5.1. Der Erzähler

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Etwas, was mit zum Schreibstil zählt, ist der Erzähler. Er ist bei jedem Autor etwas anders, aber generell gibt es ein paar »Formen« zwischen denen unterschieden werden kann. Zuerst etwas Allgemeines: Der Erzähler ist sozusagen der Vermittler zwischen der Handlung, die im Buch passiert, und dem Leser, der dieses Buch liest. Er »bestimmt« praktisch, was der Leser erfährt oder weiß. Das muss nicht unbedingt mit dem übereinstimmen, was der Protagonist oder die Figuren wissen.

Grob kann man erstmal zwischen dem Ich-Erzähler und dem Er/Sie-Erzähler unterscheiden. Allerdings ist das eher »Formsache« und nicht der richtige Erzähler, den ich hier meine. Weil es für einige Erzähler keinen offiziellen Begriff gibt (oder ich den Begriff langweilig finde), habe ich mir manchmal einfach einen ausgedacht, also nicht wundern XD

Zunächst einmal gibt es den typischen »Perspektiven-Erzähler« (Fachsprache: personaler Erzähler). Der weiß genauso viel wie der Protagonist oder die Figur, aus deren Sicht zurzeit geschrieben wird. Das bedeutet, dass der Leser alle Informationen bekommt, die die Figur bekommt, und auch ihre Gedanken lesen kann. Die Perspektive bleibt für ein Kapitel immer gleich und wird zwischendurch nicht spontan gewechselt.

Das ist einer der häufigsten Erzähler, der vorkommt. Das liegt ganz einfach daran, dass er auch am leichtesten zu schreiben ist XD

Als Autor muss man sich zum Beispiel keine Sorgen darum zu machen, dass der Leser etwas nicht mitbekommt oder nicht versteht, denn er sieht alles aus den Augen der Figur. Wenn die Figur etwas nicht versteht, bekommt der Leser durch den Erzähler übermittelt, dass es in Ordnung ist, wenn er es selbst nicht versteht. Zum Beispiel könnte die Figur denken »Aber warum hat er das gemacht?«, was das Signal für den Leser ist, dass das später wahrscheinlich noch aufgeklärt wird und er sich keine Sorgen machen muss.

Ein weiterer Vorteil ist, dass alles chronologisch abläuft. Der Erzähler macht keine Andeutungen und gibt keine Hinweise auf die Zukunft wie zum Beispiel »Aber wer hätte gedacht, dass das schief laufen würde?«. Die Zeitlinie des Leser stimmt also praktisch mit der der Figur überein. Dadurch fällt es ihm meistens auch leichter, sich mit der Figur zu identifizieren und mit ihr zu fühlen.

Beispiele für den »Perspektiven-Erzähler«: Nehmt euch ein beliebiges Buch aus eurem Bücherregal und es wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % zu dieser Kategorie gehören XD

Jetzt kommen wir zu einem Erzähler, der besonders in etwas älteren Büchern häufig vorkommt. Allerdings ist er mittlerweile wieder im Kommen. Es ist wirklich Geschmacksache, ob man den mag. Bei mir hängt es tatsächlich sehr davon ab, wie ich den Schreibstil des Autors finde XD Ich rede hier vom »Beobachter-Erzähler« (Fachsprache: neutraler Erzähler).

Diese Art von Erzähler ist vollkommen neutral und nicht wertend. Es gibt keine Einblicke in die Gedanken der Figur, sondern es wird strikt von außen beschrieben, was passiert und wer wie reagiert. Auf den ersten Blick erscheint das ziemlich trocken und langweilig, aber tatsächlich kann so ein Erzähler ein Buch ziemlich interessant machen.

Dadurch, dass der Leser nicht genau weiß, was in den Figuren vorgeht, kann es zu so mancher überraschenden Situation kommen. DAS DARF MAN JETZT ABER NICHT FALSCH VERSTEHEN! (Siehe nächster Absatz.)

Es ist ziemlich schwer, vernünftig mit einem »Beobachter-Erzähler« zu schreiben. Damit der Leser nicht durchgängig verwirrt ist, MUSS es Beschreibungen von Dingen und Handlungen geben, durch die der Leser auf die Gefühlswelt der Figuren schließen kann. Das können bestimmte Gesichtsausdrücke oder kleine Gesten sein. Geballte Fäuste, hochgezogene Augenbrauen, eine gerunzelte Stirn, zusammengepresste Lippen usw.

Denkt dran, dass ein »Beobachter-Erzähler« auch Dinge »sieht« und dem Leser mitteilt, die die Figuren nicht mitbekommen. Zum Beispiel kann er bemerken, dass eine dunkle Gestalt durch die Straße schleicht, die die Figuren im Gasthaus nicht bemerken. Vielleicht hört er, wie jemand über jemand anderen lästert, der es jedoch nicht mitbekommt (der Leser aber schon). Der »Beobachter-Erzähler« teilt dem Leser also Sachen mit, die ihn dazu bringen, sich Sorgen um bestimmte Figuren zu machen, und gibt unauffällige Hinweise auf die zukünftige Handlung und das Innenleben der Figuren.

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