19. condenados

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Nachdem der Professor verkündet hat, dass Gandía wahrscheinlich frei herumläuft oder sich in dem Panikraum versteckt, dessen Ort unbekannt ist und dass er höchstwahrscheinlich die Hälfte der Waffen und Munition hat und dass er, was am schlimmsten ist, Tokio gefangen hält, beschließt die Gruppe, das Gebäude in Zweiergruppen zu durchsuchen. Denver und Velez, mit Helmen und kugelsicheren Westen geschützt, gehen vorsichtig einen der Korridore entlang und wollen nichts anderes, als still schweigend das Gebäude abzusuchen. Velez ist sich bewusst, dass Denver seitdem sie losgegangen sind reden will, doch er tut es nicht.

"Was ist los mit dir, Denver?", fragt Velez ihn leise.

"Als du geflohen bist und ich auf dich geschossen habe... Dachtest du wirklich, ich könnte dich töten?", fragt er und bleibt stehen, um sie anzusehen. Velez sieht ihn flüchtig an, guckt dann aber wieder nach vorne.

"Ich weiß es nicht. Du hast etwa fünfmal auf mich geschossen", antwortet sie etwas verletzt. "Die erste flog knapp hier vorbei", sagt sie und zeigt auf ihre Wange.

"Das würde ich nie tun. Ich hab das nur getan, um dich wieder an deinen Platz zu scheuchen", versucht er sich zu erklären, doch Velez kann nicht anders, als ihn wütend anzugucken. "Außerdem dachte ich, dass Palermo etwas damit zu tun hat und ich traue ihm nicht", sagt er und sie kommen dem Aufzug immer näher.

"Du wirst ihm vertrauen müssen", sagt sie harsch. "Er ist der Loyalste von allen hier. Und das, was er tut, tut er nur, damit alles gut geht und wir alle hier lebend rauskommen", verteidigt sie ihn, denn nachdem sie die Geschichte mit Berlin gehört hat, kann sie es nicht ertragen, dass die anderen schlecht über ihn reden, ohne ihn zu kennen. Denver antwortet nicht. Beide gehen langsam auf den Aufzug zu, während sie mit ihren Waffen auf die Fahrstuhltür zielen.

"Als er dich in einen anderen Raum gebracht hat, damit du dich ausruhen kannst... Hat er dir da etwas angetan?", fragt er weiter. Velez schaut ihn verständnislos an.

"Warum glaubst du, dass er mich körperlich verletzten würde? Palermo ist der letzte Mensch, der mir wehtun würde", sagt sie und wird wütend. Jetzt schaut sie ihn an. "Nicht wie einige Personen, von denen ich dachte, sie würden mir nie etwas antun und die versucht haben, mich aufzuhalten, indem sie fünfmal auf mich geschossen haben", sagt sie und bezieht sich dabei auf Denver. Denver schaut sie zugleich wütend und traurig an.

"Velez, ich hab dir bereits erklärt, dass ich dir niemals wehtun würde. Ich liebe dich...", sagt er und sie steigen endlich in den Aufzug, "... nicht so wie Palermo, aber ich liebe dich."

Diese unerwarteten Worte lassen Velez erstarren. Sie schaut ihn an, ohne zu wissen, wie sie auf diese Informationen reagieren soll. Denver schaut nicht zu ihr, sondern starrt in den leeren Flur. Velez ist im Begriff, ihm zu antworten, aber etwas rollt in den Aufzug. Velez und Denver blicken nach unten und sehen eine aktivierte Granate. Beide sehen sich mit weit geöffneten Augen an und die Türen beginnen sich zu schließen, gerade als Palermo und Helsinki auf dem Flur erscheinen. Beide bemerken die Granate und Velez schaut panisch zu Palermo. Velez und Denver versuchen zu verhindern, dass sich die Türen des Aufzugs schließen. Palermo und Helsinki rennen mit voller Geschwindigkeit auf sie zu, aber die Türen schließen sich komplett. Palermo schreit von der anderen Seite, während Velez und Denver im Inneren schreien.

"Schnell Velez! Zieh alles aus!", ruft Denver ihr zu, während beide ihre Helme und Westen ablegen und alles auf die Granate legen. Denver legt sich auf alles drauf und Velez legt sich auf ihn. Auf der anderen Seite klopft Palermo verzweifelt an die Türen, als er die Schreie drinnen hört. Helsinki zieht ihn gewaltsam an seiner Weste zurück, bevor die Granate explodiert und sie zu Boden geworfen werden. Palermo und Helsinki sehen schockiert zu, wie die Fahrstuhltüren brennen und Funken aus ihnen herausfliegen. Die Schreie von Denver und Velez sind nicht mehr zu hören. Nur Stille. Palermo und Helsinki nähern sich dem Aufzug und öffnen die Türen. Der ganze Rauch kommt aus dem kleinen Raum heraus und da sitzen Velez und Denver verzweifelt an je einer Wand. Palermo hebt Velez vom Boden auf. Er ergreift ihr Gesicht mit einer Hand und stellt fest, dass sie nicht ohnmächtig geworden ist, doch sie kann ihre Augen nicht öffnen. Palermo sieht zu Denver, der in Helsinkis Armen liegt und sich im gleichen Zustand wie Velez befindet.

"Geht es dir gut?", fragt Palermo und versucht ihre Augen zu öffnen. Velez versucht zu antworten, schafft es jedoch nicht. Schließlich öffnet sie die Augen und schaut ihn an. Palermo lächelt kurz verzweifelt. Velez guckt sich um und entdeckt Gandía im Flur in Uniform und mit einem Maschinengewehr in jeder Hand. Velez will schreien, doch jemand kommt ihr zuvor.

"Runter!", ruft Denver. Kurz danach treffen tausende Kugeln auf den Aufzug. Palermo fällt mit Velez in den Armen auf den Boden und versteckt sich hinter der winzigen Säule und versucht, Velez so gut es geht zu decken. Helsinki macht dasselbe mit Denver, doch er beschließt, aus seinem Versteck herauszukommen und auf Gandía zu schießen. Gandía schießt erneut, als Helsinki sich versteckt.

"Auf uns wird geschossen", ruft Palermo Bogotá durch das Funkgerät zu. "Dritter Stock, Aufzug, los!" Velez versucht, sich aus Palermos Armen zu befreien und greift mit ihrem Fuß nach ihrem Gewehr, das auf dem Boden liegt. Palermo und Helsinki kommen wieder aus ihrem Versteck und schießen erneut auf Gandía, doch Gandía trägt eine schusssichere Weste. Auch Velez und Denver kommen heraus und versuchen vom Boden aus auf Gandías Füße zu schießen, doch ohne Erfolg. Alle verstecken sich wieder, während Gandía weiter vorrückt. "Hör auf, dein Versteck zu verlassen, du hast keine Weste an", schreit Palermo Velez an, doch sie ignoriert ihn. Stockholm, Bogotá, Rio und Nairobi kommen hinter Gandía hervor und schaffen es, ihn zu verletzen. Jeder im Aufzug nutzt das aus und tritt aus ihm heraus, um gnadenlos auf Gandía zu schießen. Palermo feuert all seine Kugeln auf Gandía ab, doch Gandía weicht allen Kugeln aus, entkommt und verschwindet in einem der Räume. Helsinki, Denver, Palermo und Velez verlassen den Aufzug schockiert. Die ganze Gruppe sieht sich an und kann Gandías Geschick nicht fassen.

"Lasst ihn uns sofort finden!", ruft Nairobi. Die ganze Gruppe teilt sich auf und geht getrennte Wege, jeder für sich. Velez läuft die Treppe hinunter und zielt paranoid überall hin. Sie geht an einem Raum vorbei und hört darin ein Geräusch. Sie verlangsamt ihren Gang und hält an, um ihr Gewehr zu laden. Sie schleicht sich rein und findet niemanden, hört aber immer noch Geräusche. Sie dreht sich vorsichtig um und mit dem Finger am Abzug guckt sie sich aufmerksam um. Dann spürt sie plötzlich, wie jemand sie von hinten am Hals packt und ihren Arm so festhält, dass sie sich nicht bewegen kann. Es gelingt ihr, an die Decke zu schießen, aber ihr geht die Luft aus.

"Ich hab dich", hört sie Gandías Stimme an ihrem Ohr. Velez hustet, als Gandía sie würgt.

"Velez!", hört sie Helsinkis Stimme auf der anderen Seiter der Tür. Die Gruppe ist sofort gekommen, als sie ihren Schuss gehört haben. Gandía lässt ihren Hals los und Velez beginnt verzweifelt nach Luft zu schnappen.

"Du wirst ihnen nicht sagen, dass ich bei dir bin", warnt Gandía sie, ohne sie loszulassen und hält ihr den Mund zu. "Du wirst ihnen sagen, dass sie reinkommen sollen, denn wenn du es nicht tust, erschieße ich dich gleich hier", sagt er und hält ihr die Pistole an den Hinterkopf. "Alles klar?" Velez nickt mit dem Kopf und Gandía nimmt seine Hand von ihrem Mund. Auf der anderen Seite ist die Gruppe bereit, hineinzugehen, doch sie hören Velez verzweifelt husten und Nairobi hält sie auf.

"Was ist los mit dir? Wir müssen da rein", sagt Palermo und versucht zu gehen, aber Nairobi hält ihn erneut auf.

"Warte!", murmelt sie ihm zu und nähert sich langsam der Tür, unter den wachsamen Augen von Palermo und der ganzen Gruppe. "Velez, Liebling, bist du da?" Velez hört auf zu husten und schweigt einige Sekunden lang. Sie spürt die Waffe in ihrem Nacken und atmet schwer.

"Ja", antwortet Velez und Palermo und die Gruppe wollen reingehen, doch Nairobi bremst sie wieder aus. Sie lauscht schweigend an der Tür und wartet auf etwas.

"Sag ihnen, sie sollen reinkommen", befiehlt Gandía und übt mit seiner Pistole mehr Druck auf ihren Kopf aus. Velez schließt die Augen. Sie hört zu, wie Gandía die Waffe entsichert und sie öffnet die Augen wieder.

"Kommt nicht rein! Gandía ist hier!", ruft Velez und Palermo versucht verzweifelt, hineinzukommen, aber die Gruppe hält ihn auf. Sie hören, wie Gandía Velez mehrmals schlägt und Palermo versucht, sich zu befreien, doch die anderen halten ihn fest.

"Mach nichts Dummes!", ruft Nairobi.

"Palermo!", schreit Bogotá.

"Verdammter Hurensohn!", schreit Palermo Gandía an.

La Casa de Papel (Palermo) // ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt