6.2. Der Hook/Aufhänger

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Der »Hook« lässt sich übersetzen wie »Haken« oder »Aufhänger«. Ihr könnt ihn euch wirklich wie einen Angelhaken vorstellen, den ihr an einer Leine in ein Meer aus Lesern werft. Je mehr Leser anbeißen, desto mehr Leser könnt ihr natürlich auch an Land ziehen, also zu eurem Buch. Der Hook weckt das Interesse eurer potentiellen Leser und sorgt dafür, dass sie unbedingt weiterlesen wollen.

Ich würde euch empfehlen, den Hook innerhalb der ersten zwei bis acht Kapitel einzusetzen (je nach Länge eures Buches und eurer Kapitel natürlich). Auf jeden Fall sollte er irgendwann nach dem Moment kommen, in dem der Leser den Protagonisten und seine nähere Umgebung grob kennengelernt hat.

Die meisten Leute lesen die ersten Kapitel nur, um zu schauen, ob sie den Protagonisten, den Schreibstil und die Welt mögen (auf Wattpad ist auch noch wichtig, wie angenehm euer Format aussieht und wie gut eure Rechtschreibung ist). Sobald sie davon überzeugt sind, müsst ihr mit dem Hook dafür sorgen, dass sie Interesse an der weiteren Geschichte haben.

Aber was genau ist ein Hook?

Ein Hook stellt meistens ein Problem, eine Hürde oder eine Gefahr dar, mit der der Protagonist sich auf jeden Fall befassen wird. Oft findet ihr solche Hooks auch als letzten Satz im Klappentext und meistens beginnen sie mit »aber« oder enden mit einem Fragezeichen.

Sowas wie »Aber was, wenn sein ganzes Leben eine Lüge war?« ist ein Hook. Auch sowas wie »Und in der Dunkelheit wartet das Böse nur darauf, dass Leila ihr Zuhause verlässt« ist einer.

Ein paar Hooks aus berühmten Büchern, die ich hier mal ohne Spoilerwarnung hinschreibe, weil sie ja nicht wirklich etwas über die Geschichte verraten.

Bei »Harry Potter und der Stein der Weisen« ist der Hook zum Beispiel, dass er in Wirklichkeit ein Zauberer ist und als einziger den Todesfluch des Dunklen Lords überlebt hat. Man fragt sich natürlich, wie das passieren konnte und wie er in der neuen Zaubererwelt zurechtkommen wird. Später kommt noch ein weiterer Hook in Form eines verbotenen Gebäudeteils und eines dreiköpfigen Hundes hinzu.

Bei »Eragon« ist der Hook, dass Eragon irgendwie durch Zufall ein Drachenei findet, aus dem sogar ein Drache schlüpft. Als Leser weiß man aus dem Prolog noch, dass es jemanden gibt, der dieses Ei jagt. Also fragt man sich, was dann wohl mit dem unerfahrenen Eragon passiert und wie er den Antagonisten entkommt bzw. sie besiegt.

Der Hook in »Herr der Ringe« ist ähnlich. Es geht wieder um einen Gegenstand (den Einen Ring), den jemand anderes (Sauron und seine Verbündeten) haben möchte. Nur soll der Gegenstand hier zerstört werden.

Bei Krimis ist der Hook meistens die Leiche, die plötzlich entdeckt wird.

Bei Science-Fiction-Büchern ist er oft eine neue Entdeckung, die gemacht wird und Probleme bereitet. Beispiele dafür sind die Trisolaris-Reihe, »Vakuum« von Phillip P. Peterson, »Infinitum« und »Kernschatten«. (Letzteres bekommt von mir übrigens den Preis für das schlechteste Buch, das ich dieses Jahr gelesen habe... Ich würde es am liebsten wegen Frevel an der Wissenschaft und allen vernünftigen Science-Fiction-Büchern verbrennen.)

Bei Liebesromanen ist der Hook meistens ein Rivale oder dass die Liebe eigentlich unmöglich ist usw.

Ihr solltet euch klar sein, was in eurem Buch der Hook ist, damit ihr ihn früh genug einbauen könnt, bevor die ersten Leser sich dazu entscheiden, euch zu verlassen, weil sie nicht wissen, worum es eigentlich geht.

Und ja, der Hook stellt mehr oder weniger den Beginn eurer Kernhandlung dar. Von ihm aus beginnt die ganze Geschichte erst und eure Spannungskurve fängt an, anzusteigen. Er sollte wirklich wichtig für eure Geschichte sein und nicht nur ein Cliffhanger, der in den nächsten paar Kapiteln schon aufgelöst wird.

Wenn der Leser euren Hook liest, muss er sagen können: »Ah ja, hier fängt die Geschichte erst richtig an!« Denkt daran, wie ihr eure Lieblingsbücher euren Freunden vorstellt! Ich erkläre meistens nur kurz, wer die Hauptfiguren sind, bevor ich direkt zu dem Teil übergehe, wo die eigentliche Handlung beginnt – dem Hook!

In Fantasy-Büchern eignet sich dafür gut die erste Begegnung mit dem Feind. Man erfährt, dass es überhaupt einen Antagonisten gibt und dass er es anscheinend irgendwie auf den Protagonisten oder etwas in seiner Umgebung abgesehen hat.

Man kann auch eine neu eingetroffene Information als Hook nehmen. Zum Beispiel, dass ein Krieg bevorsteht und alle Männer sich der Armee anschließen sollen. Oder dass irgendwo der Auserwählte sich zu erkennen gegeben hat, obwohl es eigentlich der Protagonist ist. Oder dass eine tot geglaubte Spezies doch noch lebt. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, wie eine scheinbar belanglose Information das Leben einer Figur verändern kann.

Der Hook kann sich auch als Chance offenbaren, die der Protagonist sieht und ergreift. Er könnte beispielsweise Rache für den Tod seiner Eltern wollen und gerade zieht einer der Mörder mit seiner Truppe durch das Dorf. Oder er wollte schon immer in die Magieschule, um kein Bauer zu werden, und jetzt ist ein Magielehrer bei ihnen zu Besuch.

Die Möglichkeiten für einen Hook in Fantasy-Büchern ist wirklich zahlreich! Ihr erkennt ihn aber immer daran, dass ihr ihn auf ganz bestimmt Weise formulieren könnt. So, wie ich es oben schon angedeutet habe: Mit einem »aber« oder einer Frage. Manchmal auch mit einem »bis« oder anderen ähnlichen Formulierungen :)

»Leila führt ein langweiliges, sinnloses Leben, aber dann öffnet sich ein Portal in eine andere Welt.«

»Maxim wollte schon immer ein Magier am Hof des Königs werden, um die Ermordung seiner Familie zu rächen. Wird er es schaffen ohne dass sein Vorhaben auffliegt? Oder erliegt er dem Charme und den scharfen Augen der Königin?«

»Die ganze Welt dachte, dass die Schattenschleicher schon lange ausgestorben sind. Doch dann werden Totos Freunde von einer Armee dieser Monster getötet und nur er kann fliehen. Sein Dorf glaubt ihm nicht und verstößt ihn als Mörder. Wird er es schaffen, die Welt rechtzeitig vor der kommenden Gefahr zu warnen?«

Ich finde, Hooks sind ein bisschen so wie kleine Klappentexte. Deswegen stehen sie auch normalerweise da drin :)

Einige Autoren sind der Meinung, dass der Prolog eines Buches auch ein Hook ist. Das sehe ich ehrlich gesagt nicht so. Ich würde ihn vielleicht als einen von mehreren Hooks bezeichnen, aber nicht als den entscheidenden. Ich habe glaube ich noch nie ein Buch nur wegen des Prologs gelesen. Schließlich tauchen die Hauptfiguren dort nicht unbedingt auf und wenn doch, dann meistens nicht zu der Zeit, zu der der Großteil des Buches spielt.

Aber es kann in einem Buch tatsächlich mehrere Hooks geben. Besonders, wenn es mehrere Protagonisten gibt. Dann hat jeder von ihnen einen eigenen Hook. Sonst würden die Leser ja die Kapitel, die ihnen gerade langweilig und unwichtig erscheinen, einfach überspringen.

Achtet also darauf, dass jeder eurer Protagonisten irgendwann einen eigenen Hook hat. Ich nenne sie mal »kleine Hooks«. Und diese kleinen Hooks sollten irgendwie mit dem »großen Hook« zusammenhängen, um den es im Großen und Ganzen geht.

Ein Beispiel: Ihr schreibt eine Geschichte, in der es um einen bösen Zauberer geht, der wiederauferstanden ist und nun eine Armee aus Untoten auf die Welt loslassen möchte. Ihr habt drei Protagonisten. Rosalie ist ein Bauernmädchen, das friedlich mit ihrer Familie auf einem Bauernhof lebt. Leopold ist der Schüler eines mächtigen Zauberers und Kermo ist ein Astronom, der die Sterne beobachtet. Jetzt müsst ihr euch für jeden von ihnen einen kleinen Hook überlegen, der mit dem großen (der Zauberer lässt ein paar Untote auf die Welt los) zusammenhängt. Das könnten sein:

Rosalies Zuhause wird von ein paar Untoten überfallen, die auch ihre ganze Familie töten. Daraufhin flieht sie und wird von einem Krieger aufgesammelt, der einen Orden gründen möchte, der gegen die Untoten vorgeht.

Leopold erfährt, dass sein Lehrer anscheinend Schwarze Magie betreibt und belauscht ein Gespräch, bei dem der Name des bösen Zauberers fällt. Er betreibt Recherche und findet heraus, wer das ist.

Kermos beobachtet die Sterne und sieht eines Nachts seltsame Lichter, die er sich nicht erklären kann. Er denkt erst, dass er etwas Neues entdeckt hat, stößt dann aber auf einen Geschichtenerzähler, der von einem Zauber mit Schwarzer Magie erzählt, der genau sowas verursacht.

Also nochmal kurz zusammengefasst: Der Hook sorgt dafür, dass eure Leser auch weiterhin euer Buch lesen. Kümmert euch gut um euren Hook und seine kleinen Hooks. Dann sind sie ein guter Köder :)

Ich hoffe, ich konnte euch helfen :)

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