Kapitel 28

62 3 3
                                    

⚠️TW: SCHULD, TOD EINES GELIEBTEN MENSCHEN, Suizid versuch, Depressionen, Tod⚠️

Ihr Körper fällt wie in Zeitlupe zu Boden ihr Blick ist auf einen Punkt weit in der Ferne gerichtet. Ich Strecke meine Hand aus aber sie gleitet vorbei. Das Blut rauscht in meinen Ohren und meine Sicht verschwimmt. Nein. Das darf nicht wahr sein. Ich gehe zu ihr und suche nach einem Puls. Ich finde ihn nicht. Heiße Tränen rinnen mein Gesicht entlang. Mein Herz droht vor Schmerz zu zerplatzen. "Liv?" Ich rüttel sie an der Schulter, aber ihr Körper bleibt schlaff und ihr Blick starr. Ich lege meinen Kopf auf ihre Brust und Weine. Heftige Schluchzer rütteln mich und meine Tränen vermischen sich mit ihrem Blut. Alles meine Schuld. Hätte ich sie nur nie dazu überredet. Hass auf mich selbst durchflutet mich. Hass darauf, dass ich mich nicht einmal von ihr verabschieden konnte. Ich nehme ihre Waffe und richte mich auf. Ich werde wenigstens ein Paar Polizisten mit nehmen. Ich schieße auf die Gegenseite und treffe einen Cop an der Schulter. Ich bin leer und mein Körper funktioniert wie ein Roboter. Ich richte meine Waffe auf den nächsten, bevor dieser reagieren kann. Ich treffe ihn im Bauch. Blut spritz aus seinem Mund auf den weißen Boden, aber es ist mir egal. Mir ist alles egal. Ich bin gefangen in einer Welt aus Schmerz und Schuld und niemand wird mir helfen können. Ich spüre das kalte Eisen an meiner Schläfe. Es beruhigt mich paradoxer Weise. Ich sehe auf ihren leblosen Körper und auf ihren Ring an meinem Finger. "Bis zum Tod und noch viel weiter." murmel ich und drücke ab.
Das Klicken eines leeren Magazins ertönt in meinem Ohr. Anscheind habe ich meine letzte Kugel an einen Polizisten verloren. Ich schreie und werfe die Waffe weg, als ich einen brennenden Schmerz in meiner Brust fühle. Einer der Polizisten hat auf mich geschossen. Ich sacke zu Boden und außer dem grässlichen Schmerz gibt es nichts mehr um mich herum. Doch der körperliche Schmerz kann den seelischen nicht überbieten. Ich liege in einer immer größer werdenden Pfütze meines Blutes. Der Schusswechsel ist vorbei und ich sehe, wie ein paar Männer in weißen Anzügen rein kommen und die Leichen bergen. Sie heben Liv auf, um sie wegzubringen. In meinem Kopf Schrei ich sie an, sie liegen zu lassen, aber es kommt nur ein heißer es stöhnen raus. Mein Sichtfeld verschwimmt langsam, das Letzte was ich sehe sind die Männer wie sie mich aufheben.

Ich öffne die Augen. Viele Schläuche hängen aus meinem Arm und ich höre ein stetiges piepen um mich herum. Langsam versuche ich mich aufzurichten, aber Handschellen halten mich davon ab. Ohne das ich sie aufhalten kann laufen Tränen über meine Wangen. Liv. Vor meinem inneren Auge sehe ich, wie sie zu Boden sinkt. Der Schmerz ist so mächtig, dass ich kaum dagegen ankomme. Meine Brust ist fest einbandagiert und tut bei jedem Schluchtzer höllisch weh. Was mich aber natürlich nicht davon abhält. Irgendwann kommen keine Tränen mehr und ich liege im Bett und starre ins Leere. Ärzte wuseln um mich herum. Polizisten wollen mit mir reden. Aber ich sage kein einziges Wort. Es ist als hätte meine Seele den Körper verlassen, um den Schmerz nicht mehr fühlen zu müssen. Zurück bleibt eine leere Hülle.
Es geht Tage so weiter. Ich esse nichts und irgendwann muss ich künstlich ernährt werden, weil meine Werte so schlecht sind. Aber ich nehme nichts mehr war. Die Leere um mich herum verschluckt mich und ich blende alles aus.
Und eines Nachts ist es so weit. Ich wache auf und bekomme keine Luft. Egal wie sehr ich es versuche meine Lungen weiten sich nicht und mein Herz fühlt sich an, als würde es zerquetscht werden. Das Gerät neben mir piepst alarmierend, während ich krampfhaft versuche Luft zu holen. Die Handschellen spannen fest am gitter des Bettes und schneiden in meine Handgelenke ein. Der Rand meines Sichtfelds verfärbt sich langsam schwarz, als die Ärzte mit Helferinnen angestürmt kommen. Wie durch eine Außenstehende Person sehe ich, dass sie versuchen mich zu reanimieren. "Lasst mich. Ich will nicht wieder belebt werden." schreie ich, aber niemand scheint mich wahrzunehmen, geschweige denn mich zu sehen.
Eine andere Person zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Sie steht direkt neben meinem Gesicht und starrt es unendlich traurig an. "Liv?" ihr Kopf schnellt nach oben und ich sehe, dass sie weint. "Liv!" rufe ich und Strecke meine Hand wie damals in der Bank nach ihr aus, nur dass sie sie diesmal ergreift. Ein warmes friedliches Gefühl hüllt mich ein. Mein Blink fällt auf unsere Hände und den Ring an meinem Finger. Ihr Ring und das Zeichen unserer unendlichen Liebe, die sogar über den Tod hinaus ging.
Ein Arzt mit Klemmbrett in der Hand verkündet meinen Todeszeitpunkt.
Anscheinend hat die Kugel doch mehr beschädigt als gedacht und ein Gefäß ist nachträglich geplatzt.
Doch was sie alle nicht wissen ist, dass ich schon Tod war, bevor das Gefäß geplatzt ist.

AdrenalineWo Geschichten leben. Entdecke jetzt