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•J A C K S O N•

"Jacks, ist alles in Ordnung?"
Emma klopft gegen den Türrahmen, da die Tür zu meinem alten Zimmer offen steht. Mittlerweile ist es eine Art Gästezimmer geworden. Als würden meine Eltern dauernd Gäste empfangen. Völliger Schwachsinn.
Ich nehme es ihnen nicht übel, aber sie haben mir eben diese Ausrede aufgetischt.

Unser Verhältnis ist zwar wesentlich besser geworden, aber dennoch konnten sie was das angeht nicht ehrlich zu mir sein.

Emma betritt den Raum und legt ihre Hand auf meine Schulter und setzt sich dann neben mich auf die breite Fensterbank. Erst dann fällt mir auf, dass ich ihr immer noch nicht geantwortet habe.
"Es geht schon", meine ich, versuche mich an einem Lächeln, aber scheitere kläglich.
"Es ist wegen Miles oder?", hinterfragt sie, schaut mich aufmerksam mit ihren wachen Augen an.
"Nicht nur das", gebe ich ihr zu verstehen.

Miles dort auf dem Eis zu sehen. Völlig in seinem Element...
Fuck.
Auch wenn wir nicht gerade im Guten auseinandergegangen sind, was zum größten Teil an mir liegt, aber dass er wieder mit Nick zusammenkommt…Unglaublich. Da hätte ich anderes von ihm gedacht.

Und jetzt muss ich nachher zum Flughafen, damit wir endlich das Geschenk, welches wir Logan zum Geburtstag geschenkt haben einlösen können. Also dachte ich, ich könnte es mit einem Besuch in New York bei meinen Eltern verbinden. Emma habe ich auch das letzte Mal an ihrem Geburtstag gesehen. Eigentlich ist es eine Schande, dass wir uns so selten sehen.
Ich mache diese Reise nur aus einem Grund. Und zwar weil Logan mein bester Freund ist, nichts weiter.

Ich werde nett zu Miles sein, solange er nett zu mir ist. Das heißt ja nicht, dass wir Freunde werden müssen.

"Es geht um Carter. Es läuft gerade nicht mehr so gut. Seitdem er mit meinem Ex auf dieser Eisparty zusammengestoßen ist, ist er sauer, weil ich ihm verschwiegen habe, wer das ist und ihn generell nie vorher erwähnt habe. Irgendwie bekommt er sich nicht mehr ein, vertraut mir gar nicht mehr", erzähle ich ihr.

"Ich verstehe beide Seiten, weißt du? Auf der einen Seite fühlt Carter sich vermutlich so, als hättest du Miles aus irgendeinem Grund vor ihm verstecken wollen und auf der anderen Seite geht ihn das Vergangene nicht unbedingt etwas an", sie gibt sie Mühe die Worte so zu formen, dass sie weder die eine noch die andere Seite mehr begünstigen. Ich weiß, wie sie es meint.

"Emma! Jackson! Das Essen ist fertig!"
Unsere Mum ruft die Treppe nach oben.
Sie hatte mich zum Mittagessen eingeladen und ich habe es dankend angenommen. So kann ich Emma nochmal sehen, bevor wir in den Urlaub fliegen und ich bekomme zusätzlich noch eine Stärkung.

"Hey Dad", begrüße ich ihn und wir geben uns einen Faustschlag. Nie hätte ich gedacht, noch einmal so mit meinem Dad umgehen zu können. Immerhin hat er mich mal vor der Haustür zusammengeschlagen und mich aus der Wohnung geworfen.

Wie konnte ich ihm das überhaupt verzeihen?

Aber verzeihen ist etwas anderes als Vergessen.

"Und freust du dich schon?", fragt Dad und schaufelt sich danach ein großes Stück Burger in den Mund.
Mum wirft mir einen wissenden Blick zu. Natürlich weiß sie als Therapeutin sofort, wie es in mir aussieht, während Dad überhaupt nicht soweit denkt, dass etwas sein könnte. Aber vermutlich hat er alles, was damals passiert ist verdrängt oder vergessen.

Ich beschließe auf sein Spiel einzugehen.
"Ja auf jeden Fall. Das wird bestimmt super. Ich hoffe, dass es viel schneit".
Das zweite ist nichtmal gelogen. Das erste auch nicht unbedingt, aber mit wesentlich weniger Elan verbunden. Ich freue mich darauf Zeit mit Logan zu verbringen.

"Eigentlich hättet ihr Emma doch mitnehmen können", zwinkert mir Mum zu.
Schockiert sehe ich sie an, während Emma zu kichern beginnt.
"Damit sie die ganze Zeit mit Logan rumschlabbert? Auf gar keinen Fall. Das wird sowas von ein Männerurlaub", gebe ich zurück, obwohl ich natürlich weiß, dass es nur ein Scherz von Mum war.
"Ey, das stimmt gar nicht", wirft Emma ein und vor lauter Empörung fällt ihr eine Pommes von der Gabel.
"Nein, natürlich nicht Em. Tut mir leid", ich zwinkere ihr frech zu.
"Natürlich nicht. Emma ist doch unser Mauerblümchen. Sie ist nicht so wie du Jackson", mischt sich Dad schliesslich ein. Der völligen Überzeugung Emma und Logan würden beim Filmeschauen brav mit einem Meter Abstand nebeneinander sitzen und starr auf den Fernseher glotzen.
"Stille Gewässer sind bekanntlich tief Dad", gebe ich ihm zu verstehen und zucke mit den Schultern.
Dad zieht verwundert die Augenbrauen zusammen, während Mum sich bemühen muss nicht lauthals loszulachen. Emma versteckt ihr Gesicht hinter ihren Händen. Aber vor mir kann sie die Röte im Gesicht nicht verstecken.

Nach dem Essen verabschiede ich mich noch kurz von meinen Eltern und danach  unterhalte ich mich noch etwas mit Emma. Sie wünscht mir viel Spaß und sagt, ich soll versuchen das Beste draus zu machen.

Ein Taxi bringt mich zum Flughafen.

Soll ich in der Eingangshalle warten, oder bereits durch die Sicherheitskontrolle gehen?

Ich entschließe mich dazu in der Halle zu warten und setze mich auf eine der Bankreihen, nachdem ich mir an einem Automaten noch etwas zu trinken gekauft habe.

Kurz schreibe ich Logan eine Nachricht, in welcher Halle und wo ich mich dort genau befinde.
Am besten ich trinke die Flasche auf jeden Fall leer, da ich sie sonst sowieso vor der Sicherheitskontrolle wegschmeißen muss, nur um mir danach wieder was neues zu kaufen, was allerdings 5 Dollar teurer ist, als das davor.

Ich würde nicht sagen, dass ich Angst vor dem Fliegen habe, aber meine Lieblingsbeschäftigung ist es auch nicht, geschweige denn würde ich es nicht jeden Tag oder als öfters vorkommende Dienstreise machen wollen.
Es ist zwar irgendwie ein cooles Gefühl, aber irgendwie auch beängstigend. Es mag sein, dass ein Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel ist, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass der Boden kilometerweit entfernt ist. Außerdem ist es doch völlig abgefahren, dass so ein schweres Gefährt fliegen kann.
Deshalb bin ich immer froh, sobald das Flugzeug gelandet ist und ich wieder festen Boden unter den Füßen habe.

incandescencing

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