16. Gemeinsamer Abend

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Als sie die Klingel hörte, sprang Alice von ihrem Sofa auf. Sie hatte befürchtet, dass Sahra die Adresse nicht finden würde oder einfach zu Hause bleiben würde. Ihre Hände schwitzten wie verrückt, weshalb sie ihre Handflächen noch einmal hektisch an ihrem Hemd abwischte. Ein letztes Mal atmete sie tief ein und aus, bevor sie zögernd die Tür öffnete.

Sahra Wagenknecht sah wirklich umwerfend aus. Es war wirklich ungewohnt, die Kommunistin ohne Rock und Blazer zu sehen. Für einige Sekunden stand Alice einfach nur im Türrahmen und beobachtete staunend die hübsche Frau, die vor ihr stand.

„Frau Weidel? Dürfte ich vielleicht hereinkommen? Es ist ein bisschen kalt hier draußen." fragte Wagenknecht und riss Alice somit aus ihren Träumereien.

„Oh, natürlich Frau Wagenknecht. Tut mir leid, wie unhöflich von mir." stotterte Weidel und lief rot an. Als Sahra ihren dicken Wintermantel auszog, nahm Alice ihn ihr ab und hängte den weichen Stoff an ihre Garderobe.

„Seit wann so höflich und anständig, Frau Weidel?" spottete Sahra und grinste die Faschistin frech an.

„Wenn ich sie schon hierher gezwungen habe, möchte ich ihnen trotz diesen ungewöhnlichen Umständen einen angenehmen Abend ermöglichen." erwiderte Alice neutral. „Möchten sie etwas zu trinken haben?"

„Gerne."

Wagenknecht lief dicht hinter Alice, als sie das große Wohnzimmer betraten. Sie hätte nicht gedacht, dass Frau Weidel so einen guten Geschmack hatte, was Innenarchitektur anging. Besonders faszinierend fand sie das große Regal, auf dem sich unzählige Bücher und einige Pflanzen befanden. Von Alice hätte sie ehrlich gesagt erwartet, dass sie entweder gar keine oder nur tote Pflanzen in ihrer Wohnung hatte.

„Wollen sie einen Wein haben? Ich habe eine große Auswahl zu bieten. Oder wollen sie etwas anderes? Säfte, Limonade, Bier oder Wasser hab ich auch da." fragte Alice und drehte sich zu der hübschen Frau um.

Sahra entschied sich vorerst für ein Wasser. Sie fühlte sich nicht sicher dabei, in Weidels Wohnung mit ihr alleine Alkohol zu trinken. Wer weiß, was sie mit ihr anstellen könnte... Jedoch war sie irgendwie neugierig darauf, wie Alice wohl privat sein würde, wenn sich die Stimmung ein wenig lockerte.

„Sie können gerne schon einen Wein trinken, vielleicht trink ich später mit." teilte die Kommunistin ihr schließlich mit. Alice nickte und verschwand kurz darauf in der Küche.

Als sie mit den Gläsern und mit einer Flasche Mineralwasser und eine Flasche Wein aus der Küche hinausging, stand Sahra neugierig in ihrem Wohnzimmer und betrachtete ihr Bücherregal. Sie nutzte diesen Moment, um die braunhaarige Kommunistin zu betrachten. Ihre Wangen und ihre Nasenspitze waren wegen der Kälte leicht gerötet, was unglaublich süß aussah. Die Anzughose kombiniert mit einer Bluse sahen an ihr ziemlich ungewohnt aber doch unverschämt gut aus, da man Sahra normalerweise nur in Rock und Blazer oder in einem Kleid sah.

„Ich hätte von ihnen nicht erwartet, dass sie Faust gelesen haben." sagte die Kommunistin erstaunt, als Alice sich neben sie stellte.

„Tja, ich stecke voller Überraschungen. Ich bin gespannt auf ihre Reaktion, wenn sie vielleicht heute noch mehr über mich erfahren." antwortete sie und drehte sich zu Sahra Wagenknecht .

Diese Aussage weckte Sahras Interesse. Vielleicht lag sie damit richtig, dass Alice Weidel privat eine komplett andere Persönlichkeit hatte.

„Ach echt? Erzählen sie doch mal etwas über sich. Übrigens können sie mich auch duzen wenn wir unter uns sind."

„Heute Morgen sah das mit dem Duzen noch anders aus." lachte Alice. „Ich kann dir gerne etwas über mich erzählen. Willst du davor noch etwas zu Essen haben? Ich könnte eine Kleinigkeit für uns kochen."

Eine Weile später saßen sie still an Alice Weidels Esstisch aßen eine kleine Portion Nudeln und tranken Sahras Lieblings Rotwein. Sie war zuerst verwundert darüber gewesen, dass die Faschistin ausgerechnet diesen dort hatte und entschloss schließlich doch, dass ein guter Wein nicht schaden würde. Die asiatischen Nudeln, die Alice gekocht hatte, schmeckten ausgezeichnet.

Die Stille, die nur ab und zu von klirrendem Besteck unterbrochen wurde, war für beide Frauen unangenehm, doch keiner wusste was man in einer solchen Situation sagen könnte. Als Alice schließlich auch ihren Teller geleert hatte, trank sie einen Schluck Wein und räusperte sich, um das Schweigen zu brechen.

„Eigentlich habe ich dich ja aus einem anderen Grund hierher eingeladen, als nur mit dir zu essen."

Dieses Thema hatte Sahra den ganzen Abend lang gefürchtet. Sie hatte keine Erklärung für ihr Verhalten in den letzten Wochen, da sie der Faschistin unmöglich den wahren Grund erzählen konnte. Also schwieg sie nur und wartete darauf, dass Weidel irgendwas sagte.

„Wieso ignorierst du mich Sahra?"

Sahra atmete tief ein, bevor sie zögernd antwortete.

„Das, was damals passiert ist... Wir hätten das nicht tun sollen."

„Wieso?"

„Ich habe unüberlegt gehandelt... Es war ein Fehler." Sahra fiel es unglaublich schwer, diese Worte auszusprechen. Doch sie konnte die Wahrheit nicht akzeptieren. Niemand durfte davon wissen, sonst würde es schlimme Konsequenzen haben. Sie musste diese Gefühle loswerden.

„Ich hab doch gesehen, dass es dir gefallen hat. Hat es dir denn gar nichts bedeutet?"

„Das macht keinen Unterschied. Für mich war es eine einmalige Sache, die ich am liebsten vergessen möchte. Können wir bitte nicht mehr darüber reden? Wir tun einfach so, als wäre nie etwas geschehen. Erzähl mir stattdessen etwas über deine Zeit in China."

Alice war verdutzt über diesen plötzlichen Themawechsel. Jedoch war sie ein wenig froh darüber, dass sie Sahras verletzende Worte über dieses Thema nicht mehr hören musste. Sahra sah es als Fehler. Doch für Weidel war es der schönste Moment ihres ganzen Lebens gewesen. Wie konnte es sein, dass es der älteren Frau absolut nichts bedeutet hatte?

Dennoch wollte sie keine Schwäche zeigen, weshalb sie über ihre Jahre in China redete und so tat als wäre nichts passiert. Tief im Inneren brach ihr Herz jedoch in tausend Stücke.


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mit dem Essen spielt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt