Mein ganzer Körper verspannt sich. Ihre Finger brennen ein Loch in mein Shirt und versengen die Haut darunter gleich mit.
"Willst du mir erzählen was passiert ist?" ihre Stimme ist ein Flüstern und klingt sanft.
"Naja. Meine Mutter wollte mich einsperren, damit ich mehr für die Uni mache... Da bin ich ausgerastet und gegangen. Ich fühle mich frei. Mein Leben lang war ich auf der Suche nach dem gewissen Etwas. Einem Kick und den werde ich nicht finden, wenn ich weiter in der Uni vesauere. Es macht mich einfach nicht glücklich." Liv legt sich auf die Seite. "Ganz schön viel Druck, der da auf dir lastet. Du hast also als Person keine Aufmerksamkeit bekommen. Du hast sie immer nur.. -" "-über Leistungen erhalten. Sie haben nie mich gesehen, sondern immer nur Zahlen und einen Durchschnitt." "Du bist so viel mehr als das. Du bist einfach-" ihre Stimme bricht. "Damals als meine Eltern mich weggegeben haben... Ich habe auch nie die Aufmerksamkeit meiner Pflegeeltern bekommen. Sie haben alles was mich betraf ignoriert und mich nur unter ihrem Dach geduldet.... Wir, ach fuck, wir werden unseren Platz noch finden." endet sie. Ihre Stimme zittert leicht und ich merke wie nah ihr das Thema geht. Ich nehme ihre Hand. Sie fühlt sich warm an und kleine Blitze scheinen um uns herum zu schwirren. "Es tut mir leid, dass du so eine schwere Kindheit hattest. Wie bist du damit umgegangen? Ich meine weggerannt sind wir beide, aber du warst ja deutlich jünger als ich jetzt." "Naja. Ich war wütend. Quasi die ganze Zeit und überall. Das habe ich dann durch das Kickboxen kompensiert. Eine Zeit lang habe ich viel scheiße gebaut. Von Autos knacken bishin zu Massenschlägereien, war alles dabei. Ich... Ich war wütend auf die ganze Welt und-" Ihre Stimme bricht und ich merke, dass sie versucht nicht zu weinen. "Ich habe so viele Menschen verletzt..." sie schluchzt. Ich nehme sie ohne nachzudenken in den Arm.
Ich sage nichts sondern halte sie einfach nur. Ich weiß, dass es ihr unangenehm ist, also sage ich nichts. Irgendwann wird sie wieder ruhiger. Ich lege meine Wange auf ihren Scheitel und fahre mit meinen Fingern über ihren Rücken. Sie hinterlässt eine nasse Spur auf meinem Oberteil. "Ich weine eigentlich nicht. Ich.. Ich weiß auch nicht was das grade war." "Alles gut, vor mir muss dir nichts peinlich sein." "Danke." flüstert sie. Die Luft zwischen unseren Lippen knistert, sie ist keine 3 Zentimeter von mir entfernt. Aber ich will ihren Moment, in dem sie sich so verletzlich gezeigt hat, nicht ausnutzen. "Gute Nacht, Liv." Hauche ich und lege mich bequemer hin. "Gute Nacht." Ihr Kopf bleibt auf meiner Brust und mein Arm um sie geschlungen. Und so schlafen wir ein.
Die Sonne scheint durch das Fenster und weckt mich dadurch. Verschlafen blinzle ich und muss unwillkürlich lächeln, als ich Liv neben mir sehe. Ihre Haare sind wie ein brauner Fächer um sie herum verteilt und ihre Gesichtszüge sind entspannt. Auf ihrer Wange liegt eine einzelne Wimper. Mein Blick bleibt schließlich an den vollen rosa Lippen hängen. Wie gerne würde ich mich jetzt über sie beugen und sie wach küssen. Ich widerstehe dem Drang. Sie grummelt und dreht sich zu mir. Blinzelnd öffnet sie ihre Augen. "Morgen." ihre Stimme ist rau und sofort merke ich einen Schauer durch meinen Körper laufen. "Bist du schon lange wach?" fragt sie und reibt sich die Augen. "Nein." sie nickt zufrieden.
Langsam schälen wir uns aus dem Bett und machen Frühstück. Über gestern verlieren wir kein Wort. Ich weiß nicht was ich sagen soll und Liv verhält sich so wie immer. Es gibt Bacon, Ei und dazu Toast. Gierig schlinge ich alles in mich rein. Liv sieht mir belustigt zu. "Meine Eltern haben mich nie Bacon essen lassen, wegen des fettgehaltes und weil ich ja viel Sport gemacht habe." nuschel ich mit vollem Mund. "Na wenn das so ist." sagt sie und macht nochmal eine Portion.
Nach einer halben Stunde sitze ich satt und zufrieden auf Livs Sofa. "Heute Abend haben wir was vor." sagt sie und ich drehe mich reflexartig um, nur um dann zu erstarren. Sie hat noch nasse Haare und auf ihrem Schlüsselbein glitzern silberne Tropfen. Das Handtuch, welches sie um sich gewickelt hat, ist winzig und mir schießt die Röte ins Gesicht. "Wohin gehen wir denn?" frage ich und wende mich wieder ab. "Sag ich dir nicht." sie grinst frech und geht in ihr Zimmer, wahrscheinlich will sie sich anziehen.
"Was machen wir bis dahin?" rufe ich. "Worauf hast du Lust?" ich zucke zusammen, denn sie steht direkt hinter mir. "Lass uns zusammen raus gehen." antworte ich und sie nickt. Seite an Seite schlendern wir die Straße entlang.
Viele Menschen kommen uns entgegen, aber niemand nimmt Notiz von uns. Unsere Hände berühren sich immer wieder fast wie zufällig und ein angenehmes Prickeln läuft über meinen Arm. "Komm mit." sagt Liv plötzlich und zieht mich hinter sich her an das Ufer des Flusses, welcher sich träge durch die Stadt schlängelt. Hier sind wenige Leute und es ist friedlicher. Nicht so hektisch und überlaufen. Wir setzen uns auf einen großen Stein am Ufer. Liv zündet sich eine Zigarette an und pustet weißen Rauch in den Himmel. "Hast du Angst vor dem Tod?" fragt sie mich so unvermittelt, dass ich zusammen zucke. Schwierige Frage. "Naja eigentlich nicht. Eher davor wie ich sterbe. Und vor dem Tod von geliebten Menschen." sie nickt nachdenklich und zieht an der Zigarette. "Ja ich hab keine Angst wenn ich daran denke, aber der Gedanke vorher ewig ans Bett gefesselt zu sein und krank vor mich hin zu vegetieren jagt mir echt Angst ein." Ich nicke, denn ich weiß genau wie sie es meint. "Wie kommst du darauf?" frage ich vorsichtig. Sie dreht sich mir zu und zuckt mit den Schultern. "Ich will einfach alles über dich wissen." Mein Herz gerät ins stolpern. Ihr Blick hängt an meinen Lippen und ich kann meinen ebenfalls nicht abwenden. Die Luft knistert zwischen uns. Alles in mir schreit danach sie an mich zu ziehen und sie zu küssen. "Du bist irgendwie anders." flüstert sie und streicht mir eine verirrte Strähne aus dem Gesicht. Ihr Daumen fährt über meine Unterlippe und ihre Hand ruht auf meiner Wange. Die Stelle fühlt sich angenehm warm an und meine Lippen prickeln. Mein Mund ist wie ausgetrocknet. Ich weiß nicht was ich sagen soll, mein Hirn ist wie leer gefegt. Dann ist der Moment vorbei. "Lass uns gehen. Ich muss mich noch fertig machen." meine Knie sind butter weich, als ich aufstehe und ihr Folge. "Fertig wofür?" frage ich und hole sie ein. "Wirst du dann sehen." antwortet sie und zwinkert mir zu. Die verletzliche Liv von eben ist weg und wurde wieder durch die flirty Version ersetzt, aber diese bringt mich nicht weniger aus der Fassung, sie wirkt nur weniger nahbar.
Gemeinsam gehen wir zurück.

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Adrenaline
RomanceAva ist eigentlich ein ganz normales Mädchen mit einem normalen Leben. Dies ändert sich aber schlagartig, als sie eines Nachts auf Liv trifft. Sie ist von Beginn an ein Rätsel, welches Ava aber unbedingt lösen möchte. Gemeinsam begeben sie sich au...