51. Neuanfang

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Flockenblume bewegte ihren Körper mit einer natürlichen Anmut über die Bühne

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Flockenblume bewegte ihren Körper mit einer natürlichen Anmut über die Bühne. Die Geräusche in der Tanzwurzel wurden immer leiser, als sich Kopf um Kopf nach vorne drehte. Bei jedem Schritt schwang das weite Kleid der Nyr zur Seite, bis sie schließlich stehen blieb und ihre Arme zur Seite ausbreitete.

Auch wenn Arin ihren Gesang erst einmal gehört hatte, richtete er sich auf.

»Dafür liebe ich Karpfentage«, brummte Trauermantel und stellte ihr Tablett auf den Tresen. Ihre blonden Haare waren zu einem lockeren Flechtzopf gebunden und hoben sich deutlich vor der schwarzen Kleidung ab.

Von der Bühne her ertönte der erste langgezogene Ton, der sich in ungeahnte Höhen schraubte. Einem Wasserfall gleich donnerte sie kurz darauf zwischen den Tischen entlang, bis sich niemand mehr ihrer Darbietung entziehen konnte.

Die Nyrs versammelten sich an der Theke, streckten sich und nutzten den Auftritt für eine Pause. Arins Herz machte einen Stich, als Veilchenfänger ein Bündel aus ihrer Tasche zog und es zu Perlmutt hinüberschob. Es sah genauso aus wie das Päckchen mit Traumfänger, das er vor so langer Zeit mit Mauerfuchs geraucht hatte.

Berghexe trat aus den Schatten hinter Flockenblume auf die Bühne. Ihre Bewegungen verbanden sich mit dem Gesang. Jede Schwankung in der Höhe setzte Hexe mit einer Kapriole um, jedem langgehaltenden Ton verlieh sie mit einer Arabesque Ausdruck.

Kein Zweifel, Kisum lächelte auf seine Tochter hinab. Doch so sehr Arin auch den Anblick genoß, so sehr spürte er auch den Verlust. Wie gerne hätte er sich angeschlossen, mit Hexe zusammen dem großen Tänzer gehuldigt. Aber das war unwiederbringlich verloren.

Eine weitere Nyr schob sich zur Gruppe. Die roten Locken waren Arin unbekannt, nicht jedoch die blau schimmernden Flügel. Er kniff die Augen zusammen. Kein Zweifel, die Müde wirkende Gestalt war Frostvogel. Ihre Haut war blass und die Augen wirkten gehetzt. Auch sie trug noch die Spuren des Erlebten mit sich herum.

Flockenblume und Berghexe beendeten ihren Zusammenarbeit und das Publikum bedankte sich mit Pfiffen und Applaus. Die Nyrs sammelten die Tabletts wieder ein und ließen Arin mit Frostvogel zurück, die ihm ein halbes Lächeln schenkte.

»Apollon. Der Einzige hier, der noch vertrockneter aussieht, als ich es tue.«

Arin schnaubte. »Danke, denke ich. Falls du Durst hast, helfe ich gerne aus.«

»Eine gute Idee. Kannst du mir einen Seerosentraum machen? Mit extra Schuss?«

In seinem Bein kribbelte es. Hoffentlich kündigte sich damit kein weiterer Krampf ein. »Das sollte ich hinbekommen.«

Aus einem der Einmachgläser hinter dem Tresen holte Arin eine behandelte Seerose, die er erst mit Blauweinextrakt beträufelte und anschließend mit Quellwasser in eine Gläser füllte. Zum Abschluss fügte er noch einen halbe mundvoll Schilfschnaps hinzu.

Die Nyr strich sich eine Strähne hinter das Ohr und griff nach dem Getränk. Sie hielt es zur Glühranke und musterte die Farbe, bevor sie nickte und daran roch.

Arin verlagerte sein Gewicht und polierte eines der Gläser.

»Perfekt«, beschied Frostvogel. »Mauerfuchs hätte es nicht besser machen können.«

Seine Hände zitterten und Arin stellte das Gefäß zurück, bevor er es ausversehen zerstörte.

»Verzeih«, murmelte die Nyr. »Ich wollte dich nicht verletzen. Ihr standet euch nah, nicht wahr?«

Arin nickte. »Sie war meine erste Freundin hier.« Es kam nicht darauf an, wie lange er sie gekannt hatte, aber jetzt wo Mauerfuchs fehlte, erschien im das Leben farbloser.

»Das verstehe ich. Bei mir war es Tagpfau.«

»Der Name sagt mir gar nichts.«

Die Nyr trank ihren ersten Schluck und starrte auf einen Punkt hinter Arin. »Sie wollte ihre Familie besuchen und kehrte nicht zurück. Das passiert manchmal. Aurora ist damals auch nicht mehr wiedergekommen.«

Perlmutt kehrte als erste zum Tresen zurück und ratterte eine Liste von Bestellungen herunter. Mit schnellen Griffen mischte Arin die Getränke zusammen. Hoffentlich vertauschte er nicht aus Versehen die Zutaten.

Das Zucken in seinem Bein verschlimmerte sich, aber Arin konnte das Tablett füllen, bevor er die Kontrolle verlor.

Ein Poltern ertönte. Arin zuckte zusammen, aber es war nur Koralin, der mit einem Hocker in der Hand hinter ihm stand. Zwischen den Regalen und dem Waschplatz wirkte er etwas verloren und Arin erkannte erst auf den zweiten Blick, dass der Satyr ihm den Sitzplatz präsentierte wie ein seltenes Geschenk.

»Brauchst du etwas?«, fragte er vorsichtig.

»Ich? Nein. Aber du. Einen Stuhl.«

Frostvogel beugte sich über den Tresen und legte den Kopf schräg. »Das sieht zwar recht eng aus, könnte aber funktionieren.«

»Schlickschwarzflüglerschweif, wollt ihr mir wohl sagen, was das soll?« Das Ziehen in seinem Bein machte ihn unruhig und Arin versuchte, seine Position zu verändern.

Unter buschigen Brauen starrte Koralin zu ihm hinab. »Sandiges Horn. Du kannst nicht besonders gut stehen, aber wenn du sitzt, wird es dich nicht einschränken. Was meinst du denn, warum im Vorraum immer ein Hocker steht?«

Arin stutzte. Darüber hatte er noch nie nachgedacht. »Weil es bequemer ist?«

»Nein.«

Die oberen Gewürzgläser befanden sich näher an seinem Horn, als gut für Arins Seelenfrieden war. Eine falsche Bewegung und er könnte den restlichen Abend mit putzen verbringen. »Gutgut, es ist ja keine schlechte Idee. Ich kann ihr ja eine Chance geben.«

Vom Tresen her ertönte Gelächter. Berghexe schob ihren grauen Schopf neben Frostvogels. »Das solltest du, Apollon. Um des lieben Frieden willen.«

Der restliche Abend verlief leichter. Die Arbeit war anstrengend, aber niemand drängelte oder beschwerte sich. Nachdem er nun sein Bein schonen konnte, verspürte er nur noch ab und an ein Ziehen, aber keine Krämpfe oder Schmerzen.

Als die Gäste schließlich aus der Tanzwurzel strömten, atmete Arin erleichtert aus. Die Nyrs versammelte sich um den Tresen, während er sich streckte. Sollte er etwas sagen?

»Wir sind unter uns«, erklärte Koralin. »Ich habe die große Tür verriegelt.«

Alle Augen ruhten auf ihm. In seinem Nacken bildeten sich Schweißperlen. Hatte er doch etwas falsch gemacht?

Berghexe trat hinter den Tresen. »Bei Faunas haarigen Schenkeln, hat ihm niemand Bescheid gegeben?«

Niemand antwortete.

Mit einem Kopfschütteln schob sich Hexe an Arin vorbei, um das Fass hervorzuziehen, dass den geheimen Gang verbarg.

»Hexe?« Arin drehte das Poliertuch in seinen Händen. »Was geht hier vor?«

»Geduld, Apollon. Wir haben eine Überraschung für dich vorbereitet.«

»Werde ich sie mögen?«

Die Nyrs lachten. Doch es war nicht Berghexe, die ihm antwortete.

»Das will ich doch stark hoffen.« Aus der Dunkelheit kletterte Admiral zu ihnen hervor. Jetzt war kein Halten mehr in den Anderen. Sie johlten, pfiffen oder schrien ihre Begeisterung hervor.

Die Tanzwurzel hatte ihre Anführerin zurückbekommen.

Nymphentanz und Feenzauber #ElysiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt