5.2. Das Foreshadowing

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Foreshadowing ist eine Sache, die in Fantasy-Büchern (und Filmen) ab und zu vorkommt und wenn ich ein Buch finde, in dem es das gibt, wandert es auf meiner »Bewertungsskala« direkt ein paar Stufen nach oben. Foreshadowing wird nämlich vor allem von Autoren verwendet, die genau wissen, worauf sie hinaus wollen und wie ihr Buch endet. Sie streuen kleine Hinweise auf zukünftige Ereignisse in die Handlung und wenn diese Ereignisse dann eintreten oder der Leser das Buch nochmal liest, ist das fast wie eine kalte Dusche. Im Sinne von »Ach du Scheiße, ich hätte es von Anfang an wissen können!«.

In gewisser Weise ist Foreshadowing also auch wichtig für den Plottwist (zu dem es auch noch ein Extra-Kapitel geben wird). Es gibt allerdings ein ganz wichtige Sachen, die man beachten muss, wenn man diese Erzähltechnik verwendet:

Das Foreshadowing darf nicht zu auffällig sein, weil sonst die ganze Spannung weggenommen wird!!!!!!!!!!!!!

Es muss so unauffällig in die Handlung reingestreut werden, dass der Leser nicht auf die Idee kommt, dass das ein Foreshadowing sein könnte!!!!!!!!!

Das geht beispielsweise, indem ihr scheinbar unnötige Dialoge einbaut, in denen aber wichtige Informationen versteckt sind. Zum Beispiel:

»Ich war letztens auch in diesem Wirtshaus, von dem du erzählt hast«, meinte Shali, während sie sich eine Strähne hinters Ohr strich. »Da war irgendein Barde, der völlig betrunken war und gar nicht mehr singen konnte. Vielleicht hat er auch noch ein paar andere Sachen genommen. Jedenfalls hat Nicolo ihn dann rausgeschmissen.«

»Kein Wunder«, lachte Erna. »Wenn du betrunken wärst, wäre deine Stimme bestimmt auch schrecklich. Aber darum geht es gerade nicht. Lass mich doch meine Geschichte zu Ende erzählen!«

Und? Habt ihr das Foreshadowing entdeckt? Was für ein Zufall wäre es denn, wenn Shali vom Antagonisten unter Drogen gesetzt wird, dadurch ihre Stimme verliert und nicht mehr nach Hilfe rufen kann? Und als sie wieder zu sich kommt, liegt sie im Hinterhof irgendeines Wirtshauses.

Ein weiteres Beispiel, in dem die Figur unwissentlich ihre eigene Zukunft vorhersagt:

»Wenn ich irgendwann sterbe, dann am liebsten nachts am Strand. Dann kann ich wenigstens die Sterne sehen«, scherzte Shali. »Keine Sorge, Erna. Meine Reise führt mich weit ins Landesinnere. Da gibt es keinen Strand.«

Und dann passiert etwas Unvorhergesehenes, wodurch sie trotzdem an einen Strand kommt oder es handelt sich um den Strand eines Flusses oder es gibt einen Ort, der »Mehlos Strand« oder so heißt.

Eine andere Möglichkeit ist, Foreshadowing im Text selbst zu verstecken. Zum Beispiel:

Sie griff nach dem Besteck, das der Kellner ihren gebracht hatte, musste jedoch feststellen, dass er anscheinend nur drei Messer gebracht hatte, obwohl sie vier Personen waren.

Und später kommt es zu einem Kampf, bei dem Shali feststellen muss, dass jemand ihre Waffe weggenommen hat und sie deswegen stark im Nachteil ist. Letztendlich wird sie schwer verletzt und stirbt (am Strand).

Was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Foreshadowing und Prophezeiungen/Zukunftsvorhersagen, könntet ihr euch fragen.

Ganz einfach: Prophezeiungen und Zukunftsvorhersagen sind etwas, von dem sowohl die Figuren als auch die Leser wissen, dass das auf jeden Fall eintreten wird oder ein kleiner Blick in die Zukunft ist. Auf ihnen klebt praktisch der Aufkleber »DU VERSTEHST ES NOCH NICHT, ABER ES WIRD PASSIEREN!«.

Bei Foreshadowing hingegen ist man sich nicht sicher, ob das ANGEDEUTETE passieren wird. Es ist viel subtiler. Die Figur weiß natürlich gar nichts davon, weil es für sie nur zufällige Worte und Handlungen sind. Der Leser hingegen bekommt die Möglichkeit, diese zufälligen Worte und Handlungen als etwas zu interpretieren, was später passieren wird. Oder auch nicht. Der Aufkleber hier ist höchstens noch ganz schwach lesbar und lautet »Könnte wichtig sein. Was Anderes ist aber gerade interessanter.«.

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