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•J A Y D E N•

„Oh Jayden. Du hast etwas Besseres verdient als das", höre ich Bryce leise murmeln.

Ich weiß Bryce. Mittlerweile weiß ich es.
Und dennoch liebe ich Derek.

Erst als Bryce erneut mein Kinn hebt, bemerke ich, dass ich den Boden angestarrt habe. So spannend ist dieser nun wirklich nicht.
Bryce führt mich in sein Zimmer und schließt die Tür hinter uns. Ab und zu ertönen laute Stimmen aus Miles Zimmer.

Etwas hilflos stehe ich nun in Bryce' Zimmer, während er sich auf sein Bett setzt und dann neben sich klopft.
Ich sollte eigentlich nach Hause. Derek wird mich sowieso umbringen. Ich zögere es nur heraus.
"Jetzt komm schon, ich beiße nicht", ich höre den belustigten Unterton in seiner Stimme und sein Grinsen verrät so Einiges.

Widerwillig lasse ich mich neben ihm auf das Bett nieder, stütze meine Hände neben mir ab und starre auf die gegenüberliegende Wand.
Mir fällt auf, dass ich die Welt mittlerweile durch andere Augen sehe als früher. Früher war die Welt viel bunter und aufregender. Und jetzt ist sie schlicht geworden und irgendwie fühlt es sich an, als würde man nur noch vor sich hin leben, es aber nicht so genießen, wie man es eigentlich sollte. Man sollte sich frei fühlen und stattdessen spüre ich eine Last, die meine Schultern nach unten drückt. Genau definieren kann ich sie nicht.

"Er ist sauer, weil ich mit Lexi das Spiel geschaut habe, oder?", fragt Bryce nach einiger Zeit in die Stille hinein. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie er mein Seitenprofil genau zu beobachten scheint. Er wartet auf eine Reaktion.
"So kann man es sagen", antworte ich schließlich.
"Kann ich irgendetwas tun, dass er nicht dauernd so reagiert? Abgesehen davon, dass ich es nicht nachvollziehen kann", meint er schließlich.
Ich zucke mit den Schultern. "Da müsstest du schon komplett aus meinem und Lexis Leben verschwinden."
"Das will ich aber nicht. Weder aus deinem noch aus Lexis."

Es herrscht wieder Stille und jeder geht seinen Gedanken nach.

Es fällt mir schwer Bryce einzuschätzen. Manchmal wirkt er beinahe besorgt und manchmal benimmt er sich wieder wie ein Arsch. Ich glaube, er will einfach nicht, dass sein Ego ansatzweise etwas verrutscht.

Ich räuspere mich. "Ich sollte gehen."
Bryce nickt abwesend und spielt an seiner Bettdecke rum, während ich das Zimmer verlasse.

Was mich zu Hause erwartet…keine Ahnung.
Entweder Derek ist außer sich, oder er ist nichtmal da und tut so, als wäre es ihm egal. Im Endeffekt bin sowieso ich wieder an allem schuld und die größte Dramaqueen.

Als ich zu Hause ankomme, schlägt mir ein ekelhafter Geruch entgegen. Eine Mischung aus Alkohol und Schweiß. Pfui, was haben die hier bitte gestern noch getrieben? Vielleicht will ich das auch gar nicht wissen.
Ich luke durch die Wohnzimmertür. Ein Chaos erstreckt sich quer über den Boden. Ein Haufen aus Flaschen und leeren Chipstüten. Das kann Derek selbst aufräumen, wenn er denn mal irgendwann wach ist. Dieser liegt nämlich zusammengequetscht mit den restlichen Jungs auf dem Sofa und sabbert vor sich hin. Echt abartig.

Ich schließe leise die Tür, damit ich mich zumindest nicht mehr so verhalten muss, als wäre ich ein wandelnder Grashalm. Und dann fällt mir ein, dass ich heute arbeiten muss.
Hektisch schaue ich auf die Uhr, stelle aber mit Glück fest, dass ich noch etwa eine Stunde Zeit habe. In der kann ich entspannt duschen gehen und mich dann gemütlich auf den Weg machen. Hoffentlich ist heute nicht allzu viel los. Ich bin nämlich wirklich müde. Andererseits könnte gerne etwas mehr los sein, denn ich scheue mich vor dem Moment, wenn ich Derek alleine gegenübertrete.

Die Tatsache, dass Jordan gestern für mich eingestanden ist, wird ihn noch viel mehr verärgert haben, als er eh schon war. Ich wünschte, Lexi könnte ihm klarmachen, dass es ihre Sache ist, mit wem sie sich rumtreibt und er sich da nicht einzumischen hat. Ich meine, Bryce ist da vielleicht wirklich nicht die beste Wahl, aber vielleicht ist er ja total anders, wenn er bestimmte Gefühle für einen hegt. Wer weiß das schon?
Ich jedenfalls könnte mir nicht vorstellen, mit so einer Person zusammen zu sein. Je nachdem, wie es ihm gerade passt, ist er ein Arsch, oder nett.

Etwa eine Stunde später komme ich bei der Arbeit an. Die Besucheranzahl ist für die Tageszeit normal. Nicht zu viel, nicht zu wenig.
Ich löse einen meiner Kollegen ab und mache mich sofort daran die Spülmaschine auszuräumen.
"Hey"
Ich erschrecke etwas und stoße mir den Kopf an der Schranktür, die über mir geöffnet ist, da ich dort gerade Gläser am einräumen war.
Jordan sieht mich schuldbewusst an.
"Alles okay?", fragt er besorgt.
Ich denke, er spielt auf zwei Sachen an.
Erstens, auf die mit meinem Kopf und zweitens auf Derek. Ich denke, er möchte wissen, ob ich diesem schon über den Weg gelaufen bin.
"Alles okay. Er schläft noch. Zu Hause sieht es aus wie in dem größten Schweinestall und es stinkt abartig", meine ich und schüttle angeekelt den Kopf.
"Das kann ich mir bei der Bande durchaus vorstellen", meint er, bevor er kurz seinen Blick durch das Café schweifen lässt.
"Ich wollte mir eigentlich nur einen Kaffee Latte holen. Wusste gar nicht, dass du heute arbeiten musst."
Ich zucke mit den Schultern und beginne parallel seinen Kaffee zuzubereiten.
"Ist mir auch vorhin erst wieder eingefallen."
Er muss leicht lachen.
Doch dieses verschwindet schnell, als man von draußen quietschende Reifen hört, die um die Ecke in unsere Straße einbiegen.

Jordan schaut mich an und ich schaue ihn an. Wir wissen beide, wer das ist.
Kurz darauf betritt er auch schon den Laden. Gestylt wie immer, zieht er alle Blicke auf sich. Wie hat er das in der kurzen Zeit geschafft?
Er schreitet durch den Laden, stellt sich neben Jordan an die Theke und stützt sich dort mit dem Arm ab.
Dereks Blick fliegt erst über mich, bevor er zu Jordan geht, der sichtbar schluckt und den Boden plötzlich so interessant zu finden scheint.

Ich versuche stark zu sein, mich nicht von seinem Blick einschüchtern zu lassen. Mich betrifft keine Schuld, ich habe nichts getan. Er hat das Problem, nicht ich.
Doch meine Überzeugungskraft verschwindet mit seinem nächsten Satz nahezu ganz.

"Ich glaube, wir müssen reden."

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Wir wünschen euch ein frohes neues Jahr!

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