4.6. Der Bereuende

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Sicher habt ihr schonmal von sowas wie einer »Redemption-Arc« gehört. Und ja, ich habe keine Ahnung, wie man das richtig übersetzt XD Vermutlich würde es sowas wie »Reue-Handlungsstrang« heißen.

Jedenfalls gibt es in Büchern (und Filmen) ab und zu Figuren, die zuerst gegen den Protagonisten arbeiten oder ihn einfach nicht ausstehen können und ihm deswegen Steine in den Weg legen, ihre Taten dann jedoch bereuen und den Protagonisten in Ruhe lassen oder ihm sogar helfen. Es ist (meiner Meinung nach) ziemlich schwierig, so eine »Verwandlung« gut und vor allem überzeugend hinzubekommen. Immerhin mochte die Figur den Protagonisten zuerst überhaupt nicht und jetzt ist sie auf einmal auf seiner Seite? Da muss aber echt viel passiert sein!

Am wichtigsten ist es, den Charakter eurer Figur nicht einfach von einem Kapitel aufs andere zu verändern. Sowas also geht gar nicht:

Kapitel X:

»Ich werde dich töten!«, schrie Redan. »Dich und alle deine Freunde! Und dann werde ich die ganze Welt niederbrennen, um dir zu zeigen, dass ich nicht so schwach bin, wie du gedacht hast!«

»Möchtest du das wirklich tun?« Sylva sah ihn traurig an. »Möchtest du dieses Blut wirklich an deinen Händen haben?«

Kapitel X+1:

»Ich habe nachgedacht«, sagte Redan nach einigem Zögern. »Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass du recht hast. Ich möchte keine Menschen mehr töten. Pass auf, wir arbeiten jetzt zusammen und ich helfe dir, den großen Verschlinger der Welten zu besiegen. Er vertraut mir. Ich schleiche mich einfach in seinen Palast ein und ersteche ihn dann von hinten.«

ES KANN NICHT SEIN, DASS MAN SEINE MEINUNG SO SCHNELL ÄNDERT!!!!!!!

Wir erinnern uns kurz an das, was einen guten Antagonisten ausmacht: Richtig, er fühlt sich immer im Recht, würde nie freiwillig aufgeben und sieht seine Fehler nicht ein bzw. schiebt die Schuld für seine Fehler auf andere. Wenn eure Figur innerhalb eines Kapitels alles aufgibt, was sie ausgemacht hat, ist sie ein Witz von einer Figur.

Reue kommt nicht einfach so. Im täglichen Leben bereuen wir entweder sofort, was wir getan haben (z.B. wenn wir die negative Reaktion von Menschen sehen, die uns etwas bedeuten), oder wir bereuen nach einer etwas längeren Zeit, wenn wir eine ganze Weile über unsere Tat reflektiert haben. Letzteres ist das, wofür wir uns in diesem Kapitel interessieren.

Meistens passiert so eine »verspätete« Reue nicht einfach so, sondern es gibt einen Anstoß. Dieser Anstoß kann vieles sein. Hier ein paar Beispiele:

- Man erfährt aus dritter Hand, dass etwas, was man getan hat, unangenehme Folgen für jemanden hatte, der einem etwas bedeutet oder der unschuldig ist.

- Man spricht mit jemandem, der gerade in einer ähnlichen Situation ist wie man selbst, und merkt, dass man das, was man damals selbst getan hat, nicht als Rat geben kann. (Weil es kein guter Rat wäre, was einem etwas zu denken gibt.)

- Man redet mit jemandem über seine Tat und regt sich darüber auf, dass die andere Person so blöd ist, aber der Gesprächspartner sagt, dass man selbst dumm gehandelt hat. Meistens ist man danach wütend auf den Gesprächspartner, aber man hört nicht auf, darüber zu denken, und kommt letztendlich eventuell zu dem Schluss, dass er irgendwie doch recht hatte.

- Man findet sich auf einmal in derselben Situation wieder wie »damals«, nur dass die Rollen vertauscht sind. (Sehr wirkungsvoll, glaubt mir O.o)

- Man wird auf einmal von Leuten angesprochen oder erkannt, die man früher überhaupt nicht ausstehen konnte, weil sie schei*e sind. Als Konsequenz fragt man sich, ob man durch seine Tat jetzt etwa »zu diesen Leuten abgerutscht« ist.

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