Kapitel 19

62 3 0
                                    

Ich träume von dunklen Schatten und glitzernden Uhren. Mein Herz rast und ich renne ohne Pause durch meine Traumwelt. Je weiter ich komme, desto finsterer wird es. Ich schreie aber niemand hört mich. Ich bin komplett alleine. Ich höre wirre Stimmen und versuche sie zu verstehen, aber ohne Erfolg. Ich stolpere und wäre eigentlich hingefallen aber Livs Wecker reißt mich aus dem Alptraum. Ich schlage die Augen sofort auf. Ich bin komplett nass geschwitzt und zittere. "Was ist los babe?" fragt Liv. Ihre Stimme ist rau und ihr Gesicht zerknittert trotzdem sieht sie wunderschön aus und mir geht es direkt ein bisschen besser. "Ich habe schlecht geträumt." murmel ich. "Willst du darüber reden?" fragt sie und streicht mir verschwitzte Strähnen aus der Stirn. "Nicht wirklich." ich weiß nicht was das zu bedeuten hatte. "Okay wenn doch kannst du immer zu mir kommen." sagt sie und küsst mich schnell bevor sie sich aus dem Bett schält. "Ich muss zur Uni, Babe." schnell zieht sie sich an. "Was machst du heute?" fragt sie und setzt sich auf die Bettkante. "Ich muss in die Stadt etwas erledigen. Zeigst du mir dann mal ein paar deiner Kunstwerke?" frage ich. Sie sieht plötzlich schüchtern aus. "Ähm ja gerne. Wenn es dich wirklich interessiert komm doch heute zur Uni hoch, dann zeig ich dir alles." "Alles klar. Bis dann." wir küssen uns erst kurz zum Abschied. Doch meine Gefühle überwältigen mich und ich intensiviere den Kuss. Sie zieht mich an der Hüfte an sich. Atemlos lösen wir uns voneinander. "Ich muss jetzt gehen. Sonst bleibe ich den Rest des Tages mit dir im Bett." keucht sie und bringt etwas Abstand zwischen uns. "Könnte mir schlimmeres vorstellen." sage ich grinsend. Sie rollt mit den Augen und geht lachend zur Tür. "Bis später, Engel." Die Tür fällt mit einem leisen Klick ins Schloss. Mein Glücksgefühl von eben ist verschwunden. Ich muss die Uhr heute verkaufen. Ich zermatere mir mein Hirn wo ich hingehe und was ich den Käufern dort sage. Wie ein Roboter zieh ich mir gescheite Klamotten an. Ich betrachte mich im Spiegel. Ich bin etwas blass. Auch wenn ich es bin, bin ich es nicht. Ich verscheuche die Angst, die in meiner Brust aufsteigt und gehe los. Ein Kumpel von Liv hat mal nebenbei erzählt, dass es einen Typen gibt, der geklaute Sachen weiter vertickt. Ich habe möglichst beiläufig gefragt, wo man ihn findet. Livs Kumpel hat nur gelacht und gesagt "Süße er findet dich." eine gruselige Aussage, die sich aber bald als wahr herausstellen sollte. Ich klappere Juweliere ab jedoch kaufen sie alle keine Uhren, die nicht mehr original verpackt sind. Nach dem 4. Laden bin ich so frustriert, dass ich kurz davor bin aufzugeben. Als ich jemanden sehe. Er beobachtet mich und gibt mir mit einer Geste zu verstehen, dass ich ihm folgen soll. Mein Herz rast und ein mulmiges Gefühl steigt in meiner Brust auf. Trotzdem folge ich dem Unbekannten. Er führt mich in eine kleine Seitengasse. Na super so fangen Thriller an in denen die weibliche Protagonistin zuerst stirbt. "Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass du eine Uhr los werden willst." seine Augen sind schwarz und seelenlos. Ich sehe nicht einen Funken wärme in ihnen. Zögerlich nicke ich. "Dann zeig mal her das Gute Stück." meine Hand zittert ein wenig, als ich ihn die Uhr hinhalte. Er hebt anerkennend eine Augenbraue. "Wie bist du denn an so eine gekommen?" "Ich äh naja..." druckse ich herum aber er hebt die Hand und bringt mich prompt zum Schweigen. "Es interessiert mich nicht. Was mich interessiert ist: Hast du Lust für mich zu arbeiten? Kleine Jobs, die aber viel Geld bringen." ich zögere. "Ich will eigentlich nur die Uhr verkaufen...." zu meiner Überraschung hebt er beschwichtigend die Hände. "Alles gut melde dich wenn du es dir anders überlegst. Für die Uhr kann ich dir 200 Dollar geben." mein Herz sinkt in die Hose. "Nur 200 Dollar? Aber es ist eine Rolex." er legt den Kopf in den Nacken und lacht. "Du musst noch sehr viel lernen. Es ist eine Fälschung. Eine verdammt gute aber trotzdem eine Fälschung." na super. Wut überkommt mich. All der Nervenkitzel und die Angst waren umsonst gewesen. Trotzdem es sind 200 Dollar. "Ich nehme es." was bleibt mir schon anderes übrig. Er grinst selbstgefällig. Die Uhr gleitet in seine Tasche und er reicht mir ein Bündel Geld. "Freut mich Geschäfte mit dir zu machen." er bleckt seine Zähne zu einem Lächeln. "Ruf an wenn du irgendwann reich sein willst." ich nehme die Karte und stecke sie ein. Wer weiß was noch kommt. Ich drehe mich um und will noch einmal zurück blicken aber der Typ ist verschwunden. Sehr seltsam. Mein Ärger über die gefälschte Uhr löst sich langsam in Rauch auf. Gut gelaunt mache ich mich auf den Weg zu Livs Uni. Die Suche nach einem Käufer hat doch mehr Zeit beansprucht als angenommen.
Die Uni besteht aus mehreren riesigen Gebäuden aus weißen Stein. Es sieht sehr Edel und Nobel aus. Ich verrenke mir fast den Hals als ich jeden Zentimeter anschauen will. Und dann sehe ich sie. Mein herz macht einen Hüpfer und als hätten wir es einstudiert lächelt sie von einer Seite zur anderen als sie mich sieht. Ich werde schneller und werfe mich in ihre Arme. Wir haben uns nur ein paar Stunden nicht gesehen, aber es kam mir so viel länger vor.
"Hey, baby. Na wie war dein Tag." murmelt sie an meinem Ansatz. "Ganz okay. Und deiner?" "Sehr gut ich habe mein eines Bild endlich fertig gestellt. Willst du es sehen?" fragt sie. "Natürlich." sage ich und hüpfe aufgeregt auf und ab. Sie lächelt und nimmt meine Hand. Sie erzählt mir zu jedem Gebäude ein bisschen was aber meine gesamte Aufmerksamkeit liegt nur bei ihr. Sie ist so wunderschön. Sie trägt einen schwarzen Hoodie und dazu die passende Jogginghose. Ihre braunen Haare fallen ihr beim Reden ins Gesicht und ihre Augen leuchten in der Sonne. Sie zündet sich eine Zigarette an und hält mir auch eine hin, die ich jedoch dankend ablehne. Wir betreten ein Gebäude und eine bedächtige Stille legt sich über uns. "Wow." Ich drehe mich im Kreis, um die Kunstwerke, die Wand und Decke verzieren zu betrachten. "Schön was?" fragt Liv und zieht mich sanft weiter. "Hier ist unser Zimmer. Meine Bilder sind in meinem Schrank." sie wirkt plötzlich nervös, als sie die Bilder holt. "Du darfst aber nicht lachen." sagt sie streng und ich nicke eifrig. Zögernd legt sie mir ihre Mappe hin. Oder viel mehr ihre Seele.

AdrenalineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt