* Kapitel 38 *

693 68 4
                                    

Das Frühstück war gerade beendet worden, als zwei Männer zu ihnen kamen und miteinander im heftigen Streit verfangen, bei Daniel um Rat fragten. Nicht selten musste er der Schlichter sein und da er den höchsten Rang hatte, war es natürlich an ihm, aufkommende Probleme zu lösen. Wie sich herausstellte, ging es um eine Frau. Der eine Mann, hatte eine Affäre mit der Frau des anderen und der betrogene wollte, das der Betrüger bestraft wurde. Es ging ziemlich hitzig zur Sache und Jasmine beschloss, das sie dieser heftigen Diskussion nicht bewohnen musste. Hoffend, das Daniel den Streit ohne ein Blutbad lösen konnte, kehrte sie auf das Gemach zurück.
Dort nahm sie das Buch von Charles an sich. Es gab nur noch wenige Seiten zu lesen und sie beschloss es zu beenden. Das meiste, was Charles schrieb, wusste sie bereits, es war lediglich die Neugier, die sie dazu trieb, die Zeilen zu studieren, teilweise auch, weil sie mehr über den Mann wissen sollte, dem Daniel so lange treu gedient hatte. Sie wünschte, sie hätte Charles kennenlernen können, denn auch wenn er, anhand seines Buches, ihr oftmals stur und Verbissen erschien, war er ein guter Mann und König gewesen. Wie er schrieb, spitzte sich die Lage immer weiter zu und die Kälte zwischen den Brüdern war erschreckend. Doch noch immer schien er nicht wahrhaben zu wollen, das David ein Verräter sei. Dabei war es doch so offensichtlich, denn er brachte die Krone oft zur Sprache und selbst Jasmine war klar, das er es auf sie abgesehen hatte.
Ein schwerer Kloß bildete sich in ihrer Kehle und machte ihr das Atmen schwerer, als sie jene Seiten erreichte, wo die Handschrift des Königs zittrig und nur noch schwer leserlich wurde. Wie sie mit Anstrengung herauslesen konnte, war Charles zusammengebrochen und Bettlägerig. Zunächst wurde eine unbekannte Erkrankung vermutet, doch als klar wurde, das David spurlos verschwunden war, fiel der Verdacht sogleich auf Gift.
"Hätte er doch nur auf Daniel gehört, er hat ihn so oft vor David gewarnt", seufzte Jasmine und zögerte eine Weile weiterzulesen, da sie ahnte, das er an dem Gift sterben würde. Doch schließlich gab sie sich einen Ruck und las, wie Charles von einem Brief berichtete, der kurz nach seinem Zusammenbruch eintraf. Er war von niemand anderes als David und er forderte die Krone im Austausch gegen das Gegengift. Doch Charles fürchtete den Tod nicht und wissend, das sein Volk leiden würde, wenn die Krone in den falschen Händen war, weigerte er sich. Das stieß Daniel säuerlich auf, denn dieser war für den Austausch, da er das Leben seines Herrn unbedingt retten wollte und er der Meinung war, das sie auch hier ein gutes und neues Leben aufbauen konnten. Doch Charles ließ nicht mit sich reden und so vergingen die Tage, sein Zustand wurde immer schlimmer. Der König beschrieb, wie sehr er litt und dass er oftmals nicht mehr in der Lage war, einen klaren Gedanken zu fassen. Die Alteristaner, die der Heilung und Kräuterkunde fähig waren, verabreichten ihm viel Medizin, doch nichts davon konnte gegen das Gift helfen. Jasmine schluckte schwer als der nächste Eintrag damit begann, das Charles berichtete, sein Sohn sei spurlos verschwunden. Tag und Nacht suchte man nach ihm, doch das Kind schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein.
Manche glaubten, er habe sich im Wald verirrt und läge dort irgendwo gar schwer verletzt. Andere jedoch hatten ihre Feinde in Verdacht und jene Vermutung bestätigte sich kurz darauf, als ein schwer verwundeter Justin auftauchte. Wie er berichtete, habe er den Prinzen in der Gewalt einer Frau erblickt, die ihm als Lady Johnson namentlich bekannt sei und beim Versuch ihn zu retten, sei er verwundet worden. Nicht lange danach, kam ein erneuter Brief, diesmal jedoch von besagter Lady Johnson, die einen Austausch forderte. Den Prinzen gegen die Krone. Diesmal zögerte Charles nicht und ging auf den Tausch ein. Da er selbst aber unfähig war, das Bett zu verlassen, schickte er seinen General los.
Doch dieser kehrte ohne Erfolg zurück und berichtete, das man ihm eine Falle gestellt hatte, die er rechtzeitig durchschaut und der er entkommen konnte. Ein falsches Kind hatte man benutzen wollen und Charles machte seine Sorge deutlich, denn er befürchtete, das sein Sohn nicht mehr leben könnte.
Warum sonst sollte Johnson ein falsches Kind nutzen? Jasmine zögerte kurz und teilte die Befürchtung des Königs. Es gab schon so lange kein Lebenszeichen mehr und ein weiterer Austausch war auch nicht mehr verlangt worden. Das war gewiss kein gutes Zeichen. Was war nur mit Siggi geschehen? Schwer atmete sie ein und aus, ehe sie weiterlas und die letzte Seite erreichte. Die Handschrift des Königs wurde immer schlimmer und sie brauchte ewig den Sinn in dem Text zu entziffern. Man versuchte den Feinden nun zuvorzukommen und Informationen über Johnson zu sammeln, dank der Hilfe von Justin, nahm man daher recht schnell eine gewisse Lady Claudia Johnson in das Visier. Daniel schickte Aaron los, um die Lady auszuspionieren. Währenddessen erhielt man auch Informationen darüber, das man den Prinzen in Certezza gesehen haben will. Schnell war daher die Entscheidung getroffen, dort alles auf den Kopf stellen.
"Ich bete, es geht meinem Jungen gut. Ich bete, er wird das alles überstehen und ich hoffe, eines Tages, wird er ein besserer König sein als ich", - dies, waren die letzten Worte des Königs, das Buch endete und vermutlich, hatte er kurz nach dieser Niederschrift sein Leben ausgehaucht. Mit schwerem Herzen klappte Jasmine das Buch zu. Sie wünschte, er hätte vor seinem Tod seinen Sohn in Sicherheit gewusst. Dann dachte sie an Aaron. War er, als Daniel ihn ausgeschickt hatte, bereits ein Verräter gewesen oder war er da erst zu einem geworden? Sie wusste es nicht, ahnte jedoch, dass sie vermutlich niemals hier wäre, hätte Daniel an jenem Tag jemanden anderen ausgeschickt, um die Lady auszuspionieren. Rasch riss sie sich von diesen Gedanken los, als sie schwere Schritte nahen hörte. Kurz darauf trat Daniel ein.
"Hast du den Streit schlichten können?", wollte sie wissen.
"Mehr oder Weniger schon", antwortete er und sah zu, wie sie das Buch von Charles beiseite legte. Jasmine bemerkte seinen Blick und gestand, das sie es soeben beendet hatte. Daniel nickte und kurz schien er mit Wehmut an seinen König zu denken. Dann riss er sich jedoch sichtbar aus diesen Erinnerungen los und wandte sich mit sehr ernstem Blick an sie.
"Du hast zehn Minuten, dann treffen wir uns am Strand", sagte er, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und ging. Kaum war er fort, sprang sie auf und machte sich etwas frisch, in dem Glauben, vor ihr stünde ein romantischer Spaziergang am Strand.

Jasniel - Die falsche Lady *Pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt