Nun saß sie zusammen mit Rick in einem Auto, auf den Weg zum Sanctuary. Welch bizarre Situation. Die Mutter, die ihr Kind sterben gesehen hatte, konnte ihn nicht ansehen, ohne dass ihr Hass, ihr die Kehle zuschnürte.
Also starrte sie schweigend aus dem Fenster. Rick bemerkte nicht, wie sie fühlte. Oder wollte er es nicht wahrhaben?Nicht, dass sie ihn unattraktiv fand, im Gegenteil. Würde die Welt noch dieselbe sein, die sie mal war, vermutlich wäre sie seinem Charme schon längst verfallen. Spätestens wenn er ihr, in seiner Polizeiuniform, einen Strafzettel wegen falsch parken ausgeschrieben hätte.
Und schließlich hätte sie sich dann, nach einem kurzen Abenteuer, drei Tage lang in den Schlaf geweint, weil er wieder zu seiner Familie und Frau zurück gegangen wäre. Natürlich, weil die Männer es immer so taten.In der Frontscheibe des Wagens spiegelte sich ihr Gesicht und sie kam sich seltsam fremd vor, so geschminkt. Damals hätte sie nicht mal den Müll rausgebracht, ohne Make Up. Doch seitdem Tote auf der Erde wandeln, hatte sie keinen Gedanken mehr daran verschwendet.
Selbst über ihre Kleidung hatte sie sich heute Gedanken gemacht. Das erste Mal seit einer Ewigkeit ging es nicht darum besonders bequem gekleidet zu sein oder gut für einen Kampf gerüstet.
Mehr als eine schwarze, leicht transparente Bluse und eine hellblaue Jeans konnte sie aber doch nicht auftreiben. Ihr Schrank bestand schon lange nicht mehr aus Kleidern und Highheels.„Carmen, du musst dir unbedingt jedes kleiner Detail einprägen, jeden Gang und jedes Zimmer, dass du erblicken kannst.. verstehst du?" unterbrach Rick aufgeregt die Stille.
„Ich werde es versuchen .." antworte sie kühl.
„Und das wichtigste ist, du musst rausfinden, wo sie Daryl festhalten .."
Sie spürte wie Rick sie von der Seite musterte, doch sie blickte weiter starr nach vorn.
„Ich weiß doch selbst nicht, was mich da heute erwartet, vielleicht komme ich da gar nicht lebend raus ..."
Und wieder schwiegen sie.Als sie das Hauptquartier der Saviors erreichten, warteten schon eine Handvoll Leute.
In ihrer Mitte stand Negan, mit der selben schwarzen Lederjacke, aber etwas war anders, er hatte sich frisch rasiert. Nichts war von dem grauen Bart übrig.
„Pünktlich auf die Minute!" rief er den beiden zufrieden zu.
Dann öffnete er die Beifahrertür und hielt Carmen seine Hand entgegen, um ihr beim aussteigen zu helfen. Nachdem er sie von oben bis unten mit seinen Blicken gemustert hatte, schaute er durchs Fenster ins Auto.„Du machst dich wirklich gut als Chauffeur, mein Freund.. vielleicht wäre das ja ein Job für dich, hier bei uns ..du kannst sie gern' morgen früh wieder abholen ..".
Carmens Gedanken schossen in Windeseile durch ihren Kopf.
Sie sollte die ganze Nacht hier verbringen? Damit hatte sie nicht gerechnet. Aber womit hatte sie überhaupt gerechnet? Sie wusste es selbst nicht.
Blitzschnell unterbrach sie Negan. „Nein, drei Stunden sollten reichen, Rick. Hol' mich bitte um 22 Uhr wieder ab."
Negan legte den Kopf leicht schief und sah sie überrascht an. „Schätzchen, Schätzchen .. du hast da sicher etwas falsch verstanden. Du bist hier bei mir, also ich meine, in meinem zu Hause. ....Hier mache ich die verdammten Regeln .."
Dann schaute er wieder zu Rick in den Wagen „Also bis morgen dann, angenehme Nacht!"
„Drei Stunden!" wiederholte Carmen mit fester Stimme.
„Frauen ..." Negan rollte mit den Augen „...erst zieren sie sich ..und später können sie nicht genug bekommen. Also, für den guten Ruf der kleinen Prinzessin, in 3 Stunden.." willigte er zur Überraschung aller ein.
Carmen gab sich alle Mühe nicht verblüfft zu wirken. Sie hatte diesen Spielzug scheinbar wirklich gewonnen, jetzt dürfte sie ihre guten Karten nicht verspielen. Zwar hatte sie noch keinen blassen Schimmer, was der attraktive Wahnsinnige mit ihr vorhatte, aber sie verstand das Ganze immer mehr als Chance. Vielleicht war es sogar die Letzte, die sie bekam. Und was hatte sie schließlich noch zu verlieren? Außer ihr Leben natürlich, aber das war seit dem Tod ihrer Tochter auch nicht mehr wirklich wertvoll.Rick fuhr mit quietschenden Reifen davon und statt Angst, spürte Carmen eine seltsame Erleichterung, als er endlich weg war.
Negan hakte ihren Arm unter. Es fühlte sich eigenartig an ihm so nah zu sein. Als ob einem jemand eine Vogelspinne auf die Hand setzt. Man fürchtet sich unglaublich davor, obwohl man nicht mal genau weiß warum. Nur, dass sie einen wahnsinnig verletzten könnte, wenn sie denn wollte. Aber gleichzeitig ist man so wahnsinnig stolz auf sich , dass man den Mut hat.
Sie roch die Mischung aus Leder, Testosteron und herben Rasierwasser, die ihn umgab und seine unglaubliche Präsens noch unterstrich.
„Komm Schätzchen, ich führe dich ein wenig rum, schließlich sollten wir keine Zeit verlieren, drei Stunden sind schnell um!" sagte er mit einem grinsen.
Sie beraten gemeinsam die Räumlichkeiten von Sanctuary.
Carmen versuchte sich wirklich jeden Winkel einzuprägen. Sie war sich zwar nicht sicher, warum sie das überhaupt tat, aber schaden konnte es auch nicht.
Von Daryl jedoch gab es keine Spur. So sehr sie auch Ausschau hielt, während Negan schier endlose Monologe neben ihr führte.„Komm ich stelle dir meine Ehefrauen vor!" Mit diesem Satz hatte er plötzlich wieder die volle Aufmerksamkeit von Carmen.
„EhefrauEN?" fragte sie irritiert.
Doch statt zu antworten, öffnete er eine weitere Tür, hinter der sich 4 junge Frauen, in schwarzen kurzen Kleidern und Highheels befanden.
Carmen musste die Situation erst verstehen und begann dann plötzlich herzhaft zu lachen.
„Ähm..Ich verstehe nicht, was gibts da bitte zu lachen?" fragte Negan ernsthaft verwundert.
„Ach nichts weiter, ich frage mich nur, ob die Mädels überhaupt halb so alt sind wie du?"Mit einem Ruck packte er sie unsanft am Arm und drückte sie gegen die Tür, neben der sie stand, sodass es einen lauten Knall gab.
Ängstlich drehten sich die jungen Frauen zu den beiden um und tuschelten aufgeregt.
Carmen spürte wie ihr Herz wild pochte und ihr Puls raste, doch sie musste versuchen die Kontrolle zu behalten. Nicht die Karten verspielen, dachte sie.
„Hör zu Schätzchen, ich will unserer nette Verabredung nicht kaputtmachen, aber alle müssen hier Regeln befolgen. Auch du, und ein sehr wichtiges Gesetz ist es, sich weder über mich, noch über meine Ehefrauen, in irgendeiner Weise, lustig zu machen. Geht das in deinen hübschen Schädel?".
Sollte sie klein beigeben oder noch eins raufsetzen? Carmen hatte nicht die Zeit zu überlegen. Jetzt war sowieso alles scheissegal, dachte sie und schaute ihn tief in seine dunklen Augen.
„Getroffene Hunde bellen, wahrscheinlich stehst du darauf von ihnen Daddy genannt zu werden".
Nach diesem Spruch machte sie sich auf das schlimmste gefasst. Am liebsten hätte sie vor Angst die Augen geschlossen, aber ihr stolz ließ es nicht zu.
Völlig unerwartet fing Negan an zu lachen und sagte „Ich würde meinen Arsch darauf verwetten, dass du auch darauf stehst ..."Seine starke rechte Hand ließ langsam ihren Oberarm los. Sie hatte den Drang ein paar mal tief durchzuatmen, aber das konnte sie jetzt nicht tun, stattdessen strich sie ihre Kleidung zurecht und ging zielgerichtet auf ein Tablett mit Champagnergläsern zu.
Sie nahm einen großen Schluck und der altgewohnte Geschmack, der prickelten Perlen, fand ihren Weg.
Sie hatte schon ewig keinen Alkohol mehr getrunken und es in letzter Zeit gar nicht mehr vermisst, aber gerade war der vertraute Geschmack ihr mehr als willkommen.
„Gibt es eigentlich gar kein Essen beim ersten Date? Ich verhungere schon fast" bemerkte sie und trank das Glas mit dem zweiten Schluck komplett aus.
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[Negan- TWD] Carry on as if nothing really matters...
FanficERWACHSENENINHALT - Die Story spielt zeitlich ungefähr in der 7 Staffel. Die Handlung weicht aber sehr stark von der Originalserie ab. - Carmen macht Rick für den Tod ihrer Tochter verantwortlich. Doch ist Negan wirklich der richtige, um ihre Rac...