28. in the end

461 21 5
                                    

"Ich werde sterben", sagt Velez in Palermos Armen, kurz bevor sie anfängt, Blut zu erbrechen. Palermo ist so erschrocken über den Anblick der fast schwarzen und glänzend roten Flüssigkeit, die aus dem Mund seiner Freundin spritzt und tropft, dass er verzweifelt zu schreien beginnt.

"Nein! Helft mir!", fleht Palermo am Rande des Zusammenbruchs. Als er sich verzweifelt umschaut, sieht er Denver weinend auf dem Boden liegen, Lissabon steht da, als hätte sie ein Gespenst gesehen und Stockholm liegt auf dem Boden und lacht sich kaputt. Palermo schluchzt und beschließt, selbst zu handeln. Er steht auf und beginnt, mit Velez auf dem Arm zu laufen, während sie hustet, würgt und sich schließlich übergibt. Velez verliert für einen Moment das Bewusstsein und weiß nicht, was passiert und wo sie ist. Palermo verlässt den Raum und Denver sieht zu, wie die beiden verschwinden. Daraufhin beschließt er, seinen jüngsten Kummer über Tokio zu verdrängen. Er steht auf und geht zu Stockholm.

"Velez liegt im Sterben!", sagt er und schüttelt sie heftig, während die Blondine nur verrückt lacht. "Tokio ist gerade gestorben! Was gibt es da zu lachen?", sagt Denver wütend. Endlich scheint Stockholm zu reagieren.

"Tokio ist tot?", fragt sie. Denver grunzt vor Schmerz und lässt sie los, sodass sie wieder zu Boden fällt.

"Lissabon!", ruft Denver heiser, sodass Raquel endlich reagiert und ihn mit Tränen gefüllten Augen und halb geöffnetem Mund ansieht. "Velez liegt im Sterben!", schreit er, rennt aus dem Zimmer und verschwindet. Auch sie beschließt, ihren Kummer über Tokio zu verdrängen und verlässt den Raum, um Denver hinterherzulaufen. 

Helsinki blickt von seinem Bett aus an die Decke, weil er keine Lust hat, die schlechten Nachrichten zu hören, nachdem er vor weniger als drei Minuten die vier Explosionen gehört hat. Doch seine Ruhe und Ungewissheit werden unterbrochen, als wie in Zeitlupe die Zimmertür aufgestoßen wird und Palermo mit Velez in den Armen eintritt. Als er sie blutüberströmt liegen sieht und ihre Augen zurückgerollt sind, scheint sein ganzes Atemsystem vor lauter Schreck stehenzubleiben. Hinter ihnen beobachtet er, wie Denver und Lissabon eintreten, während Palermo Velez vorsichtig auf die Liege neben ihm legt und ihr den Overall auszieht. Er beobachtet, wie Denver und Lissabon unbeholfen die für die Operation benötigten Geräte zusammensuchen. Als Palermo Velez auf die Seite dreht, treffen ihre Augen auf die von Helsinki und er kann nicht anders, als ihren Schmerz in den Tränen gefüllten grünen Augen zu sehen, kurz bevor sie sie zum Weinen schließt.

"Halte durch, meine Liebe", flüstert Palermo Velez zu und hält ihre Hand fest, während sie weint und ihren Kopf schüttelt. Sie spürt, wie die Hände von Lissabon und Denver ihre Wunden untersuchen, während sie die Augen geschlossen hält. "Was ist los?", hört sie Palermo sagen und das Schweigen als Antwort veranlasst Velez dazu, die Augen zu öffnen und sie anzusehen.

"Es ist besser, ihr das Bein abzutrennen, als zu versuchen, die Kugel herauszuholen", verkündet Lissabon.

"Nein", sagt Velez leise, doch niemand hört sie.

"Warum?", fragt Palermo.

"Betäub sie, Denver", befiehlt Lissabon. Denver willigt ein und gibt das Betäubungsmittel in die Spritze.

"Nein!", schreit Velez diesmal.

"Sie will nicht", sagt Palermo. Lissabon sieht Palermo traurig an.

"Es ist sehr..."

"Sie will nicht!"

"Es ist sehr schwierig, die Kugel zu entfernen, ohne etwas zu zerschneiden oder zu verletzen. Scharfschützenkugeln sind so groß wie meine Hand", schreit sie und zeigt auf ihre Handfläche. "Wenn wir das tun, laufen wir Gefahr, dass sie mit diesem Bein nicht mehr laufen kann."

"Auf keinen Fall", sagt Velez und dreht sich auf den Rücken. "Tötet mich." Denver schaut bei ihren Worten erschrocken auf. "Tötet mich! Lieber lasse ich mich umbringen, als dass man mir etwas abschneidet!"

"Velez...", sagt Palermo, wieder den Tränen nahe.

"Nein!", sagt sie und lässt ihn nicht zu Wort kommen. "Außerdem ist alles, was wir tun, umsonst, wenn wir alle sterben werden", sagt sie und weint vor Schmerz. "Wenn ich also schon sterbe, dann bitte, solange noch etwas von mir übrig ist", sagt sie jetzt flehend, mit leiser Stimme und geschlossenen Augen. Denver injiziert ihr ohne Vorwarnung das Narkosemittel. Velez dreht sich schnell zu Palermo um und packt ihn fest am Overall. "Wenn ich aufwache und mein Bein nicht mehr habe, schwöre ich bei Gott, dass ich mein Gewehr nehme und mir das ganze Magazin in den Kopf schieße", sagt sie und Palermo weint. Daraufhin schließt Velez die Augen.

"Wir müssen uns beeilen", sagt Lissabon und in diesem Moment richtet Palermo die Pistole auf sie und entsichert sie, sodass sie stehen bleibt und ihn ängstlich anschaut.

"Wir werden ihr die Kugel aus dem Bein rausoperieren", befiehlt der Argentinier.

"Zögere es nicht länger hinaus, denn wir müssen nicht nur das Bein, sondern auch die Kugel aus ihrer Schulter und ihrem Arm entfernen! Und sie wird sterben, wenn wir weiter Zeit verschwenden", schreit Raquel.

"Die Kugel in ihrem Bein werden wir auch entfernen", sagt er erneut bestimmend. Lissabon schweigt und nickt schließlich Palermo zu, der seine Waffe senkt.

"Beeilen wir uns", sagt Denver. Er, Palermo und Lissabon operieren Velez. Helsinki weint und beschließt, sich auf sein Bett zu legen und für sie zu beten. Vom ersten Moment an hat er Tokios Abwesenheit bemerkt. Aber er will die schlechten Nachrichten nicht hören. Die Operation dauert etwa achtundzwanzig Minuten und ist schließlich erfolgreich beendet. Palermo schnappt sich den kleinen Behälter, in dem die drei Kugeln liegen und zeigt ihn Denver.

"Sieh mal", sagt er und Denver schnappt sich den Behälter. Er nimmt eine Kugel und legt sie in seine Hand. Beide sind gleich groß und sein Herz schmerzt, als er sich vorstellt, dass Velez drei in sich trug und welche Schmerzen sie empfunden haben muss. Palermo sieht, was Denver tut und weint wieder untröstlich. Denver umarmt ihn, ohne nachzudenken.

"Sie ist jetzt außer Gefahr", beruhigt er ihn, während er hört, wie Palermo an seiner Schulter weint. "Denk nicht mehr daran", bittet er ihn leise.

"Wir müssen nur warten, bis sie aufwacht", sagt Lissabon, streichelt Palermos Rücken und schließt sich der Umarmung an. Als sie die Umarmung beenden, geht Lissabon zu Helsinki hinüber und berührt ihn, wodurch sein Gebet unterbrochen wird. "Helsi", sagt sie und er schaut mit hoffnungsvollen Augen auf. "Sie hat es geschafft." Helsinki bekommt wieder Farbe im Gesicht und ist zu Tränen gerührt. Lissabon lächelt gefühlvoll und geht zu Palermo hinüber, der Velez im Auge behält. Raquel umarmt ihn erneut und er erwidert ihre Umarmung fest und dankbar. Denver nimmt die Hand der tief schlafenden Velez und küsst sie. Genau in diesem Moment kommt Stockholm zur Tür herein. Lissabon und Palermo brechen die Umarmung ab und Raquel verlässt den Raum, weil sie bei der Erinnerung an Tokio wieder weinen muss. Denver ignoriert seine Frau und verlässt ebenfalls den Raum, verzweifelt über den jüngsten Verlust. Palermo sieht sie enttäuscht an, wischt sich die Tränen ab und geht zurück, um die Sachen zu holen, die er im anderen Zimmer vergessen hat. Stockholm schaut ihnen über die Schulter zu. Sie schluckt ihre Tränen hinunter und geht zu Velez hinüber. Sie hat ihre offenen Wunden nicht sehen müssen und ist dankbar dafür, fühlt sich aber gleichzeitig schuldig, weil sie nicht da war. Ihre Verbände, die Teile ihres Körpers bedecken und ihr schlafendes Gesicht geben ihr etwas Ruhe zurück. Sie streicht Velez über die Wange und küsst sie. Sie setzt sich wieder auf und wischt sich die Tränen weg. Schließlich geht sie zu Helsinki hinüber und versucht, ihn anzulächeln.

"Wie geht es dir?", fragt sie.

"Gut", antwortet er und nickt mit dem Kopf, um sie zu beruhigen. Stockholm lächelt ihn an und beschließt, das Chaos aufzuräumen, aber Helsinki hält sie auf. "Stockholm... Wer ist gestorben?" Sie spürt, wie ihr das Herz bei der Erinnerung daran schwer wird.

"Tokio"

La Casa de Papel (Palermo) // ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt