"Linur!"
Seine Arme waren dünn wie Stöcker und er zitterte unter meinen Fingern.
„Brr, w-w-wieso ist e-e-es hier s-s-o k-k-kalt?", fragte Linur und seine Zähne klapperten zwischen den Buchstaben. Weiße Wolken entkamen seinem Mund.
„Es ist Winter", sagte ich und versuchte meine eigene Gänsehaut zu unterdrücken. Ich spürte, wie jemand über uns stand. Ich sah auf zu Zelos mit einem dicken Mantel in der Hand.
„Hier."
„Danke", sagte ich lächelnd und nahm das Fell aus seinen Händen. Es war weich und musste wohl im Sonnenlicht braun sein. Hier in der Dunkelheit war es beinahe grau. Ich legte den Mantel um Linur, der in dankbar an sich zog.
„So war das nicht gedacht", erwiderte Zelos. „Warte hier."
Er drehte sich zu Davin und ging an ihm vorbei. Neben dem Wolf hockte der dreiköpfige Hund, der Linur mit sechs skeptischen Augen musterte. Die Kälte begann an meinen Fingerknochen zu jucken. Ich rieb sie aneinander.
Je länger wir hier draußen hockten desto mehr Menschen kamen aus dem Loch hervor. Sie alle zitterten im Angesicht der Winternacht. Zelos kam zurück mit einem weiteren Mantel, wahrscheinlich von einem Lamm. Ich richtete mich auf.
Bevor ich das Fell aus seiner Hand nehmen konnte, legte er es um meine Schultern.
„Der ist für dich", sagte er bestimmt und sein Ton ließ keinen Platz für Diskussionen.
„Was ist mit den anderen Menschen? Sie alle brauchen etwas Warmes zum Anziehen", erwiderte ich und deutete auf die zittrigen Gestalten, die kaum mehr als Skelete waren. Sie waren wohl nur die Hitze aus diesem Höllenloch gewohnt.
„Das wird kein Problem sein", sagte Alpha Lenkin und wandte sich von dem Loch ab, aus dem immer mehr Menschen zu Tage gefördert wurden. „Wir haben genug Felle von der Jagd. Ich habe bereits Wölfe geschickt, um sie zu holen und zu verteilen."
Ich nickte.
Linur hatte sich inzwischen auf den Schnee konzentriert, in dem er gelandet war.
„W-w-was ist das?", fragte er und nahm eine Handvoll. Der Wind blies einen Teil der Flocken wieder fort, während der andere Teil zu schmelzen begann. Das verdreckte Gesicht war völlig fokussiert auf das weiße Pulver.
„Das ist Schnee", antwortete ich. Linur sah mich fragend an. „Eigentlich ist es nur Wasser. Sieh."
Ich deutete auf seine mageren Finger, von denen es zu Boden tropfte.
„Oh", erwiderte Linur und betrachtete den Schnee weiter fasziniert, wie er sich langsam auflöste und immer weiter verschwand. „Bei uns ist immer nur aus Dampf Wasser geworden."
Linur blickte auf. Der Ruß machte es schwer, seine Mimik zu entschlüsseln. Er sah sich um und seine Augen weiteten sich. Ich folgte seinem Blick.
„Lyza!"
Sie stand am Eingang des Rudelhauses mit entgleister Miene. Er sprang aus dem Schnee auf und stolperte mit dem Mantel, der viel zu groß für ihn war. Lyza tat einen Schritt auf ihn zu, zwei, dann sprintete sie auf Linur zu. Ihre Augen glänzten im letzten Licht der Sonne.
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Die Gefährtin des Lycans
Vlkodlaci„Komm nur näher, nicht so schüchtern. Ich werde dich nicht auffressen", raunte der Wolf. Selbst durch das Metall konnte ich die Belustigung hören. Ich blickte mich um. „Keine Sorge, hier ist niemand, der uns hören kann. Niemand würde dich sehen, wen...