* Kapitel 18 *

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Jemand rüttelte unablässig an Jasmine und mit starken Schmerzen an ihrem Unterkiefer, kehrte sie in die Realität zurück. Stöhnend schlug sie ihre Augen auf und erschrak, als sie in ein blutiges, stark geschwollenes Gesicht blickte. Hastig wich sie zurück, erkannte dabei jedoch, dass sie an den Knöcheln und den Handgelenken gefesselt war. Verwirrt und Ängstlich, flog ihr Blick umher. Sie befand sich in einem Raum, der nur zwei kleine vergitterte Fenster und eine Tür hatte. Was war geschehen und wo war sie hier?
Zitternd versuchte sie sich zu erinnern und unter brachialer Wucht kehrten die Bilder des Geschehenes in ihr Gedächtnis zurück. Entsetzt wurde ihr klar, dass die Männer von Ronny sie entführt hatten und dass Jamal vermutlich nicht mehr lebte. Den Tränen nahe, versuchte sie ihre aufkommende Hysterie zu kontrollieren, ehe sie sich an die andere Person, in diesem Raum erinnerte. Die Frau mit dem schrecklich zugerichteten Gesicht war genau wie sie gefesselt und schockiert begriff Jasmine, dass es Sabine war.
Ihre Tränen nicht mehr halten können, kroch sie auf die Mutter von Pete zu.
"Was ist passiert?", fragte sie verzweifelt.
"Ich habe es geschafft ein Porträt zu stehlen, doch während meiner Flucht war ich unvorsichtig und man hat mich erwischt. Diese Männer brachten mich hierher", erklärte Sabine und ihre Stimme klang schwach und brüchig. Erleichtert lehnte sich Jasmine gegen sie, froh, dass sie nicht Tod war.
"Und warum bist du hier?", fragte Sabine. Jasmine erklärte ihr, was vorgefallen war, doch warum man sie entführt hatte, war ihr auch schleierhaft.
"Mir schwant böses, ich hörte wie die Männer sagten, dass sie mich zu Claudia bringen würden. Scheinbar droht dir das gleiche Schicksal", erklärte Sabine und Jasmine erschauderte.
"Ist Claudia etwa hier?", fragte Jasmine, aber Sabine verneinte.
"Wenn das, was ich hörte, stimmt. Befindet sie sich aktuell wohl gerade zwei Tages Reisen von hier entfernt auf einem Weingut", sagte Sabine und im nächsten Moment öffnete sich plötzlich die Tür. Jasmine blickte dem Mann entgegen, der sie niedergeschlagen hatte und Sabine flüsterte ihr zu, dass dies Ronny war und dass er im Dienste von Claudia stand. Ronny kam mit großen Schritten auf die beiden zu, packte Jasmine und zerrte sie grob auf die Füße. Trotz ihres Zustandes, versuchte Sabine ihr zu helfen, doch Ronny verpasste ihr einen wuchtigen Tritt, sodass sie keuchend gegen die Wand flog und bewusstlos zu Boden sackte. Voller entsetzten begann sich Jasmine wie verrückt in seinem Griff zu währen, doch da vergrub er seine Faust wuchtig in ihre Magengegend und sie sackte keuchend zusammen. Wortlos schleifte er sie dann aus dem Raum und sie erblickte eine große Lagerhalle die mit zahlreichen großen Kisten beladen war. Mehrere Männer waren gerade dabei den Inhalt der Kisten in kleinere zu verpacken und Jasmine sah unter anderem, dass es hier scheinbar um Waffenschmuggel ging.
Ronny öffnete die Tür zu einem anderen Raum, der identisch mit dem ersten wahr, nur dass hier zwei Stühle standen, die, wie Jasmine schockiert sah, Blutbefleckt waren. Ronny drückte sie auf einem dieser Stühle nieder, entfernte ihre Fesseln und band sie nun an dem Stuhl fest. Dann ließ er sich lässig auf den anderen Stuhl, dicht vor ihr, nieder.
"Also mein kleines Vögelchen, wenn du nicht willst, dass ich dir die Flügel breche, wirst du mir nun artig erzählen, was du alles über die Königskrone weißt", sagte er.
"Ich weiß nichts darüber", antwortete sie und erntete eine schallende Ohrfeige.
"Du willst doch nicht etwa behaupten, dass du keine Ahnung hast. Du warst lange genug im Haus von diesem Bastard", schrie er.
"Die Krone wurde erwähnt, doch ich weiß nichts darüber", erwiderte sie und noch einmal bekam sie einen Schlag ab. Sie wusste, das würde, solange weitergehen bis er eine zufriedenstellende Antwort hatte. Sah Sabine deshalb so aus, war ihr das Gleiche widerfahren?
"Komm schon, denke scharf nach. Wo hat er sie versteckt, sag es", verlangte er und schrie die letzten beiden Wörter.
"Ich weiß es nicht", wimmerte sie verzweifelt, er sprang auf, schlug ihr in die Magengegend und noch einmal in das Gesicht.
"Das kann von mir aus den ganzen Tag so weitergehen", spottete er und sah zu, wie sie ihr eigenes Blut spuckte.
"Wie oft den noch, ich weiß es nicht", schrie sie und gerade als er erneut ausholen wollte, ging ein wortwörtlicher Kugelhagel auf das Lagerhaus los. Schüsse knallten ohne Unterlass und Männer brüllten. Ronny fluchte und stürmte aus dem Raum. Sogleich versuchte Jasmine sich vom Stuhl zu befreien, doch sie schaffte es einfach nicht. Durch die Tür, die Ronny offengelassen hatte sah sie, wie er mit seinen Männern hinter den zahlreichen Kisten Schutz suchte, um bei guter Gelegenheit auf die Angreifer zurückzuschießen. Panisch rüttelte sie an dem Stuhl und schließlich kippte sie mit ihm um. Keuchend schlug sie am Boden auf, genau in dem Moment als eine von Kugeln durchsiebte Kiste, wortwörtlich unter einem lauten Rums explodierte. Der Krach war ohrenbetäubend und rasend schnell breiteten sich hungrige Flammen aus. Entsetzt versuchte sie mit samt dem Stuhl über den Boden zu kriechen, doch sie kam viel zu langsam voran, während die Flammen sich ihrer näherten. Bald war das Lagerhaus von beißendem Qualm erfüllt, sie sah nicht mehr, was draußen vor sich ging. Die Hitze brachte sie beinahe um den Verstand und immer wieder musste sie Husten. Zwischen alldem Lärm da draußen, glaubte sie kurz, Sabine etwas rufen zu hören.
Erschöpft gab Jasmine alle Versuche auf und beobachtete unter immer trüber werdenden Blick, wie das Feuer sich näherte. Plötzlich sah sie eine große Gestalt, die sich durch das Chaos kämpfte und schließlich in den Raum stürmte, in dem sie lag. Sie versuchte die Person genauer zu erfassen, doch ihre Sicht verschwamm immer wieder und er trug einen Schal tief in das Gesicht gezogen, um sich vor dem Rauch zu schützen. Benommen sah sie, wie er ein Messer zückte und sie von dem Stuhl befreite. Dann wurde sie von starken Armen empor gehoben und spürend, dass diese Person sie retten wollte, klammerte sie sich verzweifelt an ihm fest, während er mit ihr durch das lichterloh brennende Lagerhaus eilte. Doch dann verlor sie die Besinnung.

Von Schmerzen gepeinigt erlangte Jasmine ihr Bewusstsein zurück und als ihr ein Wimmern entfloh, legte sich sogleich etwas Feuchtes und kühlendes auf ihre Stirn.
"Alles gut, dir kann keiner mehr etwas tun", hörte sie Justin flüstern und ihr kamen die Tränen, da seine Stimme bezeugte, dass sie in Sicherheit war. Erschöpft schlug sie ihre Augen auf und sah, dass Justin über sie gebeugt war.
Sie war in seinem Haus und lag in dem Bett des Zimmers, das man ihr zugeteilt hatte. Auch wenn sie Justin erst seit wenigen Stunden kannte, war sie froh ihn zu sehen. Sie bemerkte, dass er Rußverschmiert war und seine Kleidung angesenkt. Hatte er sie aus dem Feuer gerettet? Zu ihrer rechten hörte sie ein Knarren und sogleich huschte ihr Blick dorthin. Ein Lächeln zauberte sich auf ihr Gesicht, als sie dort in einem Stuhl sitzend Jamal erblickte.
"Du lebst", stellte sie erfreut fest und ihre Stimme klang kratzig und rau. Ihr Lächeln erstarb als ihr Gesicht schmerzte und vom Sprechen musste sie sogleich Husten. Jamal gab ihr zu verstehen, dass sie ruhig bleiben sollte und hob sein Hemd an, was ihr zeigte, dass er an der Hüfte verbunden worden war.
"Die Kugel ging hindurch als wäre ich aus Butter", sagte er und lachte dann.
"Irgendwie ziehe ich Kugeln magisch an, doch am Ende wollen sie mich einfach nicht töten", scherzte er und sie fand das gar nicht lustig. Sie hatten bisher zwar nicht das beste Verhältnis gehabt, aber den Tod wünschte sie ihm nicht. Erschrocken kam ihr dann Sabine in den Sinn und sie wollte sich aufrichten, doch Justin drückte sie rasch in das Bett zurück.
"Sabine, sie ...", begann sie, musste aber wieder husten.
"Ihr geht es den Umständen entsprechend. Pete und Miss Pelwin kümmern sich gerade um sie", sagte Justin und Jasmine war erleichtert dies zu hören.
"Was ist eigentlich passiert?", wollte sie dann wissen.
"Ich wurde vom Schuss kurz ohnmächtig, die Schweine ließen mich liegen, wohl glaubend das ich verreckt bin. Als ich zu mir kam, waren sie mit dir verschwunden. Hab mich zurück geschleppt und Alarm geschlagen", erzählte Jamal.
"Ich war gerade mit Daniel zurückgekehrt, als er wie Rotz blutend angekrochen kam und rief, dass Ronny dich entführt hätte", erzählte Justin weiter und beim Klang von Daniels Namen, fragte sie sich besorgt, wo er wahr.
"Kann von Glück reden, dass Miss Pelwin früher in einem Lazarett gearbeitet hatte und mich wieder zusammenflicken konnte", meinte Jamal.
"Was er aber nicht mehr mitbekommen hat, weil er das Bewusstsein verloren hat", fügte Justin rasch hinzu und reichte Jasmine dann ein Glas mit Wasser. Gierig leerte sie es und spülte den Geschmack des Rauches hinfort.
"Nur falls es dich interessieren sollte, der Boss ist völlig durchgedreht. Der hat sich bewaffnet und ist zum Lagerhaus gestürmt", erzählte Jamal.
"Hab schnell die angeheuerten Männer zusammengetrommelt und bin ihm hinterher, gerade noch rechtzeitig, ich glaube, der hätte das Ding sonst alleine gestürmt", meinte Justin und Jasmine erschrak. Daniel war beim Angriff dabei gewesen? Hatte er sich verletzt, war er wohl auf?
"Pete hat gesehen, wie sie dich in das Lagerhaus schleppten und dank seiner Beobachtung herausgefunden, dass die dort wohl mit Waffen gehandelt haben. Wir hatten gerade überlegt, wie wir vorgehen sollen, als man dich irgendetwas schreien hörte, daraufhin hat der Boss sofort das Feuer eröffnet. Na ja, konnte am Ende keiner Ahnen das die neben Waffen auch hochexplosives Zeug dort gelagert haben. Als die Kiste hochging, sind der Boss und Pete ohne zu zögern in das brennende Lagerhaus gestürmt", erzählte Justin und Jasmine sah ihn erschrocken an. Der Mann, der sie gerettet hatte, konnte nicht Pete sein, er war nicht so Muskulös wie ihr Retter, was bedeutete, Daniel hatte sie aus dem Feuer getragen! Sogleich wollte sie sich erheben, um sicherzugehen, dass es ihm gut ging, doch wieder drückte Justin sie in das Bett zurück.
"Bleib lieber liegen, Jasmine", mahnte er und sie sah ihn mit großen Augen an.
"Wie hast du mich genannt?", fragte sie.
"So heißt du doch oder?", fragte er und schmunzelte, als sie verwundert nickte.
"Keine Sorge Kleines, selbst beim Boss ist der Groschen gefallen, als Justin sagte, du wärst nicht Claudia. Wir wissen alle, dass er mit Claudia einen Kampf auf Leben und Tod gefochten hatte und als er dich nicht erkannte, war die Sache klar. Außerdem hatte Sabine ein Porträt von der Krähe bei sich", erzählte Jamal und Jasmine begann zu weinen. Sie konnte einfach nicht aufhören, so sehr sie es auch versuchte. Endlich war sie wieder Jasmine und nicht Claudia. Endlich hatte dieser Dickkopf es verstanden. Es war ein unglaublich befreiendes Gefühl und die beiden Männer im Raum hüstelten etwas betreten, da sie mit ihren Tränen nicht umzugehen wussten.
"Wo ist er, er soll sich gefälligst entschuldigen", meinte sie schniefend.
"Das wissen wir nicht, nachdem er sich sicher war, dass es dir und Sabine gut ging, hat er Tür schlagend das Haus verlassen. Ich denke, der muss erstmal runter kommen und seinen Zorn besänftigen. Nun ja und ich glaube, ein wenig schämt er sich auch", sagte Justin.
"Er wird zu dir kommen, wenn es nicht mehr in ihm brodelt", versicherte Jamal ihr.
"Aber ich schlage vor, du schläfst nun noch etwas", meinte Justin und gab Jamal zu verstehen, dass sie alleine gelassen werden sollte. Mühsam quälte sich Jamal aus dem Stuhl empor und sein Gesicht, das von Schmerz verzerrt war, bezeugte, dass seine Wunde nicht so harmlos war, wie von ihm behauptet.

Jasniel - Die falsche Lady *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt