Kapitel 2

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Ein riesiges Gefängnis aus purem Silber thronte am Ende des Korridors. Es reichte bis unter die Decke. Ein unangenehmes Gefühl beschlich mich, als das flackernde Licht auf die tiefen Beulen der Tür fiel.

Was zum Teufel war dort gefangen?

Oder besser wer...

„Willkommen im Verlies von Bergschatten", sagte der Wolf und drehte sich zu mir um.




Ich schluckte.

Der Wolf folgte meinem Blick zu dem Gefängnis.

„Keine Sorge, Mädchen. Hier unten ist momentan der sicherste Ort in ganz Bergschatten."

Ich lauschte zwar seinen Worten, doch der Bedeutung konnte ich nicht glauben.

„Hmm, ungewöhnlich", sagte der Wächter und ging auf das zerbeulte Gefängnis zu. Meine innere Panik wurde lauter.

„Ungewöhnlich?", echote ich seine Gedanken. Das war nichts, was man in einem Verlies hören wollte.

„Ja, er ist ruhig. Normalerweise jagt er allen Fremden einen Schreck ein..."

Ich schluckte. Der Wächter kam vor dem Silbergefängnis zum Stehen, hing die Fackel in eine Halterung und zog sich Lederhandschuhe an. Mit einem Knarren, das meine Nackenhaare aufstellte, öffnete er eine winzige Luke.

Meine Instinkte wollten einen Schritt nach vorne machen, um selbst das Monster zu sehen, das sich dahinter verbarg. Doch die Panik hielt mich zurück.

„Wer- wer ist dort drinnen?", fragte ich und meine zittrige Stimme war dank des Halls lauter als gewollt.

„Nicht wer", sagte der Wolf, „Was ist die richtige Frage."

Zögerlich trat ich einen Schritt auf ihn zu. Ich musste es selbst sehen. Ich beugte mich hinunter zu der kleinen Öffnung. Mit angehaltenem Atem folgte mein Blick dem Licht.

Was auch immer ich erwartet hatte, es war nicht das, was ich vorfand.

Seine Haut war makellos, als wäre er aus Marmor geschlagen. Seine Augen waren geschlossen. Mit geradem Rücken saß er in der Zelle, als wäre er kein Gefangener, sondern würde meditieren. Die Strähnen sahen aus, als wären sie vom Mondstrahl angeschienen, ein silbernes Weiß.

Kaum merklich atmete ich aus.

Das Licht neben mir flackerte.

Er sah friedlich aus und wunderschön. Ein Prickeln lief über meine Arme, als könnte mich die Gänsehaut vor der beißenden Kälte beschützen.

Die Lider schlugen auf.

Mein Herz blieb stehen, als blutrote Augen in meinen versanken. Sie schienen sich an meiner Seele festzuhaken und nie wieder loszulassen. Ich wich zurück. Ich sollte Angst spüren, ich sollte schreien. Wieso konnte ich meine Augen nicht von seinen lösen?

Ein Kitzeln lief durch meinen Bauch.

„Was hast du denn Mädchen?", fragte der Wächter und riss mich aus der Trance. Er blickte selbst durch die Öffnung, doch als sein Kopf wieder verschwand saß der Gefangene wieder mit geschlossenen Augen dort.

Ich blinzelte.

Hatte ich mir das eingebildet? Wollte er mir einen Streich spielen? Mit einem Knarren verschloss der Wächter das Fenster. Dennoch schlug mein Herz schneller, als sich der Anblick des Wolfes in mein Gehirn eingravierte.

Die Gefährtin des LycansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt