Palermo rüttelt an seinen Ketten. Er schaut einige Sekunden lang nach rechts und entdeckt Gandía schlafend neben sich. Als er nach links schaut, sieht er Velez, die ebenfalls mit Handschellen gefesselt auf dem Boden sitzt. Palermo streckt seinen Fuß aus und tritt Velez, um ihre Aufmerksamkeit zu bekommen, doch Velez ignoriert ihn und beobachtet weiter Rio, der die beiden nicht aus den Augen lässt. Palermo tritt sie erneut, doch Velez ignoriert ihn weiterhin.
"Willst du nie wieder mit mir sprechen?", flüstert Palermo. Velez antwortet ihm nicht. Sie schweigt, während sie zu Rio schaut. "Velez, es sind drei Tage vergangen", betont er. Velez bleibt still und wirkt fast wie eine Statue. Palermo rollt mit den Augen und bringt seinen Stuhl näher an sie heran. "Wie schwer kann es sein, ruhig zu bleiben und sich das ganze Spektakel einfach nur anzusehen? Jetzt bist du auch gefesselt", murmelt und schimpft er. Velez bewegt ihre Augen ein wenig, blickt dann aber wieder sofort zu Rio.
"Du wolltest gehen und uns verraten. Warum hätte ich stillsitzen sollen?", fragt sie und spricht zum ersten Mal. Palermo seufzt verzweifelt auf.
"Ich wollte nicht gehen", murmelt er. Velez runzelt die Stirn. "Es war ein Plan."
"Ein Plan wofür?", fragt sie verwirrt und schaut ihn zum ersten Mal seit drei Tagen an.
"Ein Plan, den ich mit Berlin und dem Professor gemacht habe", erklärt er. Palermo schaut zu Velez, die weniger versteht als zuvor und er schließt die Augen, auf der Suche nach den richtigen Worten. Er wirft einen kurzen Blick zu Gandía, um sich zu vergewissern, dass er noch schläft und dreht sich wieder zu Velez. "Gandía ist ein gefährlicher, grausamer, gnadenloser Typ und wir müssen ihn töten, bevor er uns tötet", murmelt er. Velez rechnet im Kopf nach, doch nichts ergibt Sinn.
"Warum hat der Professor uns nichts gesagt?", fragt sie ihn leise.
"Weil ihr keine Mörder seid. Keiner von uns ist das. Und wenn wir den anderen sagen würden, dass wir diesem Kerl erst in die Stirn schießen und dann einfach weiter machen, als sei nichts passiert, würden sie uns abknallen. Also wollte ich den Staatsstreich ausnutzen. Ich tue so, als würde ich verschwinden, Tokio hält mich auf, fesselt mich und ich mache ihn frei. Sie hätten erkannt, was er für ein Kerl ist und hätten keine andere Wahl gehabt, als ihn zu töten", erklärt er schnell, für den Fall, dass Gandía aufwacht. Velez versteht alles und ist sich darüber im Klaren, dass die Schuld dafür, dass ihr jetzt die Handschellen angelegt wurden, bei ihr lag und nicht bei Tokio. "Aber du musstest wie eine liebeskranke Schlampe einspringen, um alles kaputtzumachen. Und jetzt bist du mit mir hier angekettet", sagt er und schüttelt den Kopf.
"Davon hättest du mir doch erzählen können, oder?", wirft sie ihm vor und sieht ihn böse an.
"Wann?", fragt Palermo sie.
"Als wir uns vor dem Badezimmer über den Weg gelaufen sind? Wir waren allein", sagt sie.
"Wir waren allein", wiederholt er. "Ich wollte alles tun, aber nicht reden", sagt er und Velez schaut ihn mit hochgezogener Augenbraue an. Sie schweigt einige Sekunden lang und denkt nach.
"Es war also eine Lüge", sagt sie und Palermo versteht nicht, was sie meint.
"Was?"
"Das, was du mir gesagt hast. Dass du zurückschießen würdest, dass es dir scheißegal sei, mich zu töten", antwortet sie.
"Offensichtlich war das eine Lüge, Arschloch", murmelt er und Velez lächelt. "Es sollte dich wütend machen und dich dazu bringen, mich anzuschreien und zu beleidigen, damit die anderen denken, dass du mich bereits hasst und dich somit nicht fesseln", erklärt er und blickt zu Rio. "Aber diese Arschlöcher sind schlau. Das kann man nicht leugnen." Er blickt zu Velez, die wieder nachdenklich geworden ist und tritt sie wieder sanft. "Alles gut bei uns, Schwachkopf?", fragt er und lächelt. Velez schaut ihn an und lächelt ebenfalls.
"Ja, Idiot", antwortet sie und Palermo lacht. "Warum hast du drei Tage gebraucht, um mir das zu erzählen? Ich hab die drei Tage damit verbracht, dich so sehr zu hassen und hab darüber nachgedacht, wie ich dich am besten töten könnte."
"Ich hab darauf gewartet, dass der Glatzkopf einschlafen würde. Drei Nächte war er wach und hat alles ganz genau beobachtet. Irgendwann hielt er es wohl nicht mehr aus und wurde im Schlaf ohnmächtig." In diesem Moment kommt Denver angerannt und beugt sich lächelnd zu Velez.
"Was ist passiert?", fragt ihn Velez verängstigt.
"Nairobi ist wach", verkündet er und Palermo lächelt. Velez ist überrascht und nach und nach kommen ihr die Tränen. Denver umarmt sie und Velez würde ihn auch umarmen, wenn ihre Hände nicht an die Stange gekettet wären. Velez lächelt gegen Denvers Schulter.
"Soll ich ihr etwas von dir ausrichten?", fragt Denver sie, nachdem er sie losgelassen hat.
"Dass ich sie liebe und dass ich sie sehen möchte", sagt sie aufgeregt.
"In Ordnung", antwortet Denver und geht wieder. Velez ist so glücklich, dass sie etwas spät bemerkt, dass Palermo mit Gandía spricht, der gerade aufgewacht ist. Sie versucht zu verstehen, was die beiden sagen.
"Man kann sich nicht aus Handschellen befreien, weil dieser Knochen es nicht zulässt", sagt Palermo und deutet auf den Knochen unter seinem Daumen. "Aber wenn man das Gelenk zwischen dem ersten Mittelhandknochen und diesem Knochen ausrenkt, kann man sich befreien", erklärt er und Gandía scheint darüber nachzudenken. Palermo lächelt bösartig und kehrt an seinen Platz zurück. Nach wenigen Sekunden schleicht er sich an Velez heran.
"Das gilt auch für dich, Velez", flüstert er. Velez lacht zunächst spöttisch, aber dann wird sie ernst und ohne es vermeiden zu können, denkt sie darüber nach.
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La Casa de Papel (Palermo) // Übersetzung
FanficEin Argentinier, der für den Banküberfall in Spanien verantwortlich ist? Okay. Aber zwei Argentinier beim Überfall auf die spanische Bank? Regel Nummer eins des Professors: keine persönlichen Beziehungen, um Emotionen und Hindernisse beim Überfall z...