6.0. Der Anfang

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Aller Anfang ist schwer XD

Im Durchschnitt gibt es zwei Sachen, die beim Schreiben von Büchern am schwersten sind. Die eine ist, das Buch wirklich zu Ende zu schreiben, und die andere halt der Anfang. Man muss es irgendwie schaffen, auf den ersten paar Seiten die wichtigsten Figuren so einzuführen, das der Leser sich den beabsichtigten ersten Eindruck verschafft, die Welt und ihre Besonderheiten erklären, gleichzeitig andeuten, in welche Richtung die Geschichte geht UND das Interesse des Lesers wecken. Das sind schon sehr viele Sachen, die man auf wenigen Seiten abhaken muss.

Bevor man anfängt zu schreiben, sollte man also ganz klar wissen, wie man das alles machen möchte. In diesem »Abschnitt« werde ich also die wichtigsten Sachen erklären, die man braucht, um einen guten Anfang zu schreiben :) Dazu gehört sowas wie der Prolog (falls man den haben möchte), der Hook oder »Aufhänger«, mit dem man das Interesse des Lesers weckt, sowie weitere Methoden, um den Anfang eines Buches interessant zu machen.

Jetzt kommt aber erstmal das möglicherweise ALLERWICHTIGSTE an einem Buch: Der erste Satz!

Wenn ich mir spontan ein Buch kaufe, von dem ich noch nie gehört habe, mache ich erstmal zwei Sachen (falls das Buch mal NICHT in Plastik eingewickelt ist; das ist wirklich ätzend; wer hat sich das überhaupt ausgedacht?!). Und zwar schaue ich mir den ersten und den letzten Satz an. Den ersten Satz, um zu schauen, ob er mein Interesse weckt, irgendwie besonders ist oder wenigstens ein Schmunzeln auf mein Gesicht zaubert, und den letzten Satz, um zu schauen, ob er nur dahin geklatscht aussieht (was bedeutet, dass der Autor zum Ende hin keine Lust mehr darauf hatte, das Buch zu schreiben; sprich: Qualität am Ende des Buches < Qualität am Anfang des Buches) oder ob er melancholisch, bittersüß oder so klingt.

Wenn der erste Satz gut ist, hat man normalerweise schon die Hälfte des Arbeit des ersten Kapitels hinter sich. Er soll (natürlich) das Interesse des Lesers wecken und ihn zum Weiterlesen anregen. Aber man darf den Leser auch nicht »reinlegen«, den ersten Satz also gefährlich klingen lassen, nur, um dann im nächsten Absatz zu schreiben, dass das nur ein Traum war oder es sich um ein Computerspiel gehandelt hat oder was auch immer. Beispiele für solche »Fake-ersten-Sätze«:

- Das funkelnde Messer fuhr hinab. (Ok, holy shit, was geht denn hier ab?!) Zum Glück konnte eine Geburtstagstorte nicht sterben. (Wtf?)

- Fassungslos starrte Philip auf das Blut an seinen Händen. (Hat er etwa jemanden ermordet? Warum? Wie ist es dazu gekommen?) Ich hätte die Tube mit dem Kunstblut nicht so fest drücken sollen, dachte er, während er ein Taschentuch aus dem Behälter auf dem Tisch zupfte. (Ok, wow...)

- »Du wirst heute sterben«, grollte die dunkle Gestalt über ihm. (Wait, what?! Das Buch hat doch gerade erst angefangen O.o) »Du hast meine Muffins gegessen! Du verdienst nichts anderes!« (Ah ja, alles klar...)

Wahrscheinlich versteht ihr, worauf ich hinaus möchte XD

Abgesehen von der Tatsache, dass der Leser total enttäuscht wird, bekommt er gleichzeitig den Eindruck, dass der Autor gerne solche »Fake-spannenden-Szenen« benutzt, um einen am Ball zu halten. Das wirkt sehr manipulierend und fast schon unhöflich. Sowas also besser nicht machen.

Der erste Satz sollte auch schon einen einfachen und kurzen Eindruck davon vermitteln, worum es in diesem Buch vermutlich gehen wird. Bei den Beispielen oben hat man überhaupt keine Ahnung, ob das jetzt eine Komödie ist oder ein Thriller oder irgendwas völlig anderes. Es ist wirklich schwierig, einen guten ersten Satz zu schreiben. Er darf nämlich auch nicht ZU lang sein, nur, um alle wichtigen Informationen und Eindrücke zu vermitteln.

Konzentriert euch am besten auf eine Sache, die ihr dem Leser UNBEDINGT mitteilen wollt.

Das kann z.B. etwas sein, das mit eurer Hauptfigur zu tun hat. Ist sie besonders leichtgläubig? Beginnt mit der wörtlichen Rede eines offensichtlichen Betrügers, der eure Figur reinlegen möchte. (»Natürlich werden Sie die fünfhunderttausend Euro sofort überwiesen bekommen, wenn Sie hier unterschreiben«, sagte der überfreundliche Herr im grauen Anzug. Jane schaute ihn begeistert an. »Das ist sehr nett von Ihnen! Haben Sie einen Stift?«) Achtet darauf, dass diese Charaktereigenschaft auch wichtig für die Geschichte ist! Es kann nicht sein, dass die Figur nur am Anfang leichtgläubig ist und danach nicht mehr. Außerdem sollte es zum Thema des Buches passen. In dem Beispiel hier wird es also vermutlich um Betrug, Verrat, Geldverlust oder ähnliches gehen. Vom Genre her wahrscheinlich ein Thriller oder Krimi.

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