Kapitel 3

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Der Geruch des Kerkers umhüllte meine Sinne, wie ein modriger Mantel, durch den die Kälte der Unterwelt drang.

„Mädchen, was machst du denn hier?", fragte der Wächter, der unser Eintreten mit Wunder und Neugier beobachtet hatte. Alpha Eros ignorierte ihn einfach und wandte sich zu Beta Leo.

„Hol Fenrir hierher."

Es war keine Frage und obwohl Eros nicht sein Alpha war, verbeugte sich Leo und stieg die Treppen zurück nach oben. Die meerblauen Augen wandten sich zu mir.

„Mitkommen", sagte er. Seine Schritte hallten an den vermoosten Steinen wider und ich schluckte. Der Wolf in dem Silberkäfig blieb still wie bei unserer ersten Begegnung. Ich machte einen großen Bogen um die Zelle und folgte Alpha Eros in einen der abgetrennten Räume.

Bis auf einige Silberketten an den Wänden war er völlig kahl. Sofort zog ich meinen Mantel aus und legte ihn auf den Boden. Alpha Eros legte Lia vorsichtig darauf. Ein Tropfen platschte gegen einen der Steine und der Geruch von Blut verdickte sich.

Ihre Augen waren geschlossen, als ich mich neben sie kniete.

„Es wird alles gut, versprochen", flüsterte ich und strich ihre verdreckten Haare aus dem Gesicht.

Die Tür knarrte auf und Gamma Johnson trat ein. Er trug alles, was ich aufgetragen hatte. Sofort riss ich ihr Ärmel an der Wunde weiter auf, um drei wütende Kratzer zu sehen. Ich tauchte ein weißes Tuch in das Wasser und wusch Dreck und Blut ab.

Alpha Eros' Augen verfolgten jede meiner Bewegungen. Ich ließ mich nicht abhalten. Immerhin hatte Lia aufgehört zu bluten. Ich tränkte eines der Tücher in der Flasche mit purem Alkohol. Etwas zögerlich tupfte ich über die Wunde. Lia regte sich nicht.

Das Einzige, was mir Erleichterung verschaffte war, dass sich ihre Brust regelmäßig hob und senkte. Als letztes band ich ein weiteres Tuch um die Kratzer.

„Fertig", sagte ich mit zittriger Stimme und drehte mich zu Eros. Stille umhüllte uns, doch sein Blick galt immer noch Lia.

„Danke", flüsterte ich. „Danke, dass Ihr sie gerettet habt."

„Sie ist ein ganz schöner Dickkopf", erwiderte Eros und ich lächelte müde.

„Das ist sie, aber ein gutherziger Dickkopf. Sie hat meinem Bruder das Leben gerettet und dafür werde ich für immer in ihrer Schuld stehen... Was wird jetzt mit ihr geschehen?"

Eros hob seine Augen zu mir und ein Funken Wärme lag in seinem Blick.

„Mach dir keine Sorgen um sie. Ich werde sie mit in den Norden nehmen, zu mir", antwortete er und raubte mir die Sprache. Mit in den Norden? Lia würde weggehen?

Die Tür knarrte ein zweites Mal auf und Gamma Johnson schob einen Stuhl hindurch. Ich senkte meinen Blick.

„Wird diese Wunde jetzt heilen?", fragte der Gamma, unsicher, wie Menschen funktionierten.

„Nein", erwiderte ich, „die Verbände müssen regelmäßig gewechselt werden. Sonst werden sich die Kratzer entzünden."

„Verstanden", sagte Eros, doch seine Miene war dunkel. „Gibt es sonst etwas, was ich wissen sollte?"

Mir schossen hunderte Gedanken durch den Kopf, doch ich sprach nur einen von ihnen aus.

„Bitte, passt auf sie auf."

Alpha Eros nickte und kniete sich neben Lia. Seine Pranken strichen über ihre Wange.

„Das werde ich. Das schwöre ich bei der Mondgöttin."

Die Gefährtin des LycansWo Geschichten leben. Entdecke jetzt