Kapitel 6

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Ich habe jetzt zwar ihre Nummer, aber habe gar keine Ahnung wie ich sie anschreiben soll.
Ich starre das Display vor mir an, bis es wieder dunkel wird und ich es neu anmachen muss. Aber in meinem Kopf ist nur gähnende Leere.
Ich stippe ein Hey ein, aber schicke es nicht ab. Warum sollte ich ihr nur Hey schreiben? Soll ich vielleicht nach einem Treffen fragen?

Hey. Ich würde dich gerne wiedersehen. Hast du morgen spontan Zeit?

Mein Finger schwebt über dem Senden Button. Okay jetzt oder nie. Ich atme einmal tief aus und dann drücke ich senden. Als hätte ich mich daran verbrannt, werfe ich mein Handy weg von mir und gerate in Panik.
Was sie wohl antwortet? Ob sie überhaupt reagiert? Oh man, was wenn nicht, wie peinlich ist das denn dann bitte??
Okay tief ein atmen, sie wirkte auch an mir interessiert, also so schlimm kann es ja wohl nicht sein.
Ein Ping verrät mir den Eingang einer neuen Nachricht. Mein Herz rast und mein Magen schlägt salti, als ich das Handy hoch hebe.

Klar komm morgen um 20 Uhr zum Fitness Center.

Mein Herz rast und eine Welle des Glücks durchflutet mich wie tausend kleine Schmetterlinge. Es ist so heiß, wenn sie mysteriös ist und nicht sagt was wir machen, oder wohin wir gehen.
Ich schwebe runter in die Küche, wo meine Mutter schon verärgert wartet. Oh nein den Blick kenne ich.
"Junge Dame wir müssen uns ernsthaft unterhalten." Fuck. Ich setze mich aufs Sofa und versuche nicht all zu gereizt zu sein. "Ich sehe große Gefahr für dein Studium, so wie du dich im Moment aufführst. Du hast Hausarrest. Du wirst jeden Tag mindestens 4 Stunden lernen, ich kontrolliere es. Du darfst dir deine Zukunft nicht verbauen indem du mit den Gedanken die ganze Zeit woanders bist." Ich denke an Liv und spüre plötzlich gleisende Wut in mir. Meine Mutter spricht ruhig, aber es schwingt ein Knurren in ihrer Stimme mit, welches die Ernsthaftigkeit ihrer Worte unterstreicht.
"Du kannst mich nicht einsperren." mein Körper bebt vor Zorn und ich versuche mit aller Macht mich zurück zu halten, als meine Mutter über das Ziel hinaus schießt. Ihre Hand trifft meine Wange und hinterlässt dort einen glühenden Abdruck. Geschockt fahre ich über die prickelnde Stelle.
"SIEH DICH DOCH MAL AN. DU BRODELST JA FAST. DU BIST VOLLKOMMEN AUßER KONTROLLE." schreit sie mich an, während etwas in mir zerbricht. Meine Mutter hat mich schon tausend mal angeschrien, aber noch nie ist sie handgreiflich geworden. Wortlos und mit einem dicken Kloß im Hals stehe ich auf.         "Wo willst du hin? " fragt sie und es klingt höhnisch. Meine Augen brennen. "Weg. Egal wohin. Selbst unter der Brücke ist es besser als hier." Schleudere ich ihr entgegen. "Da wirst du so oder so landen, wenn du so weiter machst." sagt sie. Ihre Augen funkeln boshaft. Sie war schon immer so. Sobald man nicht spurt, war man abgeschrieben bis man es wieder tut. Die Treppe verschwimmt vor meinen Augen und ich renne in mein Zimmer. Ich bin so wütend, dass mir schwarz vor Augen wird und ich schlage gegen die Tür. Na super, zu meiner brennenden Wange gesellt sich nun ein fröhliches Pochen in meinem Handgelenk. Ich wische die Tränen, die unaufhaltsam über meine Wangen laufen weg und reiße meinen Rucksack aus dem Schrank. Wahllos stopfe ich Klamotten und frische Unterwäsche hinein. Ich nehme mein Ladekabel und blicke ein letztes mal zurück. Es tut weh zu gehen, aber noch mehr zu bleiben. Ich will endlich mal frei sein und tun was ich will.
Ich knalle die Haustüre zu und renne nach draußen. Die frische Luft klärt meinen Verstand wieder etwas und mein Zorn verraucht. Draußen wird es bereits dunkel. Meine Hand zittert, als ich mein Handy raushole und Livs Kontakt öffne. Mein Finger schwebt über dem grünen Anruf icon. Kennen wir uns wirklich so gut, dass ich sie bitten kann eine Weile bei ihr zu wohnen? Ich habe eigentlich keine andere Wahl. Zu meinen anderen Freunden will ich nicht. Sie würden es eh nicht verstehen. "Hallo?" schallt es plötzlich aus dem Handy. Fuck Ich habe anscheinend doch auf anrufen getippt. "Äh ja. Hi." Wow sehr geistreich. Kurze Stille am anderen Ende. "Ava? Was ist los? Du klingst aufgewühlt." Wie konnte sie es anhand der drei Worte bemerken? "Ich, äh, kann ich eventuell für eine Weile bei euch wohnen? Ich bezahle natürlich auch Miete." ich halte die Luft an. "Ja klar. Ich schicke dir die Adresse." und aufgelegt. Ich atme die angehaltene Luft wieder aus und starre auf das Display, bis eine Adresse darauf auftaucht. Es ist ein gutes Stück, aber laufen wird mir jetzt gut tun.
Als ich ankomme tun mir die Füße weh, aber ich bin wenigstens etwas runter gekommen.
Liv öffnet die Tür und ich versuche nicht all zu außer Atem zu wirken. Sie sieht absolut heiß und wunderschön aus. Sie hat eine schwarze Brille auf und die Haare zu einem unordentlich Dutt hochgebunden. Eine schwarze Jogginghose und ein bauchfreies Oberteil sind der Gipfel des Ganzen. Wie kann jemand sogar in Gammelsachen noch so gut aussehen. Mir fällt auf, dass ich starre, als ich ein neckisches funkeln in ihren Augen sehe. "Komm doch rein, wenn du fertig gestarrt hast." sagt sie und ich merke das ich rot werde. Ganz toll. Ich schiebe mich an ihr vorbei und versuche peinlichst genau nicht sie oder ihre Brüste zu streifen. In der Wohnung ist es schummrig und es riecht nach Gras. Ich lasse den Blick schweifen. Es ist überraschend gemütlich. "Meine Mitbewohner sind..... Naja sagen wir unterwegs. Wir sind also alleine." haucht sie und ich erschrecke, als ich merke wie nah sie an mir steht. Ich will gar nicht wissen wo die anderen sind ich bin nur froh, dass sie weg sind. Oder? Ich stelle meine Tasche hin und komme mir etwas verloren vor. "Möchtest du etwas trinken?" Ich nicke, da mein Mund staubtrocken ist. Sie verschwindet hinter einer kleinen Kochinsel und kommt mit zwei Gläsern wieder zum Vorschein. Die Küche ist schwarz genauso wie der ganze Rest der Einrichtung. Aber es wirkt nicht traurig. Im Gegenteil die ganzen bunten Bilder an der Wand im Kontrast zu dem Schwarz, verleihen der Wohnung etwas rebellisches. Es passt zu Liv. Sie drückt mir ein Glas in die Hand und nimmt meinen Rucksack. "Komm ich zeig dir unser Zimmer." UNSER. Sie hat unser Zimmer gesagt. Mein Herz rast bei dem Gedanken so etwas mit Liv zu teilen. Wir gehen ans Ende des Flurs wo sie eine Tür aufstößt. Auch hier sind die Möbel schwarz. Eine kleines Sofa und ein Fernseher stehen im Raum. Hinten in der Ecke baumelt ein Boxsack. Einen Schreibtisch sehe ich nirgendwo. Das Bett ist riesig und sieht sehr bequem aus. Ich versuche mir nicht all zu bildlich vorzustellen wie Liv mich in die Matratze drückt und ihre Lippen immer weiter runter... Großer Gott. "Hau dich hin wo du willst." sagt Liv und legt sich ins Bett. Da ist es wieder dieses Funkeln in den Augen als würden sie sagen: Na los trau dich. Ich nehme meinen Mut zusammen und lege mich zu ihr. Ich sinke in die Matratze ein und ihr Geruch hüllt mich wie eine Decke ein. Wir liegen sehr nah aneinander, ich kann ihren Atem auf meinen Lippen fühlen. "Willst du noch etwas schauen?" fragt Liv. Ihre Augen sind dunkler als vorher und ihre Stimme leicht kratzig. Ich nicke, unfähig zu sprechen. "Gut. Was hältst du von Horrorfilmen?" Ich überlege. Nicht mein Lieblingsgenre aber es gibt schlimmeres. "Klingt gut." sage ich und Liv steht auf. Ihr Hintern zeichnet sich deutlich unter dem Stoff der Hose ab, als sie sich über den Fernseher beugt um den Strom anzuschalten. Angestrengt starre ich die Decke an. Ich merke wie die Matratze nachgibt, als sie wieder neben mich krabbelt. Ehe ich etwas tun kann bin ich der kleine Löffel. Ihre Brüste schmiegen sich an meinen Rücken und mein Po drückt gegen ihre Mitte. Das ziehen in meinem Unterleib ist fast schmerzhaft. Ihr Atem streift meinen Nacken und meine Wirbelsäule scheint in Flammen zu stehen. Ich weiß nicht mal wie der Film hieß, den sie angemacht hat, aber er war ganz okay. Soweit ich mich erinnere. Der Film ist aus und plötzlich ist der Raum dunkel. Die Luft knistert und die Spannung ist erdrückend. Ich merke wie Liv sich hinlegt und ihre Wärme fehlt an meinem Rücken. Ich lege mich auch anders hin. Ich will mehr über Liv erfahren. Ich will wissen was hinter dieser wunderschönen mysteriösen Frau steckt. "Liv?" frage ich leise und erschrecke fast zu Tode, als ich plötzlich ihre Hand an meinem Bauch spüre.

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