"Ein Kuss."
Jegliche Fassung, die ich bis hier hin aufrechterhalten hatte, fiel aus meinem Gesicht. Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch herum und raubten mir die Konzentration. Hatte ich mich gerade verhört?
„Wie bitte?"
Er lachte und die Melodie schwebte durch den Raum, sodass ich beinahe vergaß, wo wir uns befanden.
„Einen Kuss. Das ist der Preis. Bist du ihn bereit zu zahlen?", fragte Zelos. Er lehnte sich ein Stückchen näher, sodass ich schwarze Sprenkel in seinen leuchtenden Augen sehen konnte. Er achtete genau darauf, dass er nicht das Silber der Zelle berührte.
„Du spielst mir", flüsterte ich. Ich wandte den Blick ab, doch Finger berührten meine Wange. Sie waren eisig, wie der Winter, doch drehten meinen Blick zurück in den Schein der Flammen, zu ihm. Seine Hand war riesig und wäre sie nicht so kalt, hätte ich meine Augen schließen können. Doch ich musste stark bleiben.
„Das Leben ist ein Spiel", antwortete Zelos mit seinem typischen Grinsen auf den Lippen. „Und ich habe mich vor langer Zeit dazu entschieden zu gewinnen."
„Läuft wohl nicht besonders gut im Moment", erwiderte ich. Er schmiss den Kopf zurück und ein trockenes Lachen entkam seiner Kehle. Dann fixierte er seinen Blick zurück auf mich, doch die Einschüchterung funktionierte nicht.
„Mache ich dir keine Angst mehr?", fragte er. Als Demonstration legten sich seine eiskalten Finger über meine ganze Wange wie eine lange Winternacht. Ein Prickeln lief meinen Hals hinunter. Bei jeder kleinen Bewegung regten sich die Muskeln unter seiner Haut. Er war stark, keine Frage.
Und trotzdem...
„Gibt es einen Grund für mich, dass ich Angst haben sollte?"
Mein Verstand schrie mich an. Es gab hunderte Gründe Angst vor ihm zu haben. Der größte war die Pranke auf meiner Wange, die sich aufwärmte und eine Decke gegen die Kälte des Kerkers bot. In einem Augenblick konnte er mich töten, wenn er wollte.
„Ich hoffe das war eine rhetorische Frage", sagte Zelos. Seine Finger strichen sanft über meine Haut und hinterließen einen Pfad aus Funken. Für den Hauch eines Momentes schloss er die Augen.
„Ich weiß, dass du ein Monster bist, aber du bist schlauer als du zugeben willst. Du wirst mir nichts tun, jedenfalls nicht, solange ich dir noch einen Gefallen schulde", antwortete ich. „Und außerdem genießt du meine Aufmerksamkeit viel zu sehr."
„So klein und doch so frech. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen du versuchst mich zu verführen", sagte Zelos und lehnte sich so weit es ging durch die Öffnung. Seine Hand wanderte von meiner Wange hinunter zu meinem entblößten Hals und ruhte an meinem Nacken. „Ich kann deine Angst hören in deiner Brust. Ich kann sie spüren unter meinen Fingern. Ich kann sie sehen in deinen roten Wangen und deinen leuchtenden Augen."
Seine Lippen hatten die Farbe von einem blassen Morgengrauen im Winter, seine Augen die von Blut. Schatten legten sich um sie, als er wieder zu Lächeln begann.
„Was, habe ich dir etwa die Sprache verschlagen? Ich höre nur mutige Worte, aber würdest du auch Taten sprechen lassen? Würdest du deine Neugier bezahlen mit einem Kuss?", fragte er.
Mein Herz wirbelte auf und ab.
Sollte ich?
Alles in mir lief durcheinander. Die Gedanken rasten vorbei, ohne, dass ich einen zu packen bekam. Unmerklich tat ich einen Schritt näher an die Silberzelle, sodass ich seine geschwungenen Wimpern erkennen konnte. Seine Augen glühten mit jedem Stück, das ich näherkam.
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Die Gefährtin des Lycans
Werewolf„Komm nur näher, nicht so schüchtern. Ich werde dich nicht auffressen", raunte der Wolf. Selbst durch das Metall konnte ich die Belustigung hören. Ich blickte mich um. „Keine Sorge, hier ist niemand, der uns hören kann. Niemand würde dich sehen, wen...