* Kapitel 10 *

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Es begann zu Dunkeln als Jasmine in das Anwesen zurückkehrte und sich sogleich auf ihr Gemach zurückzog. Es gab vieles, über das sie nachdenken wollte, allem voran über das, was sie von Pete und Sabine erfahren hatte. Denn nachdem Daniel gegangen war, hatten Mutter und Sohn ihr einiges über Siggi erzählt. Pete war davon nicht begeistert gewesen, aber Sabine hatte sich durchgesetzt.
Mit zittrigen Gliedern setzte sich Jasmine in das Bett.
Laut Sabine, hatte Claudia den kleinen Siggi entführt und hielt ihn irgendwo versteckt. Sie wollte die Königskrone, die Daniel im Besitz hatte, aber aus Gründen, die Pete ihr nicht hatte sagen wollen, konnte Daniel die Königskrone nicht an Claudia übergeben. Dennoch wollte Daniel den jungen Siggi retten und genau deshalb hatte er Claudia, aber fälschlicherweise sie, entführen lassen. Er wollte sie dazu zwingen das Versteck des Kindes preiszugeben und weil sie die einzige war, die es zu wissen schien, brauchte er Claudia lebend. Kurz gesagt, Jasmine war in dieser Lage, weil Daniel ein Kind retten wollte.
Da Claudia eine Ehe am meisten fürchtete, hatte ausgerechnet Jamal die Idee gehabt, dass man sie damit erniedrigen könnte und sie dazu bringen könnte, den Aufenthaltsort von Siggi preiszugeben. Blöd nur, dass man Jasmine und nicht Claudia entführt hatte. Seufzend rieb sich Jasmine die Schläfen, sie hatte sich alles anders vorgestellt. Doch sie wusste auch, dass es vieles gab, was sie noch nicht wusste. Zu oft hatte Pete seine Mutter unterbrochen und sie ermahnt, nicht zu viel zu erzählen. Scheinbar steckte etwas echt Großes hinter dieser ganzen Sache und da es um eine Königskrone ging und darum das Siggi ein Erbling war, schien es wohl größer als groß zu sein. Jasmine beschloss, dass es besser wäre, nicht mehr darüber erfahren zu wollen. Wie Pete bereits sagte, wusste sie zu viel, würde es kein zurück mehr geben. Also war es besser, in manchen Dingen unwissend zu bleiben und einfach zu verschwinden, sobald ihre Identität geklärt war.
Ein Klopfen an ihrer Tür riss sie aus diesen Gedanken und als Pete eintrat, ahnte sie, dass er schlechte Nachrichten hatte.
"Der Boss schickt mich, er will, dass du mit uns allen zusammen zum Abend isst", sagte er und Jasmine wurde kreidebleich. Jasmine wusste, das, wenn die Zeit es zuließ, Daniel immer mit seinen Männern im großen Saal speiste und sie hatte definitiv keine Lust, ein Teil davon zu sein.
"Darf ich mich dem verweigern?", fragte sie.
"Nein, ich zitiere dir mal seine Worte, - kommt sie nicht oder weigert sich, werde ich sie persönlich an den Haaren hierher schleifen, - Zitat ende", antwortete Pete.
"Warum soll ich so plötzlich am Essen teilnehmen?", fragte sie.
"Vielleicht erträgt er es einfach nicht, länger von dir getrennt zu sein", meinte Pete und lachte über ihren entsetzten Blick.
"Wie auch immer, beeile dich, du hast fünf Minuten", sagte er und ging. Jasmine hätte sich liebend gerne irgendwo verkrochen, wusste aber, dass sie sich ihrem Mann stellen musste. Mit schlotternden Knien erhob sie sich, erfrischte sich etwas und machte sich dann auf den Weg nach unten. Vor der Tür zum großen Saal, hinter der sie einen Wirrwarr aus Stimmen vernahm, hielt sie inne und Atmete mehrmals tief ein und aus. Schließlich gab sie sich einen Ruck und trat ein. Am liebsten hätte sie sofort wieder kehrt gemacht, den an den Tischen saßen die ganzen Halunken versammelt. Daniel, Pete, sowie Jamal und Aaron saßen am hintersten Tisch, der von allen am meisten herausstach und am besten gedeckt war. Versuchend sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen, lief Jasmine auf den Tisch mit ihrem Mann zu. Neben ihm war ein Platz frei und Pete gab ihr mit einem Nicken zu verstehen, dass es ihrer sei. Hoffend, dass man ihr die Panik nicht ansah, ließ sie sich kurz darauf neben ihren Mann nieder.
Vergessen waren die Anwesenden, als sie vor sich einen prall gefüllten Teller mit Nudeln und einer rötlichen Soße erblickte. Es roch herrlich und sie wusste nicht, wann sie zuletzt eine warme Mahlzeit genossen hatte. Ihr Magen knurrte hörbar, aber erst als alle anderen begannen zu essen, wagte sie es ebenfalls. Leider konnte sie ihre Nervosität nicht ablegen und die Gabel schlug dank ihrer zitternden Händen lautstark gegen den Teller. Tief atmetet sie ein und aus, schaffte es, sich einigermaßen unter Kontrolle zu bringen und begann zu essen. Ein viel zu lautes Seufzen entfloh ihr, da es einfach herrlich schmeckte und ihre Gedanken drifteten ab, egal wohin, bloß nicht zu den Männern, deren Gesellschaft sie teilte.
Schnell waren die ersten Teller geleert, was dazu führte, dass die Stille von Gesprächen vertrieben wurde und Jasmine war froh, dass sie nicht Thema dieser Unterhaltungen war.
"Halte dir die Mittagsstunden morgen frei", sagte Daniel plötzlich und mit vollem Mund sah sie ihn überrascht an.
"Du wirst ein Kleid für den Ball brauchen, ich möchte mich nicht mit dir blamieren", sagte er und als er zu ihr blickte, sah sie ganz eindeutig, wie er gerade noch rechtzeitig ein Lachen unterdrücken konnte. Rasch sah er wieder weg, wobei seine Mundwinkel komisch zuckten. Verwundert blinzelte sie und blickte dann zu Pete, der ihr mit einer Geste zu verstehen gab, dass ihr zwei Nudeln aus dem Mund hingen. Das war ihr nun ziemlich peinlich und rasch schlürfte sie die Nudeln hörbar ein, worüber Pete belustigt in die Handfläche kicherte, während Daniel ihr einen schiefen Seitenblick zuwarf und gegen seine Nasenspitze tippte. Jasmine begriff, dass sie Soße auf ihrer Nase kleben hatte und kurzerhand leckte sie diese hinfort, was, unbemerkt von ihr, für große Augen bei den Männern sorgte.
Pete und einige andere, versuchten sogar ihre Nasenspitzen mit der Zunge zu erreichen, woran aber allesamt scheiterten. Es entbrannte eine Diskussion darüber, wie sie das gemacht hatte und dass es doch gar nicht möglich sei. Kurz darauf waren alle mit dem Essen fertig und ohne um Erlaubnis zu bitten, stand Jasmine auf und ging. Zu ihrer Erleichterung wurde sie nicht aufgehalten.

Jasniel - Die falsche Lady *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt