließe ich, dass ich frische Luft brauche. Ich torkele in Richtung Ausgang und lache erleichtert, als die kühle Nachtluft auf meinen erhitzten Körper und vernebelten Verstand trifft.
Vor dem Club stehen Menschen in Gruppen zusammen, reden und  rauchen dabei. Die Nacht ist durch den Vollmond ungewöhnlich hell, und sehr klar. Unschlüssig sehe ich mich um. Die Übelkeit lässt Gott sei Dank bald nach, aber zurück in den Club will ich eigentlich nicht mehr. Aber jetzt schon heim? Meine Mutter bekommt wahrscheinlich einen Anfall, wenn ich in dem Zustand auf der Matte stehe.
Wahrscheinlich liegt es am Alkohol oder am Mangel der Alternativen, aber ehe ich richtig nachdenken kann, tragen meine Beine mich zu einer Gruppe. Es sind 3 Typen und eine Frau. Alle rauchen und sehen erwartungsvoll auf, als ich bei ihnen zum stehen komme. Toll und was jetzt? "Hat jemand hier eine Kippe und Feuer für mich?" höre ich mich fragen und klinge fremd in meinen Ohren. Eigentlich rauche ich nicht, aber es ist ein guter Weg, um Anschluss zu anderen zu knüpfen. Man fragt nach Feuer oder einer Zigarette, dann steht man zusammen und kommt so ins Gespräch.
Die Frau hat braune Haare, die in Wellen unter einer Kapuze hervorschauen und ist komplett schwarz gekleidet. Um ihren Hals glitzern viele Ketten. "Klar hier." sagt sie. Ihre Stimme ist leicht rauchig. Sie trägt viele silberne Ringe an ihren Fingern und ein Schwarz weißes Rosentattoo ziert ihren Handrücken. Meine Hand zittert leicht, als ich die Kippe nehme. "Komm her. Ich zünde sie dir an." sagt die Unbekannte jetzt und beugt sich zu mir vor. Die Glut wirft ein warmen Schimmer auf ihr Gesicht. Sie ist atemberaubend schön.  Instinktiv lehne ich mich ihr entgegen und zünde meine Zigarette an ihrer an. Dabei streift der Saum ihrer Kapuze meine Stirn und hinterlässt ein Kribbeln. Der Rauch kriecht träge in meine Lunge und ich puste ihn wieder raus. Es schmeckt absolut abartig, was finden bloß die Leute am rauchen. Eine Weile stehen wir einfach nur da und pusten weißen Qualm in Richtung Himmel. Die Typen sind anscheinend fertig, verabschieden sich bei uns und gehen wieder zurück in den Club. Jetzt sind es nur noch zwei. Ich beobachte, wie der weiße Rauch zwischen ihren vollen Lippen hervor quillt. Er steht im krassen Kontrast zu dem ganzen schwarz. Ihr Blick durchbohrt mich herausfordernd und mir wird ganz heiß. "Ich bin übrigens Ava." bringe ich sehr einfallsreich heraus. Keine Reaktion von ihr. Ohne den Blickkontakt zu brechen nimmt sie einen weiteren Zug. Verdammt sieht sie heiß dabei aus. "Freut mich. Liv." antwortet sie schließlich doch nach einer gefühlten Ewigkeit. Für was es wohl die Abkürzung ist? Die frische Luft hat meinen Blick wieder etwas geklärt und es dreht sich nicht mehr alles. Unschlüssig was ich tun soll stehe ich rum. Die Zigarette hab ich nach der Hälfte unauffällig weggeworfen. Es ist einfach zu ekelhaft. Liv schnippst nun auch ihren Stummel weg. "Willst du wieder mit rein und noch etwas trinken?" fragt sie. Etwas an der Art wie sie spricht macht mich ganz nervös. Ich merke, dass ich langsam müde werde. Außerdem will ich echt nicht noch mehr trinken, aber das will ich so nicht sagen. Fuck, ich denke schon viel zu lange nach. "Weißt du was? Ich hab eine bessere Idee. Komm mit." ohne sich umzudrehen läuft sie los und ich dackel ihr hilflos hinterher. Schnell schreibe ich meinen Freunden eine Nachricht, dass ich ohne sie gegangen bin. Wir schweigen auf dem Weg und ich hab mittlerweile schon die Orientierung verloren. Aber ich habe keine Angst. Im Gegenteil etwas an Liv fesselt mich. Die Art wie sie sich bewegt und wie sie mich anschaut. Alles an ihr wirkt intensiv und dennoch umgibt sie eine Dunkelheit die mich nicht loslässt. Was für eine schöne Nacht. Das Wummern, des Clubs wird leiser bis es schließlich ganz verschwindet. Meine Ohren klingeln noch leicht nach. Nach circa 15 Minuten biegen wir um eine Ecke und prompt laufe ich in sie rein. "Nicht so stürmisch." haucht sie und dennoch liegt etwas herausforderndes in ihrer Stimme. Ich merke, dass ich rot werde und bin froh, dass sie es im Schutz der Dunkelheit nicht sieht. Wir stehen vor einer unscheinbar aussehenden Holztüre, die sie jetzt aufdrückt. Ich folge ihr einfach. Den Gedanken, dass sie mich auch ausrauben oder schlimmeres könnte, schiebe ich beiseite. Die Müdigkeit von vorhin ist wie weggeblasen. Unsere Schritte hallen durch das Treppenhaus und ich erkenne im schummrigen Licht, Livs Umriss. Es riecht nach altem Gemäuer, aber irgendwie hat es etwas beruhigendes.
Endlich, nach ich weiß nicht wie vielen Stufen, stehen wir vor einer schweren Metalltür, gegen die sie sich jetzt schmeißt. Knarzend schwingt sie auf. Dahinter erkenne ich den schwarzen Nachthimmel. Wir betreten das Dach des Gebäudes, während hinter uns die Tür mit einem leisen Klicken ins Schloss fällt. Wind umspielt mich und ich schließe genießerisch die Augen. Liv geht bis vor zum Rand und setzt sich hin. Wie von alleine folgen ihr meine Beine und ich lasse mich neben sie fallen. Die Stadt unter uns sieht atemberaubend aus. Mit all den Lichtern scheint sie trotz der späten Stunde noch nicht zu schlafen. "Ich liebe es hier oben. Hier werden meine Gedanken ganz ruhig." sagt Liv plötzlich und sie zündet sich eine neue Zigarette an. Ich nicke und verstehe sofort was sie meint. Hier oben ist es so still und friedlich, dass die Gedanken nachziehen. "Erzähl mir etwas über dich Ava." fährt sie fort. "Naja ich bin 23 Jahre alt und bin hier geboren und aufgewachsen-" "Ich meine nicht die Wikipedia Seite. Ich will wissen, wie es in dir aussieht. Etwas das sonst keiner über dich weiß." unterbricht sie mich und ein leichtes Lächeln umspielt ihre Lippen. Bei jedem anderen hätte mich das ins Wort fallen gestört, aber nicht bei ihr. Kurz denke ich nach. "Ich weiß nicht. Ich habe manchmal das Gefühl etwas in meinem Leben zu verpassen. Ich meine versteh mich nicht falsch, meine Eltern tun alles für mich und ich habe sehr coole Dinge erlebt, aber irgendwie fehlt mir das gewisse Etwas. Keine Ahnung." meine Stimme bricht ab und ich bin von meiner Ehrlichkeit überrascht. Ich meine ich kenne sie erst seit einer Stunde und habe ihr mehr erzählt, als den meisten nach 3 Jahren. Aber manchmal kann man sich Fremden besser anvertrauen als Freunden. Liv steht plötzlich auf und hält mir die Hand hin. "Lass mich dir helfen." sagt sie und zieht mich hoch. "Was meinst du?" ihr Blick ist so intensiv, als würde sie direkt in meine Seele schauen. "Lass mich dein etwas sein." haucht sie.

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