Erster Schultag

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Ein paar seiner pechschwarzen Haarsträhnen fallen in sein Gesicht, als er sich langsam zu mir runter bückt und mein Schlüsselbein zärtlich entlangküsst, bis er sich Zentimeter für Zentimeter an meinen Hals hocharbeitet und mir dann letztendlich tief in die Augen schaut.

Diese aquamarinblauen Augen sehen mich so vertraut an, als wüsste ich wer er ist.

Diese Farbe ist so unergründlich tief, dass ich mich darin verliere. Unsere Lippen berühren sich wieder und ein Ansturm der Gefühle überwältigt mich.

Seine Berührungen sind mein Feuer, seine Küsse meine Flammen und sein Herzschlag meine unendlich währende Glut. Unser Kuss fühlt sich so an, als könnte er ganze Kontinente zum Beben bringen.

Mir ist heiss, viel zu heiss um zu realisieren, was gerade vor sich geht. Noch ehe ich diesen ekstatischen Tanz unserer Zungen genießen kann, lässt er von meinen Lippen ab und nähert sich an mein Ohr, dabei flüstert er mir etwas zu.

Bevor ich verstehen kann was er sagt, höre ich von weiter Ferne ein nerviges klingeln, das sich irgendwie wie mein Wecker anhört - Moment - das ist mein Wecker!

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Verschwitzt öffne ich meine Augen und blicke mich nach dem störenden Gegenstand um, das mir gerade einer meiner schönsten Träume vermasselt hat.

Ohne weiter darüber nachzudenken schalte ich den Wachmacher aus und drehe mich schnell zur Seite um, um den Traum irgendwie fortführen zu können. Doch ich komme gar nicht erst dazu nochmal einzuschlafen, da ich meine Mutter wie auf's Stichwort von unten hoch rufen höre, die bestimmt gerade in der Küche das Frühstück zubereitet.

Ich fluche leise.

Musste ausgerechnet heute Montag sein und noch dazu mein erster Tag an der neuen Schule? Genervt schwinge ich meine Bettdecke beiseite und stehe verschlafen auf.

An den zerzausten Haaren kratzend schaue ich nochmal auf die Uhr und gähne. Erst kurz nach fünf Uhr morgens. Ich habe noch genug Zeit, um mich für den ersten Tag fertig zu machen und gemütlich zu frühstücken.

Zum Glück ist die Franklin Pierce Highschool nur ein paar Fahrminuten von unserem idyllischen neuen Eigenheim entfernt. Ich stehe auf und gehe ins Bad, in MEIN Bad.

Denn als meine Mutter einen neuen Job vorgeschlagen bekam und dieser auch noch ein höheres Gehalt versprach, wie der Vorige in unserer Heimat Chicago, konnten wir uns ein angemessen großes Haus mit zwei Bädern leisten.

Ich lächle in mich hinein. Zum Glück muss ich nicht mehr warten bis meine Mutter ihre unendlich wirkenden Stunden im Bad vollbracht hat. Ich öffne die hölzerne Tür und stehe vor einem geräumigen Badezimmer, das mit einer modernen Eckbadewanne und einem Waschbecken mit weitläufigem Spiegel ausgestattet ist.

Ich lasse meine Schlafhose zu Boden fallen, ziehe mir mein T-Shirt über den Kopf und steige in die Badewanne, um mir eine angenehme Dusche zu gönnen.

Danach schminke ich mich dezent, föhne meine widerspenstigen blonden Haare und schlurfe, mit einem Bademantel bekleidet, in mein Zimmer.

Ich räume ein paar Umzugskartons zur Seite, die ich bis jetzt noch nicht ausgeräumt habe. Vielleicht war ich in den letzten Tagen zu sehr damit beschäftigt die neue Gegend zu erkunden oder ich war einfach nur nervös was mich in dieser neuen Kleinstadt New Forthwitch erwartet.

Letzteres würde wohl eher darauf zutreffen.
Ich verspreche mir die Kisten später auszuräumen und sorgfältig in meinen Kleiderschrank einzuordnen. Jetzt muss ich erstmal etwas Brauchbares zum Anziehen finden.

Also fange ich an den Karton, der krakelig und fett mit "Kleider" beschriftet ist, durchzuwühlen. Ich fische mir aus dem Durcheinander, ein schlichtes blaues Top und kurz darauf meine Lieblingsjeans heraus.

I will know how you taste Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt