Mit jeder Stufe, die Arin hinabstieg, kam er der Musik, die aus dem Inneren des Baumes drang, näher. Ein Spektakel aus Flötenklängen und Trommeln. Es waren diese Töne gewesen, die ihn gelockt hatten. Die Lieder und das Lachen. Es klang fröhlich, überdreht und einladend. Die Treppe führte ihn immer tiefer in den hohlen Baum hinab. Schon zwischen den Wurzeln hatte er die Einkerbungen gesehen, die auf die Art des Etablissements hinwiesen, das ihn dort unten erwarten würde. Eine Taverne für Künstler. Dorada.
Vielleicht war Taverne das falsche Wort. Denn obwohl hier Getränke gereicht wurden, ging es hier um etwas ganz anderes. Etwas Wildes. So hieß es zumindest, denn er selbst hatte ein solches Haus nie zuvor betreten. Das Holz des Baumes fühlte sich warm an, als ob die Stimmung auf die Wand übergegangen wäre. Sein Herz klopfte, neugierig und aufgeregt. Er war der Einzige, der die Treppen entlang ging, die Vorführung hatte längst begonnen. Wieder ein Lachen, ehe donnernder Applaus die Erde von der Decke rieseln ließ. Arin schob sich an hängenden Glühranken vorbei, deren schwaches Licht ihm Hoffnung schenkte. Was hatte er denn zu verlieren?
Endlich erreichte Arin den schmalen Vorraum. Auf dem Hocker vor einem purpurnen Vorhang thronte ein riesiger Satyr. Zwei Hörner wuchsen auf jeder Seite seiner Stirn empor. Alles an seiner Erscheinung, von den zusammengezogenen Augenbrauen bis zu den verschränkten Beinen, deutete auf ein eher ernstes Wesen hin, das zugegebenermaßen im Widerspruch mit dem Kartenspiel auf dem Tisch stand. Wenn Arin die Eicheln und Beeren auf den Blättern richtig deutete, legte der Riese ein Partie Ranke.
Arin schluckte. »Guten Abend.« Arin musste seine Stimme erheben, um die Trommeln zu übertönen. »Ich wollte fragen ...«
Der Stiersatyr brachte ihn mit einer knappen Handbewegung zum Schweigen. »Du bist zu spät. Nimm das nächste Mal den Hintereingang.«
Arin klappte seinen Mund wieder zu. Eine Verwechslung? Er dachte an den mageren Münzvorrat in seinem Beutel. Vielleicht konnte er es zu seinen Gunsten nutzen?
»Oh, gut zu wissen. Ich, ähm, wusste nicht, ob ich erwartet werde.« Ein Satz, der vage genug sein musste.
»Jungchen, ich sitze hier schon länger, als du alt bist. Ich kann dir deine ganze missverstandene Existenz an den Augenwinkeln ablesen. Und falls das deine nächste Frage ist: Nein, du kommst hier nicht ohne Eintritt rein.«
Arin nickte erschrocken. War er wirklich so einfach zu durchschauen? »Verstehe.«
»Das macht vier Margeriten.«
Nickend kramte Arin in seinen Taschen, bevor er das Gewünschte in die ausgestreckte Hand des Stiersatyrs fallen ließ.
Der Riese grunzte zufrieden, dann schob er mit einer Hand den Vorhang zur Seite. »Herzlich Willkommen in der Tanzwurzel.«
Arin steckte seinen Rücken durch, bevor er hindurchtrat. Überall im Raum standen zu Tischen umfunktionierte Baumstümpfe. Die Wurzeln waren grob abgeschlagen, doch die Platten glichen einer glatten Wasseroberfläche. Die Gäste saßen vereinzelt oder in Gruppen auf geflochtenen Stühlen. Sie tranken aus dickbäuchigen Krügen dampfendes Bier. Einige kamen Arin sogar bekannt vor. Saß dort drüben etwa sein mürrischer Nachbar? Diese Otterbeine würde er unter Hunderten widererkennen.
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Nymphentanz und Feenzauber #Elysia
FantasyGanz Aera feiert. Durch die Vermählung von Sumse Weidensang und Arin Rabenfeder sollen endlich zwei der verfeindeten Häuser des Königshauses befriedet werden. Doch nicht alle Nymphen begrüßen diese Vereinigung. Besonders Arin beugt sich nur widerwil...