In Ordnung, es war also nicht ganz so abgelaufen, wie Dain es geplant hatte. Eigentlich war es sogar völlig anders abgelaufen, aber er wollte nicht allzu kleinlich sein. Wenn Sumse nicht wusste, wo der Junge zu finden war, musste er eben eigene Nachforschungen anstellen. Vielleicht sollte er Arins Schwester fragen? Natürlich unauffällig. Und vorsichtig. Immerhin war es die Eisfeder. Wobei ihre Taten wahrscheinlich gnadenlos übertrieben dargestellt wurden. Es war kaum vorstellbar, dass sie im Alleingang einen Schmugglerring zerschlagen hatte. Oder als letzte Leibwache den Anschlag auf Königin Querce verhindert hatte. Gerüchte neigten einfach dazu, ein Eigenleben zu entwickeln. Was konnte ein Nympfchen schon einem Feuerfeender entgegensetzen?
Zunächst galt es herauszufinden, wo er mit dem Nymphchen plaudern konnte. Ungezwungen und vorzugsweise abgelegen. Er war nicht scharf darauf, den Rest ihrer Wachmannschaft zu treffen. Oder eine weitere Schlappe zu erleben. Glücklicherweise hatte er dafür genau die richtigen Kontakte.
Der kleine Laden lag nicht weit entfernt von Sumses Villa, doch die Viertel unterschieden sich voneinander wie Glut und Flamme. Im Schneiderviertel war von der strengen Hand des Königinnenhauses nichts mehr zu spüren. Keine Patrouillen, kaum Struktur. Gerade deshalb wirkte der Bezirk trotz der Nachtzeit viel belebter, als der Rest der schlafenden Stadt, die tunlichst der Steingarde aus der Weg ging. Der Übergang zwischen reich und arm erfolgte fließend. Zunächst wurden die Häuser kleiner, dann zunehmend baufälliger. Es stank weniger nach Ehrgeiz, sondern mehr nach Gras, Borke und Wasser. Ab und an schnupperte er den Duft von Kohle und Gauklerkraut. Spelunken sprossen wie Pilze zwischen den Wurzeln empor. Eine Gruppe von wilden Satyrkindern stürmte kreischend durch die Gassen, während ein paar Träger fluchend auswichen, ohne ihre Last zu verlieren. Es war ein wildes Durcheinander. Endlich konnte er seine Kapuze absetzen, um in das echte Aera abzutauchen. So sollte eine Stadt riechen, genau wie die Natur, die sie umgab. Aus der sie alle abstammten.
»Heda, mein Hübscher.« Die raue Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Lust auf ein Tänzchen?«
Dain konnte sein Mitleid kaum unterdrücken.
Die ausgemergelte Gestalt drückte sich neben einen Hauseingang in die Schatten. Die Blumen in ihrem Haar sahen blass und vertrocknet aus. Eine Wiesennymphe, kaum erblüht. Die Stadt meinte es nicht gut mit denen, die abseits der Häuser existierten. Die Art, wie sie die Hand nach ihm ausstreckte, wirkte eher verzweifelt als einladend. Doch es sprach auch von Mut, einen Feender anzusprechen.
Ohne hinzusehen, zog Dain eine Münze aus seinem Beutel. Viel hatte er nicht, aber das, was er besaß, zählte hier einiges. Er legte das Geldstück in ihre ausgestreckte Hand.
Ihre Augen weiteten sich, als sie den Wert erkannten. Sie strahlten wie Sommerblumen, glichen einem goldenen Lichtstrahl im Dämmerlicht des Waldes. Die Nymphe zog an seiner Hand, wollte ihn scheinbar in die dunkle Gasse neben dem Haus ziehen.
Sanft schloss er ihre Hand um die Münze. Seine dunkle Haut hob sich deutlich von ihrer ab. Er schüttelte den Kopf. »Tanze allein, kleine Blume. Nur für dich.« Mit einem letzten Lächeln, das hoffentlich ermutigend aussah, ließ er sie stehen.
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Nymphentanz und Feenzauber #Elysia
FantasyGanz Aera feiert. Durch die Vermählung von Sumse Weidensang und Arin Rabenfeder sollen endlich zwei der verfeindeten Häuser des Königshauses befriedet werden. Doch nicht alle Nymphen begrüßen diese Vereinigung. Besonders Arin beugt sich nur widerwil...