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Im Dorf aufzuwachsen, kann vieles bedeuten.Sicherheit, weil man alle kennt und einschätzen kann, zum Beispiel.
Verbundenheit, weil man keine andere Wahl hat als mit den Kindern aus der Nachbarschaft befreundet zu sein.
Kontrolle, weil man nichts tun kann, ohne dass alle es wissen und darüber urteilen. Leute, die nicht in das Bild der Durchschnittsgesellschaft passen, werden sofort als schlechter Umgang abgestempelt. Plötzlich kursieren Gerüchte, keiner will mehr was mit einem zu tun haben und man wird zum totalen Außenseiter.
Meine Geburt war eines der Dinge, die lange für Aufsehen gesorgt hat. Oder wohl eher die Tatsache, dass meine Mutter unverheiratet schwanger war.
Meine Großeltern wurden aus dem Gebetskreis, den die gegründet hatten wohlbemerkt, ausgeschlossen, weil sie ihre Tochter ‚zu einer Hure erzogen' hatten, meine Mutter war Gesprächsthema Nummer eins und ich die Personifizierung einer Sünde.
Noch während der Schwangerschaft ist mein Vater damals bei meinen Großeltern eingezogen. Er selbst kam aus Manhattan und hatte keine Ahnung wie es in ländlicheren Gegenden zugehen konnte. Alles, was er gewusst hat, war, dass das Mädchen, das er ausversehen bei einem One-Night-Stand geschwängert hat, nun nicht mehr auf dem Hof ihrer Eltern helfen durfte, weil es ihre Kondition nicht zuließ, und keiner der anderen Dorfbewohner sich dazu bereit erklärte einzuspringen.
Mein Vater schmiss also alles hin und zog aufs Land, um die Arbeiten meiner Mutter zu übernehmen. Er hatte meiner Mutter damals seine Nummer gegeben, weil sie ihm leidgetan hatte. Dass er ihr erstes Mal gewesen war, hatte er erst am Morgen danach erfahren. Um genau zu sein, nachdem er klargestellt hatte, dass er sich nicht einmal an ihren Namen erinnern konnte und die Nacht auch nicht gut genug gewesen war, dass er sich überhaupt daran erinnern würde.
Sie hatte ihn beschimpft, zum herzlosen Mistkerl erklärt und ihn dazu gezwungen, sie zumindest zum Bahnhof zu geleiten, damit sie sicher dort ankam.
Es war ihr erster Ausflug in eine Großstadt gewesen. Eigentlich hatte sie sich die Uni ansehen wollen. Ihre Eltern hatten sie gewarnt. Vor Bettlern, vor Dieben, vor Räubern, vor Vergewaltigern, vor Serienmördern. Nicht aber vor einem attraktiven Mechaniker, der eine unbeschreibliche Nacht mit ihr verbringen und sie dann eiskalt fallen lassen würde.
Mein Vater fuhr meine Mutter also zum Bahnhof. Er fragte sie nach ihrer Verbindung und erfuhr, dass sie sieben Stunden unterwegs sein würde, um zu dem Bus zu kommen, der sie in ihr Dorf bringen konnte.
„Du lebst ja in einer richtigen Einöde", stellte er fest.
Sie unterhielten sich über die Unterschiede zwischen dem Stadt- und Landleben und stellten massive Unterschiede in ihren Wertvorstellungen fest. Am Ende des Gesprächs gab mein Vater meiner Mutter seine Nummer und meinte, sie sollte kurz Bescheid geben, ob sie sicher in ihrem Stall angekommen sei. Es täte ihm leid, dass sie an einen Idioten wie ihn geraten war.
10 Wochen später rief sie ihn an und erzählte, dass sie schwanger war. Noch ahnte keiner etwas. Es sei es nicht zu spät abzutreiben. Sie könnten es vergessen und ihre Leben weiterleben. Aber, wenn sie das Kind, mich, bekam, dann wollte sie auf seine Unterstützung bauen können.
Noch am selben Tag ist er zu ihr geflogen, um das Gespräch von Angesicht zu Angesicht zu führen. Sie trafen sich im Dorf nebenan und unterhielten sich bis in die Nacht hinein.
Am Morgen hatten sie sich gemeinsam gegen die Abtreibung entschieden.
Mein Vater sicherte meine Mutter jede erdenkliche Unterstützung zu und fing zwei Monate später ein komplett neues Leben im letzten Dorf am Arsch von Kanada an.
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Real life
General FictionAlles hat seine Gründe. Jede Tat, jedes Wort, jeder Schlag. Davon ist Jayden fest überzeugt. Er glaubt an das Gute im Menschen, vor allem in Derek, seinem festen Freund. Seine Freunde sind anderer Meinung. Jay hält an einer Liebe fest, die so nicht...